Dienstag, 8. Mai 2018

Überraschung!


Tamsins Dasein wird beherrscht von Ungerechtigkeiten. Immer wieder aufs Neue. 

Dabei fing der Tag so schön an. 
Frau Ti ist fort. "Du musst heute nicht in die HWI.", meinte Frau Xia, als Tamsin am frühen Morgen das Gebäude betrat. Ob das für immer ist, weiß Tamsin nicht. Sie traut sich nicht zu fragen, aus Angst vor einer enttäuschenden Antwort.  
Sie verspürt sogleich tiefe Freude. Dabei hatte sie schon überlegt, wie sie es erreichen kann, Tätigkeiten nicht im Stehen durchführen zu müssen, wenn dies nicht unbedingt sein muss – wie das Schuhe putzen. Tamsin darf am Gruppenunterricht teilnehmen. Die Frau hat eine Präsentation über Depressionen gehalten. War ganz interessant, abgesehen von den ständigen Abschweifungen in Privatgesprächen mit den Teilnehmern aus der ersten Reihe. Und dem Kind, das zwischen den PCs gespielt hat, weil die Mutter es in die Maßnahme mitnehmen muss, da sie keinen KITA Platz hat. Es ist laut, knallt die Bauklötze aneinander und plappert mich sich selbst. Dazu kam dann später noch der Rasenmäher von draußen. Tamsin fiel es schwer, sich bei dem Lärm zu konzentrieren. Irgendwann nahm sie ihr Handy und beschäftigt sich damit. In der letzten Reihe merkt das niemand. Vorne wird wieder über private Banalitäten diskutiert.  
Der Tag war vergleichsweise ok.  

Bis zu dem Moment, wo gesagt wurde, dass alle Teilzeit Leute um 12 Uhr nach Hause gehen dürfen! Tamsin bleibt als einzige übrig. "Ich finde das unfair! Diese Leute haben sowieso schon so viel Zeit mehr wie ich, und ich muss als einzige bis um 15:00 hier sitzen?!" Obwohl die Leute nett sind, spürt Tamsin regelrechten Hass auf sie.  

Tamsin tröstet sich mit dem Gedanken, dass sie mit Dave verabredet ist, und das um 15 Uhr. Hätte sie früher Schluss, wüsste sie nicht, ob sie ihn erreicht, um es vorzuverlegen. Und stundenlang in der Stadt zu warten wäre auch öde. Und einfach nach Hause zu fahren und es abzusagen, das wäre unhöflich.  

Dennoch kommen ihre die Tränen. Dass sie voraussichtlich 2 Stunden alleine im PC Raum sitzen kann, heitert sie auch nicht auf. "Ich hätte mir etwas Schönes Kochen und Einkaufen gehen können." Wäre dies ein normaler Tag. "Vielleicht war die Verabredung ein Fehler." Nach einem Arbeitstag noch etwas unternehmen. Vermutlich erst um 18 Uhr daheim sein. Dann schnell was aus der Mikrowelle essen.  
Naja, Tamsin hatte es selbst vorgeschlagen. Einfach, weil sie etwas erleben wollte. Weg vom öden Alltag.  

Morgen ist geplant, etwas zu kochen – in der Maßnahme. Einerseits freut Tamsin sich, vielleicht nicht an die Kasse zu müssen und bei der Gruppe sein zu können. Andererseits ist es für sie sinnlos, etwas zu kochen, was sie selbst sowieso nicht essen mag. Die Gerichte wurden mit der Gruppe besprochen. Allerdings drängten sich zwei immer akustisch in den Vordergrund, sodass andere kaum zu Wort kamen. Und so endete es damit, dass gemacht wird, was die wollten. Spargel. Toll. Dazu wurden Wraps besprochen, doch Tamsins Motivation wurde dermaßen unterjocht, sodass sie sich nicht weiter zu dem Thema äußert.  
Irgendwie ist es sowieso alles egal. So lange sie nichts tun muss, was ihr Schmerzen bereitet oder sie überfordert, ist alles gut. Selbst wenn es Spargel Schälen ist. Wahre Freude erwartet sie gar nicht erst. Da würde sie nur enttäuscht werden. 
 
Es gab dann noch ein Gespräch, in dem Ihr erklärt wurde, dass ich nur dabei musste, weil dieses Gespräch eben noch geführt werden sollte. „Immerhin war es mein Wunsch. Das hätte auch auf morgen hätte verschoben werden können - daran zu denken ist schon etwas mehr als nur ein bisschen…. Äh… Na ja, mehr. Wenigstens musste ich nicht bis um 15 Uhr da sitzen, sondern konnte auch schon eine Stunde früher gehen. Ich habe das Dave mitgeteilt und wir haben uns kurz darauf am Teich getroffen. Wir sind ein bisschen spazieren gegangen, nicht viel, haben etwas getrunken und Croissants gegessen. Wir saßen auf einer Bank im Schatten am Wasser umgeben von ein paar Enten und haben geplaudert. Über unsere Interessen und so weiter. Meine Ängste waren nur noch ein kalter Hauch in meiner Erinnerung. Irgendwann haben sich zwei alte Damen auf die Bank gegenüber gesetzt. Sie haben zu reden angefangen. Wir sind dann woanders hingegangen, aber nur kurz. Das Getränk wollte dringend wieder raus. Ich bin dann in ein Loch getreten und hingefallen, aber das war nicht so schlimm, da ich im Gras gelandet bin. Allerdings war es mir etwas peinlich, dieses Missgeschick. Hm. Mit dem Gedanken: Was mache ich hier überhaupt, ist das wirklich richtig? sind wir noch zu ihm gegangen und haben auf der Xbox gespielt. So etwas habe ich noch nie oder anders gesagt schon sehr lange nicht mehr getan. Die Wohnung war schön aufgeräumt, so wie ich es mag. Naja abgesehen von dem Zigarettenrauch. Weniger erfreulich waren die Auseinandersetzungen auf virtueller Basis mit Don. Immer wieder fängt er an zu meckern, dass ich nicht mit ihm zusammen sein will und dass das mit der Liebe nichts wird und dass er doch kämpfen will und er versteht es einfach nicht. Ich habe keine Lust mehr darauf. Selbst mit der normalen Freundschaft scheint das nicht zu funktionieren, da er einfach mehr will. Und das geht nicht. Die Sache mit dem Knutschfleck auf den er so bringt bestanden hat und bei dem er sich so aufgeregt hat, weil er ihn nicht bekommen hat, hat mir gezeigt, dass es nichts werden kann mit ihm. Ich habe nur noch Stress. Mir fällt es allerdings schwer, ihn einfach so zu blockieren. Vielleicht hätte ich mich nie mit ihm treffen sollen. Das war alles unüberlegt und überstürzt. Nur habe ich ein bisschen die Sorge, dass er dann auch meine Fußmatte steht und mir all die Worte an den Kopf wirft, die er mir dann nicht mehr schriftlich mitteilen kann.“

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