Tamsin versucht sich von den immer
widerkehrenden Zwangsgedanken bezüglich JobB abzulenken, indem sie zwanghaft an
etwas Anderes denkt. „Mein Office macht mich fertig.“ Mit ihrem Acer PC hat sie
nur ärger. Zu Anfang dachte sie, es länge an irgendwelchen Acer AddIns. Sie hat
sie deaktiviert, entfernt, andere Office Versionen probiert. Hat so viel
versucht. Nach ihrem Systemcrash war alles Überflüssige Weg, und dennoch stürzt
Office beim Schreiben ständig ab!
Heute früh ist Tamsin mit Wimpern im
Auge aufgewacht. „Man, ist das lästig, wenn man ins Bad jetzt und dann nicht
einmal in den Spiegel schauen kann, um es herauszuholen, weil sich die Augen
erst an das Licht gewöhnen müssen.“
Tamsin hat schon seit einer Woche nicht
mehr an ihrem Roman gearbeitet. Eine ungewöhnlich lange Auszeit. „Mir kommen
einfach keine Ideen.“ Ihr Kopf ist leer. Ihr Leben fühlt sich gehetzt an.
Obwohl heute Freitag ist, ist
jeder ein Narr, der ein sanftes Ausklingen der Woche erwartet. Denn heute war
die Gruppe nur zu dritt. Viele waren Krank. Doch es lagen Einkäufe im
Kühlschrank, die verarbeitet zu werden verlangten. Darum wurde beschlossen,
dass Tamsin mit den anderen zwei in die Küche geht. Unzufrieden beugt sie sich
der Anweisung. Sie sieht ein, dass man auch mal für kranke Kollegen einspringen
muss, und im Grunde verging die Zeit auch recht schnell.
Angefangen
hatte es mit dem Erhalt der Arbeitskleidung. Weißes Oberteil, Hose, Schürze,
Haarband, Schuhe und Mütze. Während die zwei anderen sich umzogen, hat Tamsin
versucht, einen Termin bei einem Psychologen zu bekommen. Was nicht so ganz
geklappt hat. „Überall landet man auf einer Warteliste, was manchmal bis zu
zwei Jahre dauern kann.“ Zeit, die Tamsin nicht übrighat. Anschließend trottete
sie missmutig zur Kleiderausgabe. Wartet, bis jemand kommt. Trottet mit dem
Zeug in den Keller, wo die Umkleiden sind. Wie zu erwarten waren die Teile, die
ihr ausgehändigt wurden, viiiiiel zu klein. „Außerdem bekam ich zwei linke
Schuhe!“ Sie spürt, wie ihr Stresspegel steigt. Mürrisch zieht sie sich wieder
an - gerade noch rechtzeitig, da die Tür nicht zu war und einer der Anleiter
dort vorbeikam. Sofort bekommt sie neue Kleidung. „Ich wusste, dass die anderen
bereits in der Küche anfingen, habe mich aber nicht abgehetzt.“ Der Keller
gefiel ihr. Ein kleines Labyrinth aus dunklen Gängen, Spinten und Umkleideräumen.
Neugierig wagt sie sich ein wenig vor, bis sie plötzlich ein Geräusch hört und
wieder umkehrt, um sich umzuziehen. Obwohl sie diese komplette Küchenmontur für
das bisschen Muffin-Backen ein wenig übertrieben findet, ist es doch
anerkennend, dass Sauberkeit dort eine so große Rolle spielt. „Dies dezimiert
die Wahrscheinlichkeit, Haare im Essen zu finden.“
Der folgende Küchentag erwies
sich weniger Erfreulich, als erwartet. Insgeheim hatte Tamsin gehofft, den
Smoothie, dessen Rezept sie selbst rausgesucht hatte, machen zu können. Doch
als sie eintraf war dieser längst fertig. Tamsin steht nicht so auf Teamarbeit,
und ihre Ängste hindern sie, zu fragen, was sie denn nun tun so. Folglich
wartet sie auf Anweisungen, während die anderen beiden Damen in harmonischer
Zusammenarbeit den Teig anrühren. Sie lachen und es macht ihnen sichtlich Spaß.
Für Tamsin ist da kein Platz. Unsicher verharrt sie im Abseits. „Ich durfte
dann die Kekse aufs Blech packen und den Smoothie in Gläser füllen.“ Letztlich
überrascht sie das nicht. Küchenarbeit ist eben nichts für sie. Immer kommen
ihr die öden Hilfs-Aufgaben zu gute; mal etwas kleinschneiden, wegräumen oder
zugucken.
Als wolle das Schicksal ihre
miese Stimmung zunehmend anheizen, wird Tamsin prompt zum Abwasch dirigiert.
Fein, sie würde nach Handschuhen fragen. Gäbe es keine, so nahm sie sich vor,
alles zu tun was nötig wäre, um für ihren freien Willen und die Akzeptanz ihrer
Abneigung zu kämpfen!
Diese Sorge erledigte sich
dann von selbst. Wie bereits in ihrer alten Maßnahme 2007 gab es einen
Geschirrspüler. Das Geschirr wurde in blaue Kisten gepackt und dann
hineingefahren. „Es ist ein seltsames Gefühl, in derselben Maßnahme wieder an
genau derselben Maschine zu stehen, wie damals, auch wenn dies ein anderer Ort
in einer anderen Stadt ist.“ Tamsin trocknet ab, bringt vereinzelnd Sachen weg,
lässt der Verzweiflung und den dunklen Gedanken Einzug, während sie sich fragt,
wieso es statt elender Traurigkeit nicht bittere Wut sein kann, die ihre Seele
durch die Mangel dreht. Traurigkeit ist jämmerlich. Peinlich. Wut dagegen macht
Stark. Gleichgültigkeit.
Später fragt Tamsin dann, ob
der Küchenbereich wirklich Pflicht ist und jeder mal wechseln muss. Die
verneinende Antwort beruhigt sie, und später kann sie sogar wieder lachen.
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