Donnerstag, 31. Januar 2019

Gruppenausflug nach Eutin

Infolge der Bekenntnisse meiner Sorgen hat die Betreuerin der Tagesstätte beschlossen, dass ich mit ihr durch die Stadt gehe und nicht alleine irgendwo rumsitzen muss. Meine Sorgen wurden dann schon etwas weniger. Bis gesagt wurde, dass ich in dem kleinen Auto mitfahren soll. Warum, das weiß ich auch nicht. Eigentlich gibt es Menschen die noch kleiner sind als ich . die großen würden in dem Bus fahren und die Kleinen in dem Auto. Ein Grund wurde mir letztlich aber nicht genannt. Der alte Bus von hier wurde gegen ein neues Fahrzeug ausgetauscht, das den Leuten hier aber nicht gefällt, weil auf der Rückbank so wenig Platz ist und wir so viele große oder dicke Menschen sind, es Probleme geben könnte, alle hinein zufrieden. Man kann die Bänke auch nicht anders einstellen oder umklappen. Deswegen wurde der große Bus gegen einen kleineren Bus aus der anderen Gruppe getauscht. Damit gab es nie Probleme, weswegen ich nicht verstehe, dass ich jetzt in dem kein Auto mitfahren musste. Genervt daran hat mich nämlich, dass es keine Hintertüren gibt und man über die vorderen Sitze hinein klettern musste. Vorne saß eine ältere Frau, weswegen ich mit einer anderen zusammen hinten sitzen musste.
Im Sozialkaufhaus habe ich wie erwartet nichts gefunden. Früher vor einigen Jahren fand ich dort immer ganz viel und es war immer sehr günstig. Aber heutzutage sind die guten Sachen immer schnell weg und für antike Möbel bezahlt man dort inzwischen genauso viel wie beim Antiquitätenhändler. Auch Bilder oder goldene Spiegel, selbst wenn die nur mit billigen Plastikrahmen vergoldet sind, sind dort sehr teuer. Teurer als auf dem Flohmarkt. Mit sozial hat das nicht mehr viel zu tun.

Sobald wir dort ankamen, mussten die Raucher erstmal eine Kippe in den Mund stecken. Als wir fertig waren und bevor wir in die Stadt gefahren sind, mussten die wieder alle erstmal eine rauchen. Nach wenigen Minuten sind wir in der Stadt angekommen und die meisten haben sich erneut eine angesteckt. Ich verstehe nicht, wieso Raucher nach Autofahrten oder auch nach dem Essen immer sofort eine rauchen müssen. Aber was soll’s. Ich habe mich ein wenig weiter weggestellt, weil ich das nicht mag, wenn die schöne frische Luft von Nikotin getränkt wird.

In der Stadt sind wir dann mehr oder weniger zu viert losgegangen. Eine Frau aus der Gruppe die viel mit mir redet hat uns begleitet. Ich hatte nicht so großen Hunger, dass ich unbedingt sofort was essen musste. Wir wollten zuerst in einige Geschäfte gehen. Die anderen hatten aber Hunger und ich habe Bratnudeln vorgeschlagen. Dort gibt es ein Laden wo die sehr gut schmecken. Also sind wir dann dahingegangen und haben uns da rein gesetzt.
Es gefiel mir nicht, dass die Gabel nicht ganz sauber war. Aber geschmeckt hat es trotzdem gut. Mehr Geschäfte hatten wir danach jedoch nicht mehr geschafft. Nur noch schnell zu Rossmann und dann mussten wir auch schon wieder los.
Auf dem Rückweg konnte ich im großen Bus mitfahren. Denn im kleinen Auto worden andere noch nach Hause gefahren. Ich fand das gut, weil ich dann früher als die anderen wieder zurück war.

