Dienstag, 12. April 2022

Gut.

Eine Bewohnerin von der WG kommt jetzt Freitag immer zu mir, wir gucken einen Film und spielen dann zur Zeit immer Videospiele.
Dienstag ist von der WG aus aktuell immer eine Yoga Gruppe und am Mittwoch die Sport Runde.
Dazu habe ich einmal wöchentlich den Termin mit dem Betreuer.
Freitag Vormittag ist die Musikgruppe in der WG.
Und dann gibt es da noch die Nachbarin, die ich aus der Tagesstätte kenne, wir haben auch schon öfter Filme geguckt, gehen spazieren oder reden einfach nur.
Die Therapeutin sehe ich alle zwei Wochen ungefähr, und obwohl sie in meinem Leben eigentlich den meisten Ausschlag geben sollte, empfinde ich sie eher als beiläufig. Im ersten Jahr hat sie nur über Arbeit geredet, was für mich nicht sonderlich förderlich war, da ich gerade Grundsicherung erst erhalten habe und arbeite nicht an erster Stelle bei mir steht.
Naja, die Eltern sehe ich ungefähr zweimal in der Woche, dann fahren wir irgendwo Kaffee trinken oder was essen. Ich bin froh, nicht mehr von ihnen abhängig zu sein und viele andere Menschen im Leben zu haben.
Dennoch bin ich öfters unglücklich, als ich sollte.
Seit 2008 grüble ich über das Thema Vollzeit Arbeit, Anstrengung nach. Die Angst, wieder in Vollzeit körperlich beschäftigt zu sein verfolgt mich fast mehr, als die damaligen Tätigkeiten an sich. Gerade habe ich das Gefühl, nur allein über diesen bloßen Gedanken daran verrückt zu werden. Aber egal, wie oft und lange ich über einen in der Zukunft potenziell Auftauchen des Problem nachdenke, dadurch lässt es sich nicht verändern und beeinflussen. Es ist einfach nur Zeitverschwendung. Hilfreicher ist es, gezielt nach Lösungen und aus wegen zu suchen.
Nachdem die Therapeutin immer von Arbeit und auch Praktikum geredet habe, wovon ich irgendwann genervt war, weil ich mich bedrängt gefühlt habe, habe ich bei dem Betreuer um Rat gesucht. Anfangs war ich verzweifelt, als auf der meinte, ich soll ein Praktikum machen, irgendwo. Die Gefühle sind durchgedreht, weil ich sofort dachte, es würde wieder wie damals werden, wo die Leute erwartet haben, dass ich direkt zwei Wochen in Vollzeit arbeite. Körperlich. Unliebsame Tätigkeiten.
Er hat mir erklärt, dass es heute nicht mehr so ist, und obwohl es mir schwer fällt, daran zu glauben, weil sie ständig immer alles wiederholt hat, zwinge ich mich selbst zur Zuversicht. Ich will kein langweiliges Leben alleine weiterführen, ohne irgendwas zu erreichen, nur wegen der Angst, dass es irgendwann wieder unangenehm werden könnte. Denn dagegen kenne ich inzwischen Auswege.
Gerade kann ich mir eine Tätigkeit z.b. in der PC Werkstatt vorstellen, sofern es nicht Vollzeit ist oder ich jeden Tag bei jedem Wetter über vier Kilometer mit dem Fahrrad hinfahren müsste. Denn das war auch sein Vorschlag. Gerade ärgert er es nicht, wenn Menschen, die ein Auto haben verlangen, dass jemand jedes Strecke bei jedem Wetter mit dem Fahrrad zurücklegen soll.
In Lübeck gibt es ein Videospiel Laden, wo ich gerne Praktikum machen würde. Aber abgesehen von den Fahrtkosten müsste ich erst zum Bahnhof kommen, dann mit dem Zug nach Lübeck, dann wieder in den Bus zum Laden und zwischendurch immer ein bisschen laufen von Haltestelle zu Haltestelle. Es ist einfach nervig und anstrengend. Und raubt mir meine Zeit.
Aber vielleicht werde ich in einigen Jahren anders darüber denken. Oder gar nicht mehr von so etwas betroffen sein.
Öl und Mehl ist angeblich wegen dem Krieg in der Ukraine überall ausverkauft. Öl gibt es zwar inzwischen wieder, aber eine Flasche kostet über 5 €.
Alle sagen, man soll nicht so große Mengen einkaufen, aber wenn Weizen nun auch noch knapp wird, werde ich wahrscheinlich irgendwann froh sein, einen ganzen Schrank voller Nudeln zu haben!
Corona ist gerade, zumindest augenscheinlich überstanden, denn man muss nun beim Einkaufen keine Mundschutz mehr tragen, und schon kommt das nächste Übel!

