Wegen der
WG Besprechung brauch Tamsin heute nicht in die Maßnahme kommen. Sie grübelt
über das „Warum?“ nach. Vielleicht machen die einen Ausflug und wenn Tamsin um
9 Uhr da ist, wäre es zu spät. Vielleicht nehmen sie auch Rücksicht auf Tamsin,
die von allem sichtlich gestresst ist und dies auch zugibt. Oder sie haben
keine Lust auf Tamsins Gejammer.
- Später offenbart sich
ihr dann die Erkenntnis:
Tamsin hatte noch einen Therapie Termin, den
sie im Eifer des Stress’s ganz vergessen hatte.
Tamsin
nutzt die Zeit zum Einkaufen. Das erste Mal in ihrem Leben geht sie ohne Eltern
– wenn auch in Begleitung einer Betreuerin - in einen Supermarkt, um sich
Lebensmittel zu kaufen. Als Kind war sie oft alleine zum Kiosk, um sich Naschis
zu kaufen. Seit der Kiosk dann dichtgemacht hatte, war es damit vorbei.
Tamsin
kauft sich Nuggets. Sie fühlt, wie ihr Stresspegel steigt, während sie nach
Obst sucht, ein Brötchen einpackt und überlegt, was sie noch essen könnte. Sie
will nicht jeden Tag Nudelbecher essen, und so wagt sie sich nach dem Einkauf
an den Ofen. Wenn ihr Dad das kann, kann sie es auch, denkt sie, während sie überlegt,
wie sie vorgehen soll.
Letztlich
dauerte es länger, als auf der Packung angegeben. Tamsin findet keine
Handschuhe und kämpft sich mit dem Backpapier ab, dass danach aus dem Ofen raus
muss. „Ich habe mich verbrannt, die Nuggets waren weich und mir war übel!“
Tamsin
hat keinen Appetit mehr, geht in die Küche, um den Rest zu entsorgen. Geht
wieder zurück, weil im Eimer keine Tüte ist und sie nicht weiß, wo die
aufzufinden sind. Entsorgt die letzten zwei Stücke im Klo. Bringt den Teller
weg. Gähnt.
Für sie ist das Stress. Ein
Stress, den sie sich, wenn sie abends aus der Maßnahme kommt, nicht antun mag.
Ihre Freude über den mäßigen Erfolg schwindet. „Wie soll es nur weitergehen!?“
Draußen ist es warm, doch Tamsin
sitzt alleine drinnen. Sie könnte in die Stadt gehen. Aber was soll sie dort,
alleine?
„Wenn ich eine Klinik
aufsuche, werde ich danach als anderer Mensch wiederkommen?“ Einige meinen, ja,
es hilft! Tamsin hat Angst davor. „Werde ich mein Buch dann weiterschreiben
dürfen? Und was passiert mit meinem Klee? Muss ich da alles essen, was die mir
vorsetzen?“ Ihre Sorgen sind seltsam.
Ebenso groß ist die Sorge, dem
Schicksal der Einsamkeit zu erliegen. Niemals selbstständig zu leben. Immer mit
Panik einkaufen zu gehen. …
+++
> „Was
war besonders schön an diesem Tag?“
Wetter
> „Wie
fühlst du dich?“
OK
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