Eine halbe Stunde zu früh. Ich hatte mich schon auf Langeweile vorbereitet. Dort sitzen und warten bis es 1:30 Uhr ist und ich nach Hause gehen kann. Aber einige haben dann Karten gespielt und gefragt ob ich mitspielen will. Das hat mich gefreut. Am Ende hat das sogar länger gedauert. Ich habe mich beeilt danach, weil ich noch zum Zahnarzt musste. Die Füllung musste poliert werden. Inzwischen ist der Zahn auch nicht mehr so kälteempfindlich. Das ging schnell und im Anschluss habe ich mir noch ein Stück Torte gekauft. Tiramisu. Darauf hatte ich in letzter Zeit richtig großen Hunger. Und es hat gut geschmeckt

Meine gute Stimmung schwand ein wenig, als ich in die Küche ging, und Dosen in den Kühlschrank zu stellen. Die Betreuerin kam mir entgegen und natürlich wurde ich angemeckert, weil so viel Geschirr auf der Spüle steht, dass niemand die Spülmaschine ausräumen und das schmutzige Geschirr wieder einräumen. Und das nur, weil der neue Putzplan noch nicht hängt und keiner weiß, wer Freitag Küchendienst hat. Das dann gesagt wurde, dass ich das machen sollte damit es nicht noch länger rumsteht, hat mich geärgert. Die Situation hat mich geärgert. Nur weil ich ausgerechnet jetzt in die Küche gegangen bin, war ich ermahnt worden.
Ich fand das nicht gut, dass ausgerechnet ich das alleine alles machen sollte, wo doch morgen sowieso der neue Plan aufgehängt wird.
Ich war müde und fand auch irgendwie nicht die Motivation und die Kraft dazu.

 
 

Mittwoch, 30. Januar 2019

Meine Erfahrungen im normalen Arbeitsleben. Der Anfang?

 

