Mittwoch, 6. September 2017

Die Zeit…




Heute hat Tamsin eine für sie unangenehme Neuigkeit erfahren. Wenn Tamsin in eine andere Stadt zieht, würde sie aufgrund ihrer Vollzeitmaßnahme erst um 18Uhr zuhause sein. Eine Kollegin, die ebenfalls in Neustadt lebt, hat sich darüber beklagt, dass sie dann gar nichts mehr schafft - und wurde daraufhin auf Teilzeit heruntergestuft. 
Tamsin hat große Angst, dass es ihr dann ebenso ergehen wird. Ihre Hände zittern. Ausgerechnet heute war die Dame vom Jobcenter in der Maßnahme. Sie weiß selbst nicht, warum, aber Tamsin hat diese Sorge in einem Gespräch angesprochen. Um 18Uhr nach Hause zu kommen wäre ganz normal, so die antwort. "Ich habe dann nicht mehr erwähnt, dass ich bereits um 16Uhr so fertig bin, dass ich nur noch Schlafen möchte." Ohne ihren Dad, der dann schon das Essen fertig hat, wird es noch schwieriger. Um 18Uhr heimkommen und dann noch kochen oder einkaufen müssen... Tamsin sieht schwarz.  
"Ich würde mich schon noch dran gewöhnen.", erinnert sich Tamsin an die Aussage, während sie wieder zitternd und traurig im Computerraum sitzt und ihrer Aufgabe nachgeht.  

Später gab es dann noch ein Gespräch. Es war seltsam, ja. Gestern war Tamsin noch glücklich über die neuen Aussichten in ihrer Zukunft. Heute war sie so bedrückt.
Naja, ihr wurde dann erklärt, dass ihre Sorgen unbegründet sind und sie nicht weiß, was auf sie zukommen wird. „Vielleicht werde ich dann nicht mehr so müde sein. Vielleicht fühle ich mich wohl, um 21Uhr Einkaufen gehen zu können – sofern dann noch ein Laden aufhat. Vielleicht schaffe ich trotz langer Arbeitszeit noch alles – auch die Unwichtigen Dinge.“ Ja, Tamsin kann es wirklich noch nicht wissen. Eines weiß sie jedoch: Wie 2007 wird es niemals wieder! Acht Stunden Dauerputzen, den Schmerzen erlegen. Damals hat Tamsin nie gewagt zu widersprechen. „Heute ist alles anders.“

Heute brachte Tamsin ihren Laptop mit in die Maßnahme, weil sie darauf ein Programm hat, mit dem sie eine DIA Präsentation erstellen kann. Das macht ihr Spaß. „Ich wollte es mit jemanden zusammen machen, so wie damals in der alten Maßnahme, aber niemand hat Zeit. Oder Lust.“  Niemand, der mit Tamsin sympathisiert.  Auf ihren Wunsch hin wurde ihr eine Teilnehmerin zur Seite gestellt, doch diese Zusammenarbeit ging schnell in die Hose. Sie war nicht kompromissbereit und wollte, dass alles so läuft, wie sie es gut findet. Schlicht. Einfach. Grau. „Das ist zu bunt! Die Farben überfordern mich. Ich würds nicht so machen.“, beklagt sie sich, denn das, was sie gut findet, findet die ganze Welt gut.
Tamsin lässt sich nicht unterkriegen. Die Zeiten, in denen sie sich den Wünschen anderer wortlos ergibt und alles schweigend befolgt, sind vorbei. Tamsin hat ihre eigenen Ideen. Und da diese Ideen alle komplett doof sind, zieht die Kollegin genervt von dannen; bittet um eine andere Aufgabe. Tamsin macht das nichts aus.

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