Wer muss die Teller einsammeln?

Traurig wegen Essens Verzicht…

Tamsin hat beschlossen, in der Tagesstätte nicht mehr mit zu essen. Heute bei der Essensplanung ist die schon ein wenig traurig. Nächste Woche gibt es Nudeln mit Carbonara, die sie so gerne mag. Und noch andere gute Sachen.

Allerdings ist der Ekel davor, die Teller von den anderen mit den kalten nassen Essensresten anzufassen größer als der Hunger. So etwas konnte ich eigentlich noch nie leiden. Selbst wenn jemand in der Spüle Teller oder Geschirr abwischt und die Hände immer wieder in diese braune mit Essensresten durchtränkte Brühe taucht, wird mir übel. Beim Kochen in der Schule oder woanders hat sie sich immer erfolgreich vor dem Abwasch drücken können. Damals gab es noch keine Spülmaschinen. Immer hat sie sich schnell das Handtuch geschnappt und abgetrocknet. „Abwaschwasser oder klebrige, kalte Essensreste anzufassen ist genauso unangenehm wie Zwiebeln schneiden.“

Immer wieder grübelt Sie über diese Sache nach. Damals wurde gesagt, dass die, die kochen, auch für den Abwasch zuständig sind. Dass diejenigen die Teller einsammeln und in die Maschine stellen müssen. So war es auch bei Tamsin.

Dann wurde irgendwie gesagt, dass die Teller von oben nach unten eingesammelt werden, und wer am Ende des Tisches sitzt, alles in die Küche bringen und einräumen muss. Und das es nicht unbedingt immer diejenigen müssen, die gekocht haben.

Manchmal war es auch so, dass diejenigen, die die Teller eingesammelt und getragen haben, die nicht in die Maschine einräumen mussten. Egal ob die gekocht haben oder nicht.

Einmal habe ich mitgegessen und dann wurde bestimmt, dass ich die Teller einsammeln und einräumen muss. Eine Frau in der Küche hat dann gesagt, dass sie das übernimmt und mich weggeschickt. Dafür musste ich am nächsten Tag, weil ich erneut mitgegessen habe, noch mal die Teller einsammeln und diesmal wirklich in die Maschine stellen. Weil ich es am Vortag ja nicht alles richtiggemacht habe.

Einige, die immer regelmäßig mit Essen, bringen die Teller seltener weg als andere. Einige, die auch sehr selten mitessen, aber am anderen Ende des Tisches sitzen, wurde noch nie dazu verpflichtet.

Das ist der Reihe nach um geht mit den Tellern stimmt nicht. Auch wenn es so sein sollte.

Dass jemand, der die Teller eingesammelt aber nicht in die Maschine geräumt hat, dies irgendwann nachholen musste, war noch nie passiert. Nur bei Tamsin. Das üble daran war, dass es sich wie Zwang angefühlt hat. „Du musst!“, heiß es. Hätte man Tamsin einfach nur nett darum gebeten, hätte sie bestimmt nicht Nein gesagt.

„Nachdem damals die Frau aus dem Büro gemeckert hat, weil ich nicht aufgegessen; also nicht alle Soßen Reste und Krümel mit dem Löffel komplett abgekratzt habe, sodass der Teller wieder fast weiß aussah, (Es gab Köttbullar und ich hatte alle Nudeln, Pilze und Klöße komplett aufgegessen!) habe ich die Teller von den anderen ein bisschen beobachtet.

Damals hatte die Frau die Teller eingesammelt, wollte meinen deswegen aber nicht mitnehmen, weil ich nicht „aufgegessen“ hätte. Nun sehe ich: Es passiert oft, dass einige sogar noch weniger gut aufessen als ich damals. Krümel bleiben auf dem Teller zurück. Sogar größere Stücke, die such mühelos mit der Gabel aufnehmen lassen hätten. Aber da wird nichts gesagt. Nur bei mir.“

Tamsin will den Leuten keinen Grund geben, über sie zu meckern. Also verzichtet sie zukünftig darauf, dort zu essen.

Außerdem ist das System zu verwirrend. Auch, wenn es damals so war, dass jemand anderes die Teller abgespült und sie die nur noch einräumen musste, war sie nicht glücklich. Die Teller werden nur grob vorgespielt, so dass die Ränder immer noch voller kalter, klebriger Essensreste sind. Gerade wenn es Nudeln mit Soße gibt ist das unvermeidbar. Tamsin ist sich sehr sicher, wenn Sie sich dafür eingetragen hätte, dann hätte sie auch wieder die Teller einräumen müssen. Sie mag ihren Platz am Ende des Tisches und will sich auch nicht woanders hinsetzen.

Entsprechend wird sie das Thema aber nicht. Sie will das vermeiden. Am Ende wird dann doch wieder gesagt, dass sie es lernen muss oder irgendwie im Unrecht ist.

Tamsin hat überlegt, selbst mal Carbonara zu kochen mit echter Soße. Nicht, dass Zeug aus der Tüte. Dann hat sie das Rezept bzw. die Zutatenliste erfahren und es doch wieder sein lassen. Dort gehören Zutaten rein, die sie nicht kennt und das ist dann schwierig für sie.