   
Im Jahre 2007 habe ich eine BVB Maßnahme durchgemacht, die das normale Arbeitsleben simulieren sollte. Anfangs war ich der Holzwerkstatt zugeteilt. Typisch für solche Maßnahmen ist es, dass nur Standard Berufe angeboten werden. Von denen muss man sich etwas aussuchen, egal ob es gefällt oder nicht.
Irgendwann fing es an, dass mir ständig übel war und ich Kopfweh bekam. Die Betreuer meinten, ich würde den Holzstaub nicht vertragen, daher wechselte ich in den HWI Bereich. (Ich denke heute, es hing mit dem Mobbig zusammen, welches an den zwei Berufschultagen stattfand. Hatte damals schon so große Ängste, dass ich mich nicht getraut habe mit anderen zu sprechen. Die Jungs aus der Klasse hielten mich für behindert und standen in den Pausen gerne um mich herum und haben sich grenzenlos verbal über mich ausgelassen. Hatte deswegen zuhause oft geweint.)
In der HWI musste ich dann von 8-17 Uhr Toiletten putzen, den Speisesaal und den Rest der Einrichtung reinigen. Vom nahezu pausenlosen Stehen/laufen hatte ich solche Schmerzen in Füssen und Rücken, dass ich jeden Abend den Tränen nahe nach Hause gehumpelt bin. Die Ausbilder meinten dazu: Ich würde mich irgendwann noch dran gewöhnen.
Dies geschah nie.
Hilfe für die Beseitigung meiner Ängste bekam ich damals nicht. Hatte nicht die Kraft/Mut, mir selbst welche zu suchen.
Ich bin nicht belastbar und zu ruhig/schüchtern für den Arbeitsmarkt, so die Begründung, mit der ich nach Ende der Maßnahme nach Hause geschickt wurde. Lange Zeit geschah dann nichts. Zudem hatte ich Angst, selbst die Initiative zu ergreifen; Angst vor Mobbing & Schmerzen durch unangenehme Tätigkeiten.
10 Jahre später kam ich erneut in eine Jobb Maßnahme; kein 1€-Job.
Ich wollte gerne einen Job haben, der mir Freude bereitet. So etwas zu finden ist schwierig und irgendwelche Menschen meinten, ich solle die angebotenen StandardBerufe ausprobieren. Denn Kassierer werden immer gebraucht!
In dieser Maßnahme sollte ich in einem Kiosk einer Kantine den Schülern Brötchen und Getränke verkaufen. Die Kinder waren unerträglich laut, haben wild durcheinandergeschrien, sodass man kaum ein Wort verstehen konnte. Trotzdem musste ich die Kunden begrüßen und die Geldsumme nennen. Denn selbst, wenn man kein einziges Wort versteht und nur die Lippenbewegung sieht, ist es wichtig höflich zu sein!
Meine Ängste waren so stark, dass ich mich so gut wie nie getraut habe, den Mund aufzumachen. Gerne habe ich die Realität ausgeblendet und bin in anderen, angenehmeren Gedanken versunken, während meine Hände ihre Arbeit taten und ich stumm das Geld entgegennahm. Darum stand Frau Ti* manchmal neben mir und hat mich regelmäßig ermahnt, wenn ich nichts gesagt habe. An der Kasse zu stehen würde mir guttun und dadurch würde ich lernen, in Kontakt mit Menschen zu treten, hieß es damals.
An anderen Tagen musste ich die Putzfrau begleiten. So ein Tag im HWI Bereich begann damit, dass alle 13 Toiletten geputzt werden mussten. Zuerst wurde es mir gezeigt, später musste ich die Toiletten-Runde alleine gehen.
Obwohl ich grundsätzlich nichts gegen solche Arbeit habe, empfand ich es als äußerst unangenehm, im Herrenklo die klebrigen gelben Flecken von den Klobrillen zu kratzen. Übelkeitserregender als der Anblick war nur noch der strenge UrinGeruch in den kleinen Kabinen. Im Laufe des Tages spürte ich zunehmende Schmerzen vom ununterbrochenen Laufen, bücken und stehen.
Ich bat um andere Tätigkeiten.
Frau Ti meinte am Ende mehrerer Diskussionen irgendwann, ich würde mir die Schmerzen nur einbilden. Zu kassieren und zu putzen würde mir guttun. Ich musste weitermachen.
Immer öfters habe ich mich in den Pausen auf der Toilette eingeschlossen, um dort zu weinen. Ich wollte nicht, dass andere mich weinen sehen. Und ich konnte es auch nicht mehr zurückhalten. Danach ging es mir etwas besser. Irgendwann bekam ich vom Arzt dann Tabletten, die gegen dunkle Gedanken und Traurigkeit helfen sollten. Allerdings wurde ich davon immer sehr müde, sodass ich die nur ungerne genommen habe.
Anstatt die Ursache zu vermeiden, gab es Tabletten, damit es erträglicher wird!
Auch habe ich oft darüber nachgedacht, einfach nicht mehr in diese Maßnahme hinzugehen. Doch getraut habe ich mich das nie. Ich hatte Angst vor den Kürzungen des Geldes und davor, deswegen hungern zu müssen.
Zu sagen, dass mir etwas nicht gefällt, das reicht nicht. Ich hatte 2007 schon im HWI Bereich teilgenommen und würde gerne mal Arbeit im Büro ausprobieren. Tja. Ich musste erneut beweisen, dass solche Bereiche mir keine Freude bereiten. Und was ist das schon für ein Leben, täglich in einem Job zu arbeiten, der einem überhaupt nicht gefällt?
Obwohl ich nach wie vor gerne einmal Arbeit im Büro/EDV Bereich finden oder ausprobieren möchte, verbinde ich das Wort Arbeit auch mit Angst und Erinnerungen an damals.
Inzwischen habe ich die nötige Hilfe bekommen. Dazu Diagnosen. Angststörung, PTBS und Depressionen.
*Name aus Datenschutzgründen geändert.

Depressionen und mehr

Der gestrige Tag mit dem Termin verlief ohne besondere Komplikationen. Heute morgen Erwarte ich ausgeruht und war in Ordnung.
Als ich in die Tagesstätte kam und die Morgenrunde anfangen, fühlte ich jeder diese Traurigkeit, die seit längerer Zeit immer um diese Zeit aufkommt. Manche Essen, unterhalten sich und sehen fröhlich. Aber ich fühle mich ausgeschlossen und traue mich nicht etwas zu sagen. Ich sitze still da und versenke in meinen eigenen Gedanken. Muss über Probleme nachdenken. Ein neues Fahrrad. Mein Fahrgeld Antrag. Die neuen Termine. Kommunikation lernen mit den anderen Menschen hier. Kochgruppen.
Öfters habe ich gegen Tränen angekämpft. Mir kann jemand helfen. Ich bin unglücklich. Keiner unterhält sich mit mir.

