Mittwoch, 30. Januar 2019

Meine Erfahrungen im normalen Arbeitsleben. Der Anfang?

 

   
Im Jahre 2007 habe ich eine BVB Maßnahme durchgemacht, die das normale Arbeitsleben simulieren sollte. Anfangs war ich der Holzwerkstatt zugeteilt. Typisch für solche Maßnahmen ist es, dass nur Standard Berufe angeboten werden. Von denen muss man sich etwas aussuchen, egal ob es gefällt oder nicht.
Irgendwann fing es an, dass mir ständig übel war und ich Kopfweh bekam. Die Betreuer meinten, ich würde den Holzstaub nicht vertragen, daher wechselte ich in den HWI Bereich. (Ich denke heute, es hing mit dem Mobbig zusammen, welches an den zwei Berufschultagen stattfand. Hatte damals schon so große Ängste, dass ich mich nicht getraut habe mit anderen zu sprechen. Die Jungs aus der Klasse hielten mich für behindert und standen in den Pausen gerne um mich herum und haben sich grenzenlos verbal über mich ausgelassen. Hatte deswegen zuhause oft geweint.)
In der HWI musste ich dann von 8-17 Uhr Toiletten putzen, den Speisesaal und den Rest der Einrichtung reinigen. Vom nahezu pausenlosen Stehen/laufen hatte ich solche Schmerzen in Füssen und Rücken, dass ich jeden Abend den Tränen nahe nach Hause gehumpelt bin. Die Ausbilder meinten dazu: Ich würde mich irgendwann noch dran gewöhnen.
Dies geschah nie.
Hilfe für die Beseitigung meiner Ängste bekam ich damals nicht. Hatte nicht die Kraft/Mut, mir selbst welche zu suchen.
Ich bin nicht belastbar und zu ruhig/schüchtern für den Arbeitsmarkt, so die Begründung, mit der ich nach Ende der Maßnahme nach Hause geschickt wurde. Lange Zeit geschah dann nichts. Zudem hatte ich Angst, selbst die Initiative zu ergreifen; Angst vor Mobbing & Schmerzen durch unangenehme Tätigkeiten.
10 Jahre später kam ich erneut in eine Jobb Maßnahme; kein 1€-Job.
Ich wollte gerne einen Job haben, der mir Freude bereitet. So etwas zu finden ist schwierig und irgendwelche Menschen meinten, ich solle die angebotenen StandardBerufe ausprobieren. Denn Kassierer werden immer gebraucht!
In dieser Maßnahme sollte ich in einem Kiosk einer Kantine den Schülern Brötchen und Getränke verkaufen. Die Kinder waren unerträglich laut, haben wild durcheinandergeschrien, sodass man kaum ein Wort verstehen konnte. Trotzdem musste ich die Kunden begrüßen und die Geldsumme nennen. Denn selbst, wenn man kein einziges Wort versteht und nur die Lippenbewegung sieht, ist es wichtig höflich zu sein!
Meine Ängste waren so stark, dass ich mich so gut wie nie getraut habe, den Mund aufzumachen. Gerne habe ich die Realität ausgeblendet und bin in anderen, angenehmeren Gedanken versunken, während meine Hände ihre Arbeit taten und ich stumm das Geld entgegennahm. Darum stand Frau Ti* manchmal neben mir und hat mich regelmäßig ermahnt, wenn ich nichts gesagt habe. An der Kasse zu stehen würde mir guttun und dadurch würde ich lernen, in Kontakt mit Menschen zu treten, hieß es damals.
An anderen Tagen musste ich die Putzfrau begleiten. So ein Tag im HWI Bereich begann damit, dass alle 13 Toiletten geputzt werden mussten. Zuerst wurde es mir gezeigt, später musste ich die Toiletten-Runde alleine gehen.
Obwohl ich grundsätzlich nichts gegen solche Arbeit habe, empfand ich es als äußerst unangenehm, im Herrenklo die klebrigen gelben Flecken von den Klobrillen zu kratzen. Übelkeitserregender als der Anblick war nur noch der strenge UrinGeruch in den kleinen Kabinen. Im Laufe des Tages spürte ich zunehmende Schmerzen vom ununterbrochenen Laufen, bücken und stehen.
Ich bat um andere Tätigkeiten.
Frau Ti meinte am Ende mehrerer Diskussionen irgendwann, ich würde mir die Schmerzen nur einbilden. Zu kassieren und zu putzen würde mir guttun. Ich musste weitermachen.
Immer öfters habe ich mich in den Pausen auf der Toilette eingeschlossen, um dort zu weinen. Ich wollte nicht, dass andere mich weinen sehen. Und ich konnte es auch nicht mehr zurückhalten. Danach ging es mir etwas besser. Irgendwann bekam ich vom Arzt dann Tabletten, die gegen dunkle Gedanken und Traurigkeit helfen sollten. Allerdings wurde ich davon immer sehr müde, sodass ich die nur ungerne genommen habe.
Anstatt die Ursache zu vermeiden, gab es Tabletten, damit es erträglicher wird!
Auch habe ich oft darüber nachgedacht, einfach nicht mehr in diese Maßnahme hinzugehen. Doch getraut habe ich mich das nie. Ich hatte Angst vor den Kürzungen des Geldes und davor, deswegen hungern zu müssen.
Zu sagen, dass mir etwas nicht gefällt, das reicht nicht. Ich hatte 2007 schon im HWI Bereich teilgenommen und würde gerne mal Arbeit im Büro ausprobieren. Tja. Ich musste erneut beweisen, dass solche Bereiche mir keine Freude bereiten. Und was ist das schon für ein Leben, täglich in einem Job zu arbeiten, der einem überhaupt nicht gefällt?
Obwohl ich nach wie vor gerne einmal Arbeit im Büro/EDV Bereich finden oder ausprobieren möchte, verbinde ich das Wort Arbeit auch mit Angst und Erinnerungen an damals.
Inzwischen habe ich die nötige Hilfe bekommen. Dazu Diagnosen. Angststörung, PTBS und Depressionen.
*Name aus Datenschutzgründen geändert.

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