Tamsin
kann nichts mehr downloaden, weil sie da jedes Mal ein Bilderrätsel lösen muss
und ihre Lösung als falsch angezeigt wird, obwohl sie richtig war! Daher ist
sie nun offiziell kein Mensch mehr, sondern ein Roboter, der sowas nicht lösen
kann!
Wie
ein Roboter fühlt sie sich auch oft, wenn sie mit den Eltern unterwegs ist. Die
wollen nach Dame, Tamsin will nicht, weil ihr das Zeit kostet, aber sie muss
mit, weil sie im Auto sitzt.
Der
Flohmarkt in Segeberg war nicht so super. Nichts hat sie gefunden. Nichts! Erst
am Ende hat sie etwas gekauft (ein Drachen, Vorhänge, Deko), und das auch nur,
damit sie nicht das Gefühlt hat, umsonst da rumgegangen zu sein.
Sie
will und soll ihre Zeit anders verbringen. Sich ein Hobby suchen?
Nachmittags
schreibt sie mit Don. Oder besser gesagt Tina tut dies. Dies erinnert Tamsin an
damals, 2007, wo sie im Chat viele Namen hatte und diesen unterschiedliche
Charakter zugeteilt hat, als würde hinter jedem Namen eine andere Person
stecken. Das konnte sie schon damals gut. Die Leute am anderen Ende dachten,
sie wäre jemand anders. Tamsin gefiel das. Denn anstatt mehrere Freunde im Chat
zu finden, war sie mehrere Personen, die denselben Freund hatten. Das ist
abnormal. Dennoch empfindet sie Freude daran, jemand zu sein, der nicht
existiert.
So
auch bei Don. So hat sie erfahren, dass er Tamsin nur will, weil er sonst keine
andere Frau findet. Tina hat ihm fiktive Singles angeboten, und er hat sogar
eingewilligt, die kennenzulernen. Er würde Tamsin einfach fallenlassen, sobald
er eine andere findet. Daher fühlt sie sich auch nicht mies dabei, wenn sie
sich als Tina ausgibt. „Er gibt mir die Schuld für sein Verhalten. Es ist meine
Schuld, dass er mich beleidigt und wütend wird, weil ich nicht mit ihm
Zusammensein will.“
Es
macht ihr Spaß als Tina zu schreiben, denn so kann sie jemand sein, der sie
nicht ist und das ist weniger langweilig. Wie seltsam… Dabei fühlt sie sich
beinahe, als wäre sie diese Frau wirklich. Sie fühlt sich mutig, heiter, wie
sie so schreibt, irgendwie dissoziativ, als würde es die scheue, verrückte
Tamsin gar nicht mehr geben. Als säße Tamsin, die sich nur über ihn ärgert,
gerade wirklich vor dem Fernseher, während Tina ihm vorgaukelt, mit ihr
zusammen zu sein, sodass dort für Don kein Platz mehr ist.
Erst,
wenn sie den Laptop ausschaltet, im Bett liegt und am Handy mit ihm über die
Beziehung, die sie nicht eingehen will, weiterschreibt – Tina ist nach Hause
gegangen – spürt sie wieder die öde Eintönigkeit über sich hereinbrechen.
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