An diesem Tag wird Leben der Essens Besprechung Spiele gespielt werden. Ich würde gerne meine Romane weiter lesen oder schreiben aber spielen mit anderen ist auch gut.
Dann erfahre ich, dass morgen einen Ausflug nach Eutin ins Sozialkaufhaus und in die Stadt anliegt. Und das alle mitfahren und ich demnach auch mitmuss, weil ja sonst niemand hier ist von den Betreuern. Das gefällt mir nicht. Er ist gestern der anstrengende Termin und dann muss ich morgen wieder los. Ich muss nichts kaufen und will auch kein Geld ausgeben. Ich sehe schon vor mir, wie ich den ganzen Vormittag alleine draußen in der Kälte auf einer Bank sitze. In viele Geschäfte traue ich mich auch nicht alleine rein. Ich fühle mich etwas müde und traurig. Ich wollte auch keinen Urlaub an diesem Ausflugstag nehmen. Denn ich kann ja nicht immer Urlaub nehmen, wenn mir etwas nicht gefällt, dann ist der Urlaub damit verschwendet. Und außerdem wollte ich den lieber im Sommer nehmen.
Irgendwann musste ich dann weinen. Ich bin dann auf die Toilette gegangen und habe mich eingeschlossen, weil ich nicht wollte, dass die anderen das sehen. Dort war ich eine ganze Weile. Einigen ist es dann doch aufgefallen und es wurde einer Betreuerin Bescheid gesagt. Dann gab es ein Gespräch.
Danach bin ich dann lieber nach Hause gegangen. Ich hatte die Wahl. Und ich wusste, dass ich mich nicht so einfach beruhigen können würde. Wenn die Traurigkeit erst einmal ausgebrochen ist, dauert es ein bisschen, bis sie wieder nachlässt.

Später fand noch ein Gespräch statt. Die Betreuerin meinte, dass die tun wollen was mir gut tut und mich nicht überfordern wollen und ich bräuchte den Tag frei nehmen könnte. Nächste Woche soll es noch ein Gespräch mit allen Betreuern auch von drüben geben und wir wollen gucken, wie mir besser geholfen werden kann.

Dienstag, 29. Januar 2019

Termin in Lübeck


Die Geschirrspülmaschine ist mal wieder voll. So voll, dass nichts mehr reinpasst. Und das schon am Dienstag. Aber ich habe keinen Küchendienst bzw niemand weiß, wer Dienst hat, weil der neue Putzplan noch nicht fertig ist. Das ist WG Alltag.
Heute Nacht habe ich geträumt, dass die Maschine lief.
Ich träume oft von denen, die mich im Unterbewusstsein beschäftigen. Ich habe mir immer vorgestellt, dass ich eines Tages eine richtige eigene Wohnung und ein Barock Zimmer haben würde und wie ich das meiner Oma zeigen würde, damit sich dort auf mich ist. Aber letztes Jahr ist sie gestorben.