Montag, 4. April 2022

Wie es begann

 

Sagen, man kann oder will nicht in Vollzeit arbeiten, oder unangenehme Tätigkeiten ausüben, kann jeder. Und die meisten halten einen dann für faul.

Hier schreibe ich meine Erinnerungen nieder, die immer noch vorhanden sind und teilweise weiterhin Ängste auslösen, als wäre es alles erst gestern passiert.

 

Es begann mit einem Schulpraktikum in einer Druckerei, dass 6 Monate für jeweils einen Tag in der Woche dauerte. Neben den Tagen, an denen ich stumm neben einer Angestellten am PC saß und ihr den ganzen Tag bei der Arbeit zugesehen habe, vertieft in eigene Gedanken und Tagträume, gab es Tage, da stand ich von 8 bis 16 Uhr ohne Aufgabe vor der Druckmaschine. Gab es nichts für mich zu tun? Den ganzen Tag stand ich auf einen Fleck, habe mich gelangweilt, keine Aufgabe bekommen, wurde ignoriert und habe mich nicht getraut, irgendwas zu sagen, selbst als mir vom langen Stehen der ganze Körper weh tat.

 

2007 in der holzwerkstatt hieß es, es wird nur im Stehen gearbeitet! 8 Stunden täglich. Aufgrund starker Rückenschmerzen war ich über jede Tätigkeit im Sitzen erleichtert. So gab es Tage, an denen ich es ausgenutzt und die Holzarbeiten im Sitzen solange abgeschliffen habe, bis sie so glatt wie eine Glasscheibe waren. Ich erinnere mich, wie ich drei Tage hintereinander nur auf dem Hocker gesessen und ununterbrochen mit dem Schleifpapier gearbeitet habe, vertieft in Tagträume.

Die anderen Leute haben sich gewundert, dass ich die ganze Zeit nur da sitze, Schleife und auf einmal grundlos anfange zu lachen.

Währenddessen war mein einziges Ziel, durchzuhalten, bis es 17 Uhr war und ich gehen konnte.

 

2008 war ich im hauswirtschaftsbereich in derselben Einrichtung, um diese sauber zu halten. Wahrscheinlich durch das Mobbing in der Berufsschule an den Montagen war mir an diesen Tagen immer sehr übel und ich hatte starke Kopfschmerzen. Jeden Montag. Immer kurz vor Feierabend musste ich mich auf den Tisch stützen, aus Angst, mich gleich zu übergeben. Die Angestellten meinten, es wäre eine holzstauballergie.

Anfangs fand ich den  aus der holzwerkstatt heraus gut, das war besser als den ganzen Tag nur auf einer Stelle zu stehen. Aber auch da hatten nicht die Schmerzen eingeholt, nach jeder Aufgabe habe ich mich an den Tisch gesetzt und auf die nächste Aufgabe gewartet. Bis die hauswirtschaftsleitung irgendwann wütend war, dass ich nicht immer stumm hin setze, wenn ich fertig bin. Ich sollte mich von da an direkt melden und nach der nächsten Aufgabe fragen. Es gibt so viel zu tun, da bleibt keine Zeit zum Sitzen, meinten sie. Von da an war ich ununterbrochen nur auf den Beinen, so dass ich nach Feierabend mit krummen Rücken und schmerzenden Füßen hinaus gehumpelt bin.

War in meinem Bereich nichts mehr zu tun, mussten wir in die großküche der Einrichtung, um dort beim Putzen und abwaschen zu helfen.

Immer wurde behauptet, ich würde mich daran gewöhnen. Aber auch nach einem Jahr habe ich mich nicht dran gewöhnt, ganz im Gegenteil.

