Dienstag, 22. August 2017

JOBB



Tamsins Zahnprobleme nehmen kein Ende. Wieder ist diese scharfe Kante da, die an ihrer Zunge kratzt und sie schier in den Wahnsinn treibt. Obwohl weiteres Abschleifen sinnlos scheint, sucht sie wieder ihre Zahnärztin auf. "Ich habe einen Termin bei einem anderen Zahnarzt, aber dieser ist in fast zwei Monaten." So lange wird sie den Schmerz nicht aushalten. "Ich hoffe, ein anderer Arzt weiß mehr Rat." 

Nun, wo die Chefin ihren wohlverdienten Urlaub angetreten hat, ist es in der Maßnahme wieder ein wenig langweilig. Ausflüge waren geplant. Es war so viel geplant! Letzte Woche war der Bus in der Werkstatt. Diese Woche frühstücken wir jeden Tag, um Zeit totzuschlagen,- die Vorbereitung mit Tische eindecken, Einkauf usw. Dauert schon ein wenig. Die Anleiter wirken ratlos. "Es ist, als hätte die Ferienplanung nie stattgefunden." Nach dem Frühstück, an dem Tamsin leider nicht teilnehmen kann, da sie Zahnwachs auf ihre scharfe Kante gelegt hat, die sie zum Essen nicht rausnehmen mag, weil es immer so ein Gefummel ist, neues Wachs daraufzulegen, ohne dass es sofort wieder abfällt, ist nichts Besonderes mehr zu tun. Rumsitzen und reden. Oder am Computer sitzen. 

Der heutige Tag hat wieder bewiesen, dass Freiheit und freie Entscheidungen nur Illusionen sind. Andere werden gefragt, was sie gerne möchten. Und dies wird oftmals akzeptiert. Tamsin wurde gefragt, ob sie in die Küche möchte. Tamsin fragt, ob sie nicht lieber Tische eindecken kann. Prompt wird bestimmt: Nein, Tamsin du gehst in die Küche. 
Gut, Tamsin musste nicht kochen, lange stehen oder bis zum Umfallen Gemüse schneiden. Dinge aus der Kühlung an die Theke bringen war kein übler Job. Die Zeit verging schnell. Doch die Tatsache, dass ihre freie Entscheidung wieder einmal so niederschmetternd abgelehnt wurde, war nicht sehr berauschend. Es war ein richtig JOBB-typischer Tag in diesen vertrauen, unbequemen, ausgeleierten Arbeitsschuhen. Tamsin soll Gläser bringen, weiß aber nicht, wo die stehen. Ungeduldig verlangt die Anleiterin: "Dann gehst du halt mal an den Schrank und guckst nach. Irgendwo werden sie schon sein!"  

Tamsin hasst es, in unfreundlichem Ton herumkommandiert zu werden. Ihre Stimmung erreicht einen kleinen Tiefpunkt. Im damaligen JOBB waren auch alle so unfreundlich. Gerne würde sie diese Zeiten – JOBB, Schmerzen, Hektik, Vollzeit.- hinter sich lassen. Positiv in die Zukunft blicken.  

Das einzig gute derzeit ist, dass wir früh gehen dürfen, um den früheren Bus um halb zwei zu bekommen Der nächste käme um halb vier, und so lange hier rumzusitzen und eventuellen Unterhaltungen zu lauschen, scheint selbst den Anleitern zu anstrengend. 
Tamsin soll eine Bewerbung für ein Praktikum im Amtsgericht schreiben. Jemand meinte, die Chancen stehen gering. Tamsin weiß nicht, wie sie mit einer möglichen Zusage umgehen soll. Die Angst, alleine zu einem Vorstellungsgespräch zu müssen, ist groß. "Seltsamerweise ist die Furcht vor den Arbeitszeiten noch größer."  
Letzte Woche habe wir ein Glückstagebuch gebastelt.

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