Sonntag, 8. Oktober 2017

Tag 4




Obwohl Tamsin den Gummigeruch – vielleicht kommt er auch von der Farbe der frisch gestrichenen Wände!? – schon weniger stark wahrnimmt und auch schlafen kann, ohne dass es stark um Hals brennt, ist sie früh wach. Ihr Rücken protestiert gegen die neue Matratze, nun, da Tamsin eine ganze Nacht durchgeschlafen hat. „Tja, schwindet eine Sorge, kommt gleich darauf eine neue dazu.“

>. “Was ist deine größte Sorge, Tamsin?“

„In diesem Moment ist es der Bus.“ Frühes Aufstehen ist eigentlich kein Problem. „Wie weit ist der Weg zur Haltestelle wirklich? Wird es ein überfüllter Schulbus sein? Werde ich wirklich viel Zeit sinnlos verlieren?“ Tamsin überlegt schon, ihren Laptop mitzunehmen. Wenn sie die unnütze Zeit mit Schreiben an ihrem Roman fühlt, verwandelt sich letztere Sorge in Rauch. „Das Schlimmste ist, wenn ich durch sowas keine Zeit mehr zum Schreiben habe, und die Zeit, in der ich schreiben würde, mit Dingen wie Kochen oder Einkaufen füllen müsste, weil ich es sonst nicht schaffen würde.“
Schreiben ist Tamsin wichtig. Es gibt ihrem Leben einen Sinn. Ein Leben, das nur aus öder Arbeit und anderen Pflichten besteht, ohne jede Freude, das wäre sinnlos. Daher macht es sie wütend, wenn andere meinen, dass Menschen, denen Hobbys wichtiger sind als Arbeit, Schmarotzer wären. „Für mich sind Leute, denen Arbeit wichtiger ist als Leben, nichts weiter als Sklaven der Gesellschaft.“ Leute, die sich kaputtackern, keine Freude im Leben mehr haben und selbst dann nicht mal genug Geld haben, dass es für mehr als nur für kaputte Möbel vom Flohmarkt reicht. Oder zum Verreisen.

Tamsin denkt darüber nach, sich einen Handyvertrag zu gönnen. Doch in ihrer Maßnahme herrscht ein Funkloch. Für alle. Sie hat keine Freude, mit denen sie ständig per WhatsApp schreiben kann. Sie spielt nur ein Spiel, und wenn das dürftige Volumen aufgebraucht ist, könnte sie selbst das nichtmehr. „Ich warte lieber, bis die albernen Drosselungen abgeschafft werden.“

Tamsin leidet an Vergesslichkeit. „Inzwischen schreibe ich mir alles auf. Alles!“ Ist es Stress? Die Psyche? Oder Demenz? „Nööö..“

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