Am
frühen Morgen fühlte Tamsin sich so sehr voller Energie und Euphorie, dass sie
vor dem Aufbruch in die TS nicht mal TV gesehen hat, was sie eigentlich sonst
immer tut! „Hatte nicht die Ruhe, still vor dem Fernseher zu sitzen. Habe
geduscht und PS Sachen gemacht.“
Auf
Rat ihrer Mom hat sie ihr Toastbrot eingefroren. Heute wollte sie etwas davon
auftauen. Aber die Scheiben klebten so sehr zusammen, dass sie nicht in den
Toaster passten! Tamsin hat sie dann daraufgelegt,
aber sie wollten nicht auftauen und sich trennen lassen. Genervt dreht sie sie
um, wartet. Drückt sie auseinander. Sie zerbrechen und ein Teil fällt in den
Toaster. Lässt sich nichtmehr rausholen. Egal. Wütend toastet Tamsin das, was
zu toasten geht und isst die dickere Hälfte. Satt wurde sie nicht. Egal.
Zur
TS nimmt sie ein Croissant mit. Will es dort toasten. Aber der Toaster dort ist
sehr schmutzig. Sie mag ihn kaum anfassen, weil sie keine Lust hat, danach
nochmal Händewaschen zu gehen. Das Gitter zum Drauflegen lässt sich nicht
hochklappen und der aus Holz selbstgebastelte Hebel bleibt auch nicht unten.
Mh! Wenigstens wurde es einigermaßen heiß.
Nach
dem essen hieß es: Heute ist Gartengruppe, da diese gestern wegen des Regens
ausgefallen war. Tamsins gute Stimmung schwand. Vor allem, weil sie es
ungerecht fand, dass einige drinnen bleiben und basteln durften, während andere
– Tamsin - im Garten arbeiten musste! „Ich
hasse diese ständigen Ungerechtigkeiten.“
Zwar
war das Unkraut entfernen aus dem Hochbeet nicht schlimm, dennoch taten ihr
nach einer Stunde die Beine weh. „Es hat mich geärgert, dass beim Rasenmähen
immer direkt die Männer angesprochen werden. Als ob eine Frau wie ich sowas
nicht kann!“
Andere
haben zwischendurch Pause gemacht. Sich hingesetzt. Geraucht. Tamsin hatte
Angst, sich kurz auszