Mittwoch, 30. August 2017

Ausflug mit der Harz4-Schule



Vor Anfang der Ferien sollte Tamsin einen Stadtbummel für die Maßnahme planen. Dieser fand heute statt. Jedoch anders, als geplant. Einen Spaziergang gab es. In die Stadt gingen sie auch. Doch ansonsten wirkte das ganze recht planlos. „Alle Zettel und Pläne scheinen verschwunden.“ Der Marsch durch den Schlossgarten wirkte überaus ziellos. Tamsin ist nicht die einzige, der Auffällt, dass die Anleiter nicht so recht etwas mit der Gruppe anzufangen wissen. Aus Kostengründen fiel die Schlossführung aus. 10Euro für 30Min – das ist zu viel und wird nicht übernommen.
Nach dem Pflichtprogramm, bestehend aus dem Gang durch den Park, ging jeder seine eigenen Wege durch die Stadt. Tamsin selbst hat wenig Lust, alleine durch die Geschäfte zu gehen. „Es ist ungewohnt, ganz alleine in einer Stadt zu sein.“ Sonst geht sie nur mit ihren Eltern raus. Gleichzeitig hat sie Angst, angesprochen zu werden, obwohl sie weiß, dass nichts schlimmes passieren wird, und so setzt sie sich auf eine Bank und genießt das offene WLAN.
Einige der anderen sind zusammen Kaffeetrinken gegangen. So etwas hat Tamsin noch nie gemacht, und während sie traurig ist, so ausgeschlossen zu werden, ist sie gleichzeitig auch froh, nicht gefragt zu werden, ob sie sich mit an den Tisch setzen mag. Sich alleine etwas bestellen. „Ich fühle mich nicht bereit dazu.“, gesteht sie, ihren Ängsten weiterhin unterlegen.

Dienstag, 29. August 2017

Unbehagen

 

Tamsin hat eine üble Nacht hinter sich. Inzwischen kratzt ihr eigentlich nicht scharfer Zahn so sehr an der Zunge, dass sie kaum ein Auge zubekommt. „Ich lag ungefähr zwei Stunden wach.“ Sie traut sich nicht, das Zahnwachs auch nachts draufzutun, aus Angst, es zu verschlucken. „Es wird immer schlimmer. Mit jedem Abschleifen wird es schlimmer.“ Aber eine Krone wäre unnötig. Und teuer. Lieber möchte Tamsin das Geld für ihre neue Unterkunft sparen.

Der JOBB-Alltag lässt ebenfalls zu wünschen übrig. „Spazierengehen stand auf dem Plan.“ Zwei Teilnehmer müssen aber früh gehen. Anstatt führ loszugehen und damit auch rechtzeitig wieder zurück zu sein, wurde zwei Stunden gewartet, damit die beiden während des Spazierganges direkt zum Bus gehen konnten. „Und wie wir gewartet haben!“ Die Zeit ließ sie heute nur schwer absitzen. Die Beiden haben sich unterhalten. Der Rest hat zugehört. Ein banales Thema folgte dem Nächsten. „Ich finde es immer wieder faszinierend, wie gnadenlos sich Menschen über mehrere Stunden hinweg unterhalten können, ohne Pause, ohne, dass der Gesprächsstoff ausgeht.“

In der Zwischenzeit huscht Tamsin auf die Toilette, um Wachs auf den Zahn zu drücken. Dadurch kann sie weder essen, noch trinken, aber der Schmerz lässt ein wenig nach – wenn auch nur langsam, da die Zunge stark aufgescheuert ist.

Um das Elend zu perfektionieren wurde heute für Donnerstag Kochen geplant!
Sofort schrien die ersten, dass sie nicht in die Küche möchten und lieber die Tische eindecken. Damit standen die zwei Teams schnell fest. Tamsin, die von negativen Gefühlen überschwemmt wird und sich nicht traut, die Stimme zu erheben, wird sich ihrem Schicksal wohl wieder einmal ergeben müssen.
Wie immer. „Ich fühle mich down.“ Warum mussten sie das heute schon ankündigen? „Meine Woche ist ruiniert.“ Tamsin hat fühlt sich mutlos. Und lustlos. Und demotiviert. „Diese elende Großküche holt mich immer wieder ein.“
Im den Nudelauflauf gehören Zwiebeln – einer der Gründe für ihren Hass auf solche Großküchen. Man muss kochen, was man nicht mag und darf dann nur öde Hilfearbeiten und den Abwasch machen.

Nudelauflauf… Während dies beschlossen wurde, wurde auf jeden Rücksicht genommen, ob er es mag. Nur auf Tamsin nicht. „Aber wen interessiert das schon?“ Eine Ausländerin isst kein Schwein. Darauf wurde Rücksicht genommen. Tamsin wurde ignoriert. „Ich erwarte nicht, dass sie wegen mir auf das komplette Fleisch verzichten. Oder auf die Zwiebeln.“ Tamsin ist eben nur Tamsin. Stumm und gut genug, die Aufgaben zu erledigen, die andere nicht mögen…

„Diese Woche haben wir früh Feierabend. Sollen die letzten Sommertage genießen.“ Tamsin fragt sich: „Warum?“, während ihr Tränen in die Augen steigen.

Tamsin führt ihr Glückstagebuch. Es ist seltsam, aber tatsächlich offenbaren sich ihr trotz des Unmuts einige glückliche Momente, die das Leben erträglich machen.

Auf dem Firmengelände treibt sich eine heimatlose Katze herum. Einige Leute die dort arbeiten kaufen immer Futter für sie. Vom eigenen Geld. „Menschen können grausam und rücksichtslos sein. Gleichzeitig schlummert aber auch so viel Güte in ihren Herzen.“

Montag, 28. August 2017

Immer wieder Montag...

Tamsin ist erleichtert. In der Maßnahme steht kein Frühstück auf dem Plan. "Ich brauche heute nicht in die Küche!" Juhu.  
Tamsin ist zufrieden. Und bedrückt. "Einige Teilnehmer wissen nicht, dass Beginn der Maßnahme um 8Uhr ist. Sie kommen um 9Uhr und wir müssen dann immer auf sie warten. Rumsitzen und nichts tun." Eine Kollegin hat sich beharrlich über diese Ungerechtigkeit beschwert. Daraufhin wurde deutlich verkündet, dass die Zeiten für alle "Vollzeitler" 8-16:30Uhr sind! 
Noch wird es nicht bis zum bitteren Ende durchgezogen, doch Tamsin läuft es kalt den Rücken herunter. Bereits jetzt endet ihr Tag früh, da sie einfach so müde ist. "Ich käme heim, froh, dass Mom mit dem Essen bereitsteht und kippe danach ins Bett." Wie soll es erst werden, wenn sie umgezogen ist? Wenn sie zusätzlich zu den 8 Stunden Vollzeit noch 2 Stunden dem Bus opfern muss? "Auweia." 

Und vor allem: Wie soll man die Zeit nur rumkriegen. Bei Computerarbeit vergeht sie schnell. Doch wenn Schüler im Haus sind, die den Raum belagern und die Anleiter keine Zeit für Unterricht haben – nicht, dass es den hier je gegeben hätte - rollte eine Lawine der Langeweile auf uns zu.  

Der Tag ist ansonsten wie immer. "Denkt euch aus, was ihr tun wollt.", verlangt die Anleiterin, die anscheinend keinen Plan hat. Tamsin ist froh, dass es den Computerraum gibt und recherchiert nach Möbeln für ihre neue Unterkunft. Nicht, dass sie sich strikt an diesen "Plan" hält. Ein bisschen Google hier, ein bisschen Chat da...  
Die anderen sind gelangweilt. "Hey, es ist besser als Küche!"