Samstag, 7. Oktober 2017

Hexenwerk



„Es nervt mich, morgen wegen eine Scheibe Käse durch den langen Flur zu meinem abgeschlossenen Kühlschrank zu laufen.“ Das ist ungewohnt. Tamsin lagert, was geht, in ihrem Zimmer. Sie ist froh, nicht in eines dieser kleinen WG Häuser gekommen zu sein, wo sie nicht mal ein eigenes WC hätte. Nun wäscht sie kleines, einzelnes Besteckt dort ab. „Wenn ich es zu dem anderen zeug in die Maschine stelle, wer weiß, wie lange es dort liegen würde, oder wo jemand es einräumen würde…“

Tamsin hat ihren Klee vermisst. Endlich hat sie ihn wieder bei sich.

Tamsin hat sich in der Mitte des Raumes einen Hexenaltar aufgebaut. Nun beschäftigt sie sich damit, das Thema genauer zu verstehen. Bereits seit Jahren sammelt sie „magische Werkzeuge“, ohne es zu wissen. Tamsin glaubt natürlich nicht an Zauberei wie aus Harry Potter, doch sie war erstaunt, wie Menschen diese Naturmagie verstehen, verwenden und daran glauben. „Ich muss mir die Videos zuhause runterladen, um sie hier zu schauen, da ich noch kein Internet habe.“
Wicca und andere Hexendinge sind vielen nicht vertraut. Ihre Eltern halten Derartiges für Humbug. Wie viele Menschen. Einige glauben jedoch daran. Tamsin weiß, dass es mehr Kräfte zischen Himmel und Erde gibt, als man spüren oder sehen kann. Ihr Zahn ist der Beweis. Nur, weil man etwas nicht sehen oder fühlen kann, bedeutet das nicht, dass es nicht existiert.

„Ich glaube an das Schicksal.“ Alles hat einen Grund. Viele Dinge geschehen im Lauf der Zeit. Nach dem Regen kommt die Sonne. Manchmal muss man durch die Hölle gehen, um in den Himmel zu kommen. Tamsin wollte immer nach Oldenburg ziehen. In eine tote Stadt, in der es inzwischen nicht einmal mehr ein Stadtfest gibt. Dazu weder Jahrmärkte, noch einen anständigen Flohmarkt. Voller leerstehender Geschäfte. Es gibt keine Bars oder Kaufhäuser; bis auf einen teuren Privatladen. Nur ein überteuertes Kino. „Ich weiß noch, wie ich als Kind zwei Mark für einen Film bezahlt hatte.“ Heute kostet ein Film mit 3D-Aufschlag über zehn Euro – zwanzig Mark. Tamsin mag Kino und Theater. Doch inzwischen gibt es beinahe alles, was es gibt, nur noch um des Profites willen. Alles wird teurer und gleichzeitig minderwertiger.

Sich in eine Welt des Übernatürlichen zu flüchten mag seltsam sein. Tamsin gibt es Hoffnung und ein Gefühl der Verbundenheit.

Nachdem noch einige Möbel gebracht wurden und aufgeräumt wurde, war Tamsin mit ihren Eltern einkaufen. Alleine zu zahlen traut sie sich noch nicht, obwohl sie weiß, dass doch gar nichts passieren kann. „Genau das ist das Problem mit diesen Ängsten…“

Inzwischen ist Tamsin nicht mehr übel vor Angst und sie kann wieder richtig essen.

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