Mittwoch, 31. Mai 2017

„Ich bin ein schlechter Mensch, aber das muss es ja auch geben.“

Heute waren sehr wenig Leute in der Maßnahme. Zwei an der Kasse, eine in der Küche. Tamsin bekam Zettel zum Ausfüllen. Sie musste nicht in die Küche. Obwohl es in der Küche keinen Zeitdruck gibt und die Frau fürchtete, es alleine nicht zu schaffen, fühlt Tamsin, die auf das Thema gar nicht erst angesprochen wurde, sich ein wenig mies. Wie eine Außenseiterin, die sich drückt und anderen die Arbeit machen lässt. Ihre Hilfe anbieten konnte sie jedoch auch nicht. Sie hatte ihre Abneigung kundgegeben, und man würde sie wohl nicht mehr ernst nehmen, wenn sie diese aus schlechten Gewissen überwindet.
Die Aufgaben waren einfach. Wie gestern erschienen Tamsin die Arbeitsblätter wie aus einem Grundschulbuch. „Im gestrigen Allgemeinwissenstest sollten wir alle Monate und Wochentage aufzählen, die wir kennen.“ Dazu Uhrzeiten, bis hin zu Parteien. Diktat + Aufsatz schreiben, und Mathe. Die anderen schüttelten nur den Kopf. „Alles fing damit an, dass ich erwähnt habe, gerne Englisch lernen zu wollen. Und, dass ich nicht gut in Mathe bin. Darum bekam ich einen Mathetest, nur so, um zu schauen, wie schlecht ich denn wirklich bin. Da danach nichts zu tun war, habe ich nach einem Englischtest gefragt. Ich würde gerne meine Kenntnisse verbessern. Nebenbei wurden dann noch Deutsch + Allgemeinwissenstest ausgedruckt. Einfach so. Eine andere Person hat den auch gemacht, und plötzlich heiß es, alle machen das, ob sie wollen oder nicht!“  Hihi.

Tamsin bewundert die Hilfsbereitschaft von anderen. Wie sie sich für eine Sache einsetzen, ohne selbst einen Vorteil davon zu haben. Beispielsweise war in der Kasse zu wenig Wechselgeld. Eine Teilnehmerin legt von ihrem Privatgeld etwas aus. Tamsin dagegen käme nie auf die Idee. Tamsin kann nicht anders, als sich an dem Chaos zu ergötzen. Wenn das Geld alle ist, der Kunde zahlungswillig nach seiner Ware verlangt, die Schlage hinter ihm immer länger wird, die ersten anfangen sich zu beschweren und der Kassierer hilflos dasteht... „Habe ich eine soziopathische Ader in mir?“, fragt sie sich. Schon seit sie denken kann verspürt sie Freude, wenn die Welt anderer im Chaos versinkt.
Oder…
Wenn jemand mit dem Rad da ist und einen platten Reifen hat. Wenn die Person sich von Rossman so ein Flickset kauft und plötzlich feststellt, dass es schon einmal geöffnet wurde und die Flicken rausgeklaut sind. Wenn dies das letzte Set war, sie es nicht umtauschen kann, es aber auch nicht zurückgeben will, weil sie andere Teile daraus ebenfalls braucht... Tamsin hasst diese Schadenfreude, die sogar hochkommt, wenn sie diese Person eigentlich gerne hat.

Tamsin hat sich eine Handytasche bestellt; eine, bei der die Schmetterlinge nicht so stark auffallen. „Besser als gar nichts…“

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