Heute waren sehr wenig
Leute in der Maßnahme. Zwei an der Kasse, eine in der Küche. Tamsin bekam
Zettel zum Ausfüllen. Sie musste nicht in die Küche. Obwohl es in der Küche
keinen Zeitdruck gibt und die Frau fürchtete, es alleine nicht zu schaffen,
fühlt Tamsin, die auf das Thema gar nicht erst angesprochen wurde, sich ein
wenig mies. Wie eine Außenseiterin, die sich drückt und anderen die Arbeit
machen lässt. Ihre Hilfe anbieten konnte sie jedoch auch nicht. Sie hatte ihre
Abneigung kundgegeben, und man würde sie wohl nicht mehr ernst nehmen, wenn sie
diese aus schlechten Gewissen überwindet.
Die Aufgaben waren
einfach. Wie gestern erschienen Tamsin die Arbeitsblätter wie aus einem
Grundschulbuch. „Im gestrigen Allgemeinwissenstest sollten wir alle Monate und
Wochentage aufzählen, die wir kennen.“ Dazu Uhrzeiten, bis hin zu Parteien.
Diktat + Aufsatz schreiben, und Mathe. Die anderen schüttelten nur den Kopf.
„Alles fing damit an, dass ich erwähnt habe, gerne Englisch lernen zu wollen.
Und, dass ich nicht gut in Mathe bin. Darum bekam ich einen Mathetest, nur so,
um zu schauen, wie schlecht ich denn wirklich bin. Da danach nichts zu tun war,
habe ich nach einem Englischtest gefragt. Ich würde gerne meine Kenntnisse
verbessern. Nebenbei wurden dann noch Deutsch + Allgemeinwissenstest
ausgedruckt. Einfach so. Eine andere Person hat den auch gemacht, und plötzlich
heiß es, alle machen das, ob sie wollen oder nicht!“ Hihi.
Tamsin bewundert die
Hilfsbereitschaft von anderen. Wie sie sich für eine Sache einsetzen, ohne
selbst einen Vorteil davon zu haben. Beispielsweise war in der Kasse zu wenig
Wechselgeld. Eine Teilnehmerin legt von ihrem Privatgeld etwas aus. Tamsin
dagegen käme nie auf die Idee. Tamsin kann nicht anders, als sich an dem Chaos
zu ergötzen. Wenn das Geld alle ist, der Kunde zahlungswillig nach seiner Ware
verlangt, die Schlage hinter ihm immer länger wird, die ersten anfangen sich zu
beschweren und der Kassierer hilflos dasteht... „Habe ich eine soziopathische
Ader in mir?“, fragt sie sich. Schon seit sie denken kann verspürt sie Freude,
wenn die Welt anderer im Chaos versinkt.
Oder…
Wenn jemand mit dem
Rad da ist und einen platten Reifen hat. Wenn die Person sich von Rossman so
ein Flickset kauft und plötzlich feststellt, dass es schon einmal geöffnet
wurde und die Flicken rausgeklaut sind. Wenn dies das letzte Set war, sie es
nicht umtauschen kann, es aber auch nicht zurückgeben will, weil sie andere
Teile daraus ebenfalls braucht... Tamsin hasst diese Schadenfreude, die sogar
hochkommt, wenn sie diese Person eigentlich gerne hat.
Tamsin hat sich eine Handytasche
bestellt; eine, bei der die Schmetterlinge nicht so stark auffallen. „Besser als
gar nichts…“