Dies ist der heißeste Tag des Jahres gewesen.
Über 31 Grad draußen. „Ich habe mich darüber gefreut und gleichzeitig geärgert.
Denn es ist schön warm und richtig erholsam wie im Urlaub ohne Jacke raus zu
gehen und sich richtig wohl zu fühlen. Allerdings habe ich statt der
Umhängetasche diesmal einen Rucksack mitgenommen, weil dort mehr reinpasst, und
der Schweiß läuft mir ja den Rücken hin und her wie ein Wasserfall. In der
Maßnahme haben wir heute gemalt. Ich habe gesagt, dass ich auch mit malen will.
Jeder hat eine Leinwand und konnte sich etwas aussuchen. Einige haben Tassen
und Landschaften oder andere komische Sachen gemalt. Die Bilder sollen in der
Einrichtung aufgehängt werden. Zuerst wusste ich nicht wie ich anfangen soll. Wie
immer bei sowas spontanem. Die Leute hätten sich gefreut, wenn ich etwas
Passendes gemalt hätte. Etwas Banales. So wie die anderen. Aber so etwas ist
mir nicht möglich. Das macht mir keinen Spaß Bilder zu malen, die den
Massengeschmack befriedigen. Also habe ich dann irgendwann ein Auge gemalt.
Einige oder alle je nachdem wie ehrlich die waren, fanden das auch ganz hübsch.
Ob die das komisch finden ist mir egal. Wenigstens konnte ich so ein bisschen
Freude daran haben, an diese Aufgabe. Und wie andere schon sagten, drinnen
sitzen und malen ist tausendmal besser als irgendwas körperlich Anstrengendes
zu machen, wie diese Bänke aus den Paletten zu bauen. Die übrigens sehr
unbequem sind. Aber die Schüler brauchen ja etwas zu sitzen in den Pausen.
Wegen der Hitze durften wir heute alle um 1 Uhr gehen. Als ich kurz davor war
dürfen wir auch schon eine Viertelstunde früher raus. Ich habe mich wieder
geärgert. Denn ein Bus käme in zehn Minuten. Aber das hätte ich nicht
geschafft. Der Weg dauert, wenn ich schnell gehe mindestens 15 Minuten. Also
musste ich über eine Stunde auf die nächsten warten. Ich habe ein bisschen
eingekauft. So war ich immerhin über eine halbe Stunde früher zu Hause als
hätte ich zur normalen Zeit Schluss. Darüber sollte ich mich freuen und mich
nicht über das ärgern, was ich nicht bekommen kann. Letztlich war das nämlich
schön früh oder früher als sonst zu Hause zu sein, wenn auch der Unterschied
nicht so groß war weil die Busfahrt so viel Zeit kostet. Etwas später war ich
noch zur Krankengymnastik. Die Frau dort ist nett. Ich habe kaum oder gar keine
Angst, wenn ich dort hingehe. Danach habe ich mir noch Bratwürstchen gemacht,
weil ich Hunger hatte. Hunger auf Fleisch.“
Oft denkt Tamsin an BQOH 2014 zurück Das war ne
tolle Maßnahme. Nicht anstrengend. Nett. Und sie war vor 14Uhr zuhause.
Auch wenn sie hier um 14Uhr Schluss hat, kommt es
ihr spät vor, wenn sie um 15hr zuhause ankommt. Zwar ist es besser als 16Uhr,
aber es ist so unglaublich, wieviel sie heute, als sie um 13Uhr Schluss hatte
und um 14Uhr Zuhause war, geschafft hat. 2x Essen. Duschen. Termin. Freie Zeit.
Und kein Stress.
Je größer die Freude an so einem Tag, umso größer
auch die Vollzeitpanik.
Vor der Rente hat sie aber keine Angst. Sie hat
noch nie im Leben gearbeitet und müsste nun wohl arbeiten, bis sie weit über 70
wäre, um das, was die Bürokratie vorschreibt, zu erfüllen. Aber selbst wenn sie
wie alle anderen Menschen von Jung auf an in Vollzeit ackern würde, würde die
Rente nicht ausreichen, denn schon jetzt gibt es so viele alte Menschen, die
von ihrer Rente nicht leben können, Zuschüsse bekommen und Pfandflaschen
suchen. Obwohl die auch immer in Vollzeit gearbeitet haben.
In 30 Jahren wird’s nicht besser aussehen. Von
daher macht Tamsin sich keine Sorgen, dass sie wenig Rente bekommt, wenn sie
nicht in Vollzeit arbeitet.