Heute habe ich einen Termin bei einer Psychologin in Lübeck. Um 12 Uhr muss ich los. Ich muss einen Zug früher nehmen, weil ich in Lübeck umsteigen muss und die Umsteigezeit nur 6 Minuten beträgt. Wenn mein erster Zug später käme, würde ich den zweiten verpassen und somit auch den Termin. Dieser findet um 15 Uhr statt. Laut Plan werde ich um 18 Uhr zu Hause sein. Obwohl ich McDonald’s nicht mehr so gerne mag, weil man dort ständig lauwarmes oder was kaltes Essen vorgesetzt bekommt, bin ich froh, dass ist am Bahnhof wenigstens eine Möglichkeit gibt, dass ich an diesem Tag etwas Warmes essen kann. Wenn ich einen ganzen Tag lang nichts zu essen bekomme bzw kein richtiges warmes gekochtes Gericht, von dem ich auch satt werde, wenn ich richtig schlecht gelaunt. Daher war ich auch etwas wütend, als meine Therapeutin mal gesagt hat, dass es ganz normal ist, wenn man erst abends etwas isst. Für Sie, die in Vollzeit arbeitet und manchmal erst um 18 Uhr Feierabend hat, mag es vielleicht nur mal sein. Sie ist es gewohnt und akzeptiert es.
Aber…
 Wer definiert, was normal ist und was nicht? Und wer bestimmt, dass jeder sich allem Normalen anpassen muss?!
Bevor ich losfahre, bin ich noch in der Tagesstätte. Allerdings gibt es dort das Essen immer erst um 12 Uhr dreißig. Zudem gibt es in dieser Woche nur Gerichte, die mir nicht schmecken. Sauerkraut, Schweinebacke, Rouladen, Grünkohl…
Für viele Menschen ist sowas wahrscheinlich normal, aber ich finde es wirklich abnormal, für einen Termin, der eine Stunde dauert sechs Stunden im Ganzen unterwegs zu sein. Oder 5 Stunden, wenn man die Zeit beim Arzt abzieht.
Ich habe schlecht geschlafen und bin nervös. viele Sorgen schwirren ihr durch den Kopf.
Was, wenn der Ticketautomat meinen Geldschein nicht annimmt? Ich habe keinen anderen Passenden. Was, wenn er größere Scheine nicht wechseln kann? Was, wenn Ich doch den Anschlusszug verpasse? Oder falls irgendeiner der vier Züge, auf die ich insgesamt angewiesen bin, nicht kommt? Oder wenn nachmittags ein Streik anfängt und ich nicht mehr zurück nach Hause komme? Was, wenn die Ärztin krank ist und ich völlig umsonst dahinfahre? Was, wenn ich auf dem Weg überfallen und ausgeraubt werde? Oder wenn ich plötzlich auf Klo muss und kein Geld mehr übrighabe, oder kein Kleingeld? Ich weiß nämlich, dass am Hamburger Bahnhof bei den Toiletten eine Schranke ist, und wenn man kein Geld für den Automaten hat, muss man sich in die Hose machen. Oder in ein illegales versteck gehen. Hehe.
Jedenfalls bin ich froh, wenn dieser Tag zu Ende ist.

Letztlich ging alles gut. Es wurde kein Zug verpasst. In der Tagesstätte habe ich an meinem Raumschiff weitergebaut, wollte mich aber nicht so dreckig machen und bin deswegen nicht in die Werkstatt gegangen. Habe nur ganz wenig abgeschliffen. Eine Frau hat es gestört, dass der Tisch deswegen so gewackelt hat. Die wollte nähen und hat gerade das musste auf den Stoff gezeichnet. Ich wollte nicht dass die meckert oder unzufrieden ist und habe mich mit dem Schleifen ein wenig zurückgehalten. Auch wenn es mir egal hätte sein können, was die denkt. Eine andere Frau hat  Auch wenn es mir egal hätte sein können, was die denkt. Eine andere Frau hat sich ein bisschen mit mir unterhalten. Das fand ich nett.
Bereits als ich um 12 Uhr losgegangen bin und im Zug saß, habe ich mich müde gefühlt. Der Tag war anstrengend. Nicht wegen Ängste, denn die waren gar nicht so stark, sondern einfach wegen dem langen Zug fahren und den langen warten und den umsteigen und so weit laufen. Sobald ich in Lübeck angekommen bin, bin ich in einem Imbiss gegangen und habe mir Bratnudeln gekauft. Ich bin schnurstracks hinein gegangen ohne zu zögern, weil ich Angst hatte, dass die Angst wiederkommt und mich dann daran hindert.
Die Nudeln haben dort gut geschmeckt. Allerdings war es im Bahnhof sehr kalt. Ich saß auf einer Bank. Mir wurden langsam die Füße kalt und ich war froh, als der nächste Zug endlich kam.
Der Termin dauerte nicht mal eine ganze Stunde. Dafür, dass ich so lange unterwegs bin, erscheint mir das viel zu kurz. Wenigstens sind die Folgetermine wieder vormittags. Leider am Mittwoch.  Wenn auch erst In zwei Monaten. Mittwoch ist einer der schönsten Tage in der Tagesstätte, weil es da keine Pflicht Gruppen gibt und ich spiele spielen oder schreiben kann. Es findet nur eine kurze Essens Besprechung statt. Und später dann das Mittagessen. Es ist ziemlich entspannend.
So gibt es offenes Internet, so vergeht die Zeit wenigstens nicht ganz so langsam. Auch wenn ich müde und erschöpft bin und gar nicht wirklich Lust habe, mich mit dem Internet zu beschäftigen. Das ist immer das schlimmste. Wenn mir so langweilig ist und ich so lustlos bin und keine Lust zu gar nichts habe und dann auch noch die Zeit zu langsam vergeht und der Zug gefühlte 8 Stunden unterwegs ist.
Sobald ich wieder zu Hause war, habe ich mir noch ein Rührei gemacht. Hatte zwar nicht so großen Hunger, aber da ich nur Nudeln am Tag hatte, hatte ich Angst, dass ich mit leerem Bauch nicht so gut schlafen kann. Meinen Eltern habe ich von der ganzen Sache nichts erzählt. Die hätten sich nur Sorgen gemacht oder gemeckert, dass ich alleine auch noch im Dunkeln unterwegs bin.
Jedenfalls war ich echt froh, als ich wieder zu Hause war. Bin um 7 Uhr ins Bett gegangen und habe gut geschlafen.

