Freitag, 29. September 2017

Fortschritt im Leben



Tamsin ist nervös. Ihre Eltern kommen in die Maßnahme, um ein Gespräch bezüglich ihres Umzuges zu führen. Da ihr Dad davon wenig begeistert ist, fürchtete sie sich, mit ihnen darüber zu reden. Sprüche wie "In dem scheiß Heim bei den Verrückten fühlst du dich nicht wohl..." Hatte sie in letzter Zeit zwar nicht ertragen müssen, und doch verspürt sie großes Unbehagen. Neben der Sache mit ihrem scharfen Zahn stehen die Eltern an oberster Stelle auf ihrer Liste der unerbittlichen Sorgen.  
"Sie denken, es dauert noch Wochen." Als Tamsin angedeutet hat, dass der Umzug nächste Woche sein könnte, hatte ihre Mom dies für einen Witz gehalten. Sie will planen, vorbereiten, bestimmen, dass Tamsin sich einen neuen modernen Schrank kauft, damit sie etwas "Vernünftiges" hat und ihr antikes, klobiges Teil nicht mitschleppen muss. Tamsin bekommt zwar Einrichtungsgeld, doch dieses will sie nicht für moderne Möbel ausgeben, die sie nicht braucht, nur, weil sie "normal" sind. 
Tamsin hat Angst, dass ihre Eltern negativ auf das nahende Ereignis reagieren. Dass sie es ihr übelnehmen, dass Tamsin sie nicht schon vorher eingeweiht hat. "Aber das konnte ich nicht. Nicht nach dem, was in der Vergangenheit geschah." 

"Heute ist Freitag und ich habe mir einen Internetschluss für die neue Unterkunft angemeldet. Mit Hilfe. Einer der Anleiter hat ihr geholfen, einen guten Tarif zu finden, was sehr nett war. "Ich habe dann sogar ein Telefonat geführt, weil die Online Einrichtung nicht funktionierte." Ein Highlight in Tamsins verkorkstem Leben der Isolation. "Eine Sorge weniger!" 

Dann hat Tamsin sich nach guten Zahnärzten umgehört. "Ich habe online um Rat gefragt." Und zwei gefunden. "Ich weiß nicht, was ich tun soll. Entweder gehe ich so lange zu diversen Zahnärzten, bis sich einer findet, der mich von meinem Leiden befreien kann...." Oder Tamsin geht andere Wege. Was die Krankenkasse darüber denkst ist ihr recht egal. Tamsin verlangt Schmerzfreiheit, und nur weil die Kasse ihr eine Krone verwehrt hat, ist es so weit gekommen. In tiefer Verzweiflung schleichen düstere Gedanken durch ihren Kopf. Wenn der Schmerz so unerträglich ist, dass sie nachts aufwacht und krampfhaft die Zunge von der scharfen Stelle wegdrückt, denkt sie: "Wenn ich einen harten Bonbon esse und der Zahn abbricht, ja, dann muss zwangsläufig etwas gemacht werden!" Mittlerweile ist ihr sogar egal, was passiert, so lange der Schmerz nur weggeht und sie nicht ununterbrochen mit diesem Wachs auf den Zähnen herumlaufen muss und zwischendurch nichts essen kann, ohne das blöde Wachs rauszunehmen... Und dann diese schlaflosen Nächte.  
Die Füllung bröckelt ständig. Und auch, wenn sie sich eine teure Kunstofffüllung aufschwatzen lassen würde, bliebe der Zahn immer noch spitz. Tamsin ist wütend, wenn sie hört, dass man nichts anderes machen kann oder nichts möglich ist, weil die "Kasse" es nicht bezahlt.  

Nunja, Schluss mit den Zahnsorgen.  


Donnerstag, 28. September 2017

Ab durchs Gewitter!



Dieser gewitterige Tag begann für Tamsin damit, dass sie eine halbe Stunde vor dem Jobcenter wartet, weil vergessen wurde, ihr zu sagen, dass der Termin abgesagt wurde. "Ich glaube, ich stand noch nie so lange alleine in einem Gewitter." Nun, wenigstens war die Wartezeit, bis sie dann abgeholt und direkt zur Therapie gebracht wurde, dann nicht so langweilig. "Ich kam zu spät; es hat in Strömen gegossen und dann waren da diese langsamen Trecker vor uns." 

Im Anschluss hat Tamsin noch ein Gespräch in ihrer neuen WG geführt, einige offene Fragen abgeklärt. Derweil donnerte es ununterbrochen. 
Danach verbrachten sie mit der Chefin eine Weile damit, das Auto zu suchen. Im Regen. Sie hatte vergessen, in welcher Straße sie geparkt hatte. Hihi.  

Tamsin ist aufgeregt. "Dort gibt es einige Pflichten wie Kochen oder Putzen, aber wenn ich mich an die Zeit von vor drei Jahren zurückerinnerte, in der ich der Langeweile unterlegen vor dem Gasofen auf- und abgelaufen bin, sollte das nicht so schlimm sein." Tamsin ist froh, dass diese Zeiten nun endlich vorbei sind. Sie versucht, sich von einer Kollegin aus Neustadt, die meint, Tasmin dürfe dann aber nicht am Markt einsteigen, weil dort kein Bus fährt, müsste zu einer anderen Haltestelle laufen und wäre dann immer 1,30 Stunden mit dem Bus unterwegs, nicht entmutigen zu lassen. "So viel Zeit, die verloren geht... Ohje."  

 > "Tamsin?" 

  "Ja?" 

> "Was ist dein derzeit größter Wunsch? 

  "Schmerzfreiheit. Dass mein Zahn nicht mehr an der Zunge kratzt. Dass ich kein Wachs mehr drauf tun muss und endlich wieder schlafen kann, ohne genervt auf der rechten Seite liegen zu müssen, damit die Zunge dann nicht so stark gegen den linken Zahn drückt und sich aufscheuert." 



Mittwoch, 27. September 2017

Tamsin auf einer Messe



Die allgemeine Freude lässt heute recht zu wünschen übrig. Tamsins Gruppe hat eine Berufsmesse besucht.  Wie erwartet wurden dort viele Standartberufe ausgestellt. Tamsins Kollegin sind ebenfalls wenig begeistert. „Eine Stunde hatten wir Zeit, uns alles anzuschauen.“ Tamsin war schon einmal dort gewesen, vor vielen Jahren. Damals war es im Sommer. Die ganze Schule war voller Stände. Heute war es nur ein kleiner Flur. Der Schlachter, bei dem Tamsin damals ihre Zeit abgestanden hat, war diesmal nicht da. „Ich stehe nicht so auf Messen. Sobald man jemanden ansieht, wird man angesprochen.“ Tamsin huscht mit abweisenden, unauffälligem Blick durch den Ausstellungsbereich – wie auf Messen so üblich. Traut sich nicht, sich etwas von den Tischen zu nehmen. Die Leute schienen nett, doch Tamsin war erleichtert, als sie sich endlich draußen auf eine Bank setzen und erstmal in Ruhe aufatmen konnte. „Ich empfinde dieses Lärm-Panik-Gemisch als Stressig.“

Kurz darauf gesellen sich auch einige Kollegen dazu, die ebenfalls alles gesehen haben und nun die übrige halbe Stunde auf Feierabend warten – welchen wir überraschenderweise auch gewährt bekamen. Wenn auch mit einer „Hausaufgabe“