Tamsin
hat einen Termin beim ZIP in Lübeck. Dort soll ihre Diagnose neu gestellt
werden. Sie hat sehr schlecht geschlafen und fühlt sich nicht so Happy. Dennoch
freut sie sich, dass die Leute in ihrem Umfeld anscheinend wirklich versuchen,
ihr zu helfen.
Ihre
größte Angst: „Dass ich dortbleiben muss, weil meine Denkweise als abnormal
eingestuft wird. Dass mir eine Gehirnwäsche verpasst wird, und ich erst wieder
nach Hause darf, wenn ich so denke, wie die Masse es verlangt. Dass ich die
Realität akzeptiere, die aus Arbeit, Essen und Schlafen besteht und in der
alles andere wie Hobbys, Freunde, Freude unwichtig ist. Dass ich einsehe, mit
meinem Schulabschluss keine guten Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu haben und
froh sein zu dürfen, irgendeinen Job zu finden, egal welchen, und dass ich dann
eben jeden Tag 10 Stunden unterwegs bin – 8 Stunden Arbeit, 1 St. Pause, 1 St.
Arbeitsweg. Und dass ich mich an so ein Leben schon gewöhnen würde. Denn es
nützt ja nichts, wie Frau Ti so schön gesagt hat.“
Ihr
typisches Pech:
Der
Termin wurde abgesagt/verschoben, weil der Arzt krank geworden ist.
Mist.
Tamsin
ärgert sich. Sie hat schlecht geschlafen und sich mental auf alles vorbereitet.
Und nun wieder sowas!
Sie
fuhr dann zu JOBB. Dort saß sie fast den ganzen Tag mit den anderen am PC. Das
war anstrengend, aber immerhin besser als putzen. Denn sie hatte keinen
richtigen Auftrag, außer Rezepte zu suchen. Denn morgen ist ein Picknick am
Strand geplant. Dafür hat Tamsin schon ihren Therapie Termin abgesagt.
Später
wurde dann noch eingekauft und Tamsin hat Dips für Brot zubereitet. Das war im
Einzelunterricht spannend. Da ist Tamsin fast gerne in der Küche. Anders wäre es,
wenn sie für den Kiosk in der Küche stehen und kochen müsste.
Abends
wimmelt sie ihre Eltern ab, weil sie nichtmehr jeden Abend stundenlang mit
denen reden will. Ihr Dad gibt ihr das Gefühl, unhöflich zu sein. „Wir machen
uns so viele Sorgen!“, so die Mom.
„Ich
fühle mich mies.“ Tamsin lenkt sich mit Musik ab. Sie wartet, dass Dave
antwortet, weil sie mal wieder etwas unternehmen wollen. Eigentlich hat sie ein
wenig Angst, nun, da er ihr gesagt hat, dass er gerne mit ihr kuscheln oder sie
küssen würde – sie weiß nicht, wie sie damit umgehen soll, weil sie keine
Erfahrungen mit sowas hat! Das macht sie traurig. Sie mag mit niemanden darüber
reden. „Ich habe einen Vorhang mit Wäscheklammern aufgehängt, weil ich im
Hellen immer so schlecht einschlafen kann.“ Das sieht doof aus. Und Licht kommt
dennoch durch.
Der
Gedanke, dass andere ihr wirklich helfen wollen, macht sie traurig, weil sie
das nach nachvollziehen kann. Sie kann nicht verstehen, dass andere sich für
sie freuen können und würden. Warum auch? Die haben ja nichts davon. Heute hat
sie alte Berichte gelesen, in denen steht, dass sie einen Internetfreund hat
und die Eltern im Weg sind. Sie erkennt: Dieses Problem wurde gelöst. Und doch
tauchen immer wieder neue Probleme auf. Sie sitzt in ihrem halbdunklen Raum und
weint. Ganz alleine. „Ich bin es nicht gewohnt dass andere mit Gutes wollen.“