Der Tag kam mir vor wie ein Vollzeit Tag. Erinnert den mich ein bisschen an früher, 2007, wo ich erst um 17 Uhr immer zu Hause war. Heute war ich um 18 Uhr zu Hause. Es gibt Menschen, für die ist sowas alltäglich. Ich bin froh, dass ich täglich erst um 1:30 Uhr zu Hause bin und nicht um 5 Uhr oder 5:30 Uhr. So wie die meisten. Ich kann mir dann was zu essen kochen, in Ruhe essen, putzen und sauber machen, einkaufen gehen und habe der noch freie Zeit für mich. Zum entspannen. Einfach, um auch die schönen Seiten des Lebens zu genießen. Und nicht erschöpft und gestresst ins Bett zu fallen.

Dennoch. Im Jahr 1997 bin ich eingeschult worden. Ein neuer, nicht gerade wohltuender, sondern er anstrengender Lebensabschnitt begann.
Im Jahr 2007 kam ich zu Jobb. Ein neuer anstrengender Abschnitt. Habe erfahren, wie anstrengend Vollzeitarbeit ist. Musst du durchhalten. Schmerzen ertragen. Den ganzen Tag stehen.
Im Jahr 2016 kam ich wieder in eine Jobb-Einrichtung.  Aber erst 2017 entwickelte es sich zu einem Alptraum*. Und teilweise wiederholte sich das Jahr 2007.
Nun habe ich Angst, dass im Jahr 2027 wieder etwas Ähnliches geschieht. Dass ich wieder irgendwo reingesteckt werde, wo ich mich nicht wohl fühle und wo ich Dinge tun muss, die mir nicht gefallen und mir Schmerzen bereiten. Wie Toiletten putzen, stundenlang lange stehen und so weiter.
Ist die sieben meine Unglückszahl?

Meine Erfahrungen im normalen Arbeitsleben. Der Anfang?
*Im Jahre 2007 habe ich eine BVB Maßnahme durchgemacht. Anfangs war ich der Holzwerkstatt zugeteilt. Typisch für solche Maßnahmen ist es, dass nur Standard Berufe angeboten werden. Von denen muss man sich etwas aussuchen, egal ob es gefällt oder nicht.
 Irgendwann fing es an, dass mir ständig übel war und ich Kopfweh bekam. Die Betreuer meinten, ich würde den Holzstaub nicht vertragen, daher wechselte ich in den HWI Bereich. (Ich denke heute, es hing mit dem Mobbig zusammen, welches an den zwei Berufschultagen stattfand. Hatte damals schon so große Ängste, dass ich mich nicht getraut habe mit anderen zu sprechen. Die Jungs aus der Klasse hielten mich für behindert und standen in den Pausen gerne um mich herum und haben sich grenzenlos verbal über mich ausgelassen. Hatte deswegen zuhause oft geweint.)

