Heute hat
Tamsin eine für sie unangenehme Neuigkeit erfahren. Wenn Tamsin in eine andere
Stadt zieht, würde sie aufgrund ihrer Vollzeitmaßnahme erst um 18Uhr zuhause
sein. Eine Kollegin, die ebenfalls in Neustadt lebt, hat sich darüber beklagt,
dass sie dann gar nichts mehr schafft - und wurde daraufhin auf Teilzeit
heruntergestuft.
Tamsin
hat große Angst, dass es ihr dann ebenso ergehen wird. Ihre Hände zittern.
Ausgerechnet heute war die Dame vom Jobcenter in der Maßnahme. Sie weiß selbst
nicht, warum, aber Tamsin hat diese Sorge in einem Gespräch angesprochen. Um
18Uhr nach Hause zu kommen wäre ganz normal, so die antwort. "Ich habe dann
nicht mehr erwähnt, dass ich bereits um 16Uhr so fertig bin, dass ich nur noch
Schlafen möchte." Ohne ihren Dad, der dann schon das Essen fertig hat, wird
es noch schwieriger. Um 18Uhr heimkommen und dann noch kochen oder einkaufen
müssen... Tamsin sieht schwarz.
"Ich
würde mich schon noch dran gewöhnen.", erinnert sich Tamsin an die
Aussage, während sie wieder zitternd und traurig im Computerraum sitzt und
ihrer Aufgabe nachgeht.
Später gab es dann noch ein Gespräch. Es war
seltsam, ja. Gestern war Tamsin noch glücklich über die neuen Aussichten in
ihrer Zukunft. Heute war sie so bedrückt.
Naja, ihr wurde dann erklärt, dass ihre Sorgen
unbegründet sind und sie nicht weiß, was auf sie zukommen wird. „Vielleicht
werde ich dann nicht mehr so müde sein. Vielleicht fühle ich mich wohl, um
21Uhr Einkaufen gehen zu können – sofern dann noch ein Laden aufhat. Vielleicht
schaffe ich trotz langer Arbeitszeit noch alles – auch die Unwichtigen Dinge.“
Ja, Tamsin kann es wirklich noch nicht wissen. Eines weiß sie jedoch: Wie 2007
wird es niemals wieder! Acht Stunden Dauerputzen, den Schmerzen erlegen. Damals
hat Tamsin nie gewagt zu widersprechen. „Heute ist alles anders.“
Heute brachte
Tamsin ihren Laptop mit in die Maßnahme, weil sie darauf ein Programm hat, mit
dem sie eine DIA Präsentation erstellen kann. Das macht ihr Spaß. „Ich wollte
es mit jemanden zusammen machen, so wie damals in der alten Maßnahme, aber
niemand hat Zeit. Oder Lust.“ Niemand,
der mit Tamsin sympathisiert. Auf ihren
Wunsch hin wurde ihr eine Teilnehmerin zur Seite gestellt, doch diese
Zusammenarbeit ging schnell in die Hose. Sie war nicht kompromissbereit und
wollte, dass alles so läuft, wie sie es gut findet. Schlicht. Einfach. Grau.
„Das ist zu bunt! Die Farben überfordern mich. Ich würds nicht so machen.“,
beklagt sie sich, denn das, was sie gut findet, findet die ganze Welt gut.
Tamsin
lässt sich nicht unterkriegen. Die Zeiten, in denen sie sich den Wünschen
anderer wortlos ergibt und alles schweigend befolgt, sind vorbei. Tamsin hat
ihre eigenen Ideen. Und da diese Ideen alle komplett doof sind, zieht die
Kollegin genervt von dannen; bittet um eine andere Aufgabe. Tamsin macht das
nichts aus.
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