Tamsin
erwacht wie immer. Dabei könnte sie heute, dank der WG Besprechung, wegen der
sie erst später in die Maßnahme braucht, länger schlafen. Aber das tut sie
nicht. Trotz Zeitumstellung ist sie wach wie immer.
Der frühe
morgen ist langweilig. Sie schreibt ihr Buch weiter. Friert. Isst Kekse. Ärgert
sich über den scharfen Zahn. Bewundert ihren Klee. Ärgert sich über den Kaffee,
wegen dem sie ständig auf Toilette muss.
In
Erwartung heute einen langen Tag vor sich zu haben geht sie in die Maßnahme.
Hat ein Gespräch, nach dem sie an ihrer Präsentation über Haushaltsbücher
arbeitet. Es ist ok, wenn auch sie wie die anderen gerne ein Wunschthema hätte.
Eine Fernsehserie. Oder Hobbys.
Eigentlich
mag sie sowas nicht. Doch das grafische Erstellen macht Spaß, und wenn ein
bisschen Reden bzw. Vorlesen der Preis dafür ist… Aber vielleicht hilft es ihr
ja auch.
Die Uhren
wurden zurückgestellt. Tamsin war verwirrt, als plötzlich gesagt wurde, sie
könne mit einer Kollegin gehen. „PC Uhren stellen sich normalerweise von selbst
ein.“ Nicht so die dortigen.
Aber
Tamsin beklagt sich nicht. Ein Bus fährt zur Haupthaltestelle – den sie prompt
verpassen. Tamsin konnte früher gehen, damit sie nicht so weit laufen muss, doch
dass der Bus an ihr vorbeifuhr ärgert sie kaum, da sie an der Haupthaltestelle
ohnehin noch über 30 Min. auf den nächsten warten müsste, und durch das Gehen
verkürzt sich die Wartezeit. Zudem war das Wetter schön. Und mit der Kollegin
hatte sie sich über Essen und Kochen unterhalten.
Dann kam
auch dieser Bus zu spät. Und stand in Neustadt noch 15 Min. im Ampelstau. Wahrscheinlich,
weil alle den Brückentag genutzt und so in ihrer Freizeit die Straßen verstopft
haben. Die Leute im Bus wurden unruhig. Versammelten sich an der Tür, noch 30
Meter vor der nächsten Haltestelle dazu. Tamsin gesellt sich dazu und ist froh,
als die Tür plötzlich aufgeht und alle rausstürmen. Eigentlich wollte sie am
Ende aussteigen – 2 Stationen hat sie zur Auswahl. Aber dann hätte sie wohl
über 30 Min. im Bus gesessen. „Ich war schon in der nächsten Straße, und die
Autos standen immer noch still.“
Was soll
Tamsin essen? Sie hat Zeit zum Kochen. Und ist nicht müde. Zunächst denkt sie
an ihre Dose Mais. Googlet, wie man den am besten zubereitet. Kann jedoch
nichts Genaueres herausfinden, weil diese Unwissenheit so dämlich und die
Aufgabe so einfach ist, dass es dafür keine Anleitungen gibt. „Soll ich die
Flüssigkeit zuerst abgießen? Oder danach? Muss man das überhaupt? Was, wenn der
Öffungsgriff abbricht und ich mit der halboffenen Dose dastehe, aus der nichts
rauskommt? Wie lange muss der kochen!?“
Tamsin
entscheidet sich für Garnelen. Die müssen auch mal weg. Dies gelang ihr
wenigstens.
Verzweifelt
sucht Tamsin: runder Tisch, höhenverstellbar. Ihr eigener Esstisch ist viel zu
tief. Doch wenn man so etwas braucht, findet man nichts! Nicht einmal in den
Antikhallen.
In ihrer
Verzweiflung schaut Tamsin sich Neumöbel an. Schlicht und modern. Aus Pappe
oder Plastik. Diese sind mehr als doppelt so teuer, wie die Alten mit
Schnitzereien und Intarsien. „Unfassbar. Eine 20CM breite Plastikplatte am
Stiel für über 70€!“ Ein angemessen großer Tisch würde als Neuware über 200€
kosten. „Da findet man ja sogar im Sperrmüll Schönere!“
Es gibt
neue Möbel, die alt aussehen, jedoch niemals an ein Original heranreichen, aus
Pappe bestehen und das Dreifache kosten!