In der HWI musste ich dann von 8-17 Uhr Toiletten putzen, den Speisesaal und den Rest der Einrichtung reinigen. Vom nahezu pausenlosen Stehen/laufen hatte ich solche Schmerzen in Füssen und Rücken, dass ich jeden Abend den Tränen nahe nach Hause gehumpelt bin. Die Ausbilder meinten dazu: Ich würde mich irgendwann noch dran gewöhnen.
Dies geschah nie.
Hilfe für die Beseitigung meiner Ängste bekam ich damals nicht. Hatte nicht die Kraft/Mut, mir selbst welche zu suchen.
Ich bin nicht belastbar und zu ruhig/schüchtern für den Arbeitsmarkt, so die Begründung, mit der ich nach Ende der Maßnahme nach Hause geschickt wurde. Lange Zeit geschah dann nichts. Zudem hatte ich Angst, selbst die Initiative zu ergreifen; Angst vor Mobbing & Schmerzen durch unangenehme Tätigkeiten.
10 Jahre später kam ich erneut in eine Jobb Maßnahme; kein 1€-Job.
Ich wollte gerne einen Job haben, der mir Freude bereitet. So etwas zu finden ist schwierig und irgendwelche Menschen meinten, ich solle die angebotenen StandardBerufe ausprobieren. Denn Kassierer werden immer gebraucht!
In dieser Maßnahme sollte ich in einem Kiosk einer Kantine den Schülern Brötchen und Getränke verkaufen. Die Kinder waren unerträglich laut, haben wild durcheinandergeschrien, sodass man kaum ein Wort verstehen konnte. Trotzdem musste ich die Kunden begrüßen und die Geldsumme nennen. Denn selbst, wenn man kein einziges Wort versteht und nur die Lippenbewegung sieht, ist es wichtig höflich zu sein!

Meine Ängste waren so stark, dass ich mich so gut wie nie getraut habe, den Mund aufzumachen. Gerne habe ich die Realität ausgeblendet und bin in anderen, angenehmeren Gedanken versunken, während meine Hände ihre Arbeit taten und ich stumm das Geld entgegennahm. Darum stand Frau Ti* manchmal neben mir und hat mich regelmäßig ermahnt, wenn ich nichts gesagt habe. An der Kasse zu stehen würde mir guttun und dadurch würde ich lernen, in Kontakt mit Menschen zu treten, hieß es damals.
An anderen Tagen musste ich die Putzfrau begleiten. So ein Tag im HWI Bereich begann damit, dass alle 13 Toiletten geputzt werden mussten. Zuerst wurde es mir gezeigt, später musste ich die Toiletten-Runde alleine gehen.
Obwohl ich grundsätzlich nichts gegen solche Arbeit habe, empfand ich es als äußerst unangenehm, im Herrenklo die klebrigen gelben Flecken von den Klobrillen zu kratzen.  Übelkeitserregender als der Anblick war nur noch der strenge UrinGeruch in den kleinen Kabinen. Im Laufe des Tages spürte ich zunehmende Schmerzen vom ununterbrochenen Laufen, bücken und stehen.
Ich bat um andere Tätigkeiten.
Frau Ti meinte am Ende mehrerer Diskussionen irgendwann, ich würde mir die Schmerzen nur einbilden. Zu kassieren und zu putzen würde mir guttun. Ich musste weitermachen.
Immer öfters habe ich mich in den Pausen auf der Toilette eingeschlossen, um dort zu weinen. Ich wollte nicht, dass andere mich weinen sehen. Und ich konnte es auch nicht mehr zurückhalten. Danach ging es mir etwas besser. Irgendwann bekam ich vom Arzt dann Tabletten, die gegen dunkle Gedanken und Traurigkeit helfen sollten. Allerdings wurde ich davon immer sehr müde, sodass ich die nur ungerne genommen habe.
Anstatt die Ursache zu vermeiden, gab es Tabletten, damit es erträglicher wird!

Auch habe ich oft darüber nachgedacht, einfach nicht mehr in diese Maßnahme hinzugehen. Doch getraut habe ich mich das nie. Ich hatte Angst vor den Kürzungen des Geldes und davor, deswegen hungern zu müssen.

Zu sagen, dass mir etwas nicht gefällt, das reicht nicht. Ich hatte 2007 schon im HWI Bereich teilgenommen und würde gerne mal Arbeit im Büro ausprobieren. Tja. Ich musste erneut beweisen, dass solche Bereiche mir keine Freude bereiten. Und was ist das schon für ein Leben, täglich in einem Job zu arbeiten, der einem überhaupt nicht gefällt?
Obwohl ich nach wie vor gerne einmal Arbeit im Büro/EDV Bereich finden oder ausprobieren möchte, verbinde ich das Wort Arbeit auch mit Angst und Erinnerungen an damals.

Inzwischen habe ich die nötige Hilfe bekommen. Dazu Diagnosen. Angststörung, PTBS und Depressionen.


*Name aus Datenschutzgründen geändert.