Irgendwann bekam ich spezielle Schuhe, sollte Sport machen, aber auch danach wurde es nicht besser.

 

Im Kino musste ich dann ein Praktikum machen. Ich dachte, ich soll dort putzen und war froh, durch die kürzeren Arbeitszeiten etwas mehr Freizeit zu haben. Plötzlich stand ich an der Kasse! Hatte mich vor den Kunden weggedreht und war stumm vor Angst. Die Angestellten waren genervt, mir jede Aufgabe einzeln sagen zu müssen.

Obwohl die Einrichtung, die mich in das Praktikum geschickt hatte wusste, dass ich Angst habe und sowas nicht kann, waren die sehr erstaunt und irritiert, als mir aufgrund meines ängstlichen Verhaltens das Praktikum nach zwei Tagen gekündigt wurde.

 

Ein anderes Praktikum fand in der großküche einer behinderteneinrichtung statt. Natürlich durfte ich nicht an einen Ofen, sondern musste die Teller waschen und andere reinigungsarbeiten erledigen. Durchgehend.

Oft war die Arbeit in der Küche insgesamt ungefähr eine Stunde vor Feierabend erledigt. Dann standen alle Sturm in der Küche und haben eine Stunde lang nur auf die Uhr geguckt, auf Feierabend gewartet. Diese Sinnlosigkeit hat mich am meisten geärgert.

 

2014 wurde ich wieder in eine großküche einer Maßnahme geschickt. Zu der Zeit war die Depression weit fortgeschritten, sodass ich meinen Unmut nicht mehr verdrängt habe. Habe geweint und mich dagegen gewehrt, so dass ich den Bereich schnell wieder verlassen konnte.

 

2018 musste ich in einer Maßnahme erneut an die Kasse, um Dinge an Schüler zu verkaufen. Dort war es so laut, dass man sein eigenes Wort nicht verstanden hat. Eine Anleiterin stand immer daneben und hat mich ermahnt, wenn ich nicht mit den Kunden gesprochen habe, die mich aufgrund besagt der Lautstärke ohnehin nicht verstanden haben.

Ich hatte Angst und wollte das nicht, musste aber trotzdem immer weitermachen, mit Tränen in den Augen.

Das Gefühl, dass ich alles schlechte immer wieder wiederholt, wurde immer stärker. Und die Hoffnung schwand.

 

Denn war ich in selbiger Maßnahme nicht an der Kasse, musste ich in den hauswirtschaftsbereich. Im Gegensatz zu damals waren die Toiletten von den Schülern bis obenhin voll gepinkelt. Auch da hatte ich wieder Rückenschmerzen vom langen Stehen und Laufen. Meine Abneigung gegen derartige Tätigkeiten wurde nicht respektiert und als ich die anderen Teilnehmer der Maßnahme beim Kartenspielen gesehen habe, während ich den Flur wischen musste, war nicht mehr Angst, sondern nur noch Wut im Vordergrund.

Vor allem, nachdem die anleiterin, die den ganzen Tag auf ihren bürostuhl vor dem PC sitzt zu mir sagte, ich würde mir die Schmerzen nur einbilden.

 

Immer wieder musste ich Tätigkeiten ausüben, die mir nicht zusagen, wegen denen ich eine starke Abneigung habe und durfte nie tun, was mir wirklich Freude bereitet. Immer körperliche, niedere Arbeiten. Und nur, weil andere das immer wollten. Meinten, das wäre gut für mich. Ohne meine eigene Meinung ernst zu nehmen.

 

Inzwischen ist 2022.

Aufgrund der Depression bekomme ich Grundsicherung und muss gerade keine Maßnahmen machen. Ich habe berufliche Wünsche und Vorstellungen, aber entweder wurden die nie respektiert oder verlangen eine hohe Qualifikation, der ich wohl nicht gewachsen bin.

Aber heute habe ich nicht mehr Angst vor den Schmerzen, wenn ich wieder zum Putzen in eine Küche geschickt werde, sondern Angst davor, mir aus Verzweiflung was anzutun und eingewiesen zu werden.

Denn ich habe mir vorgenommen, mich nicht weiter herumkommandieren und kaputt machen zu lassen.

 

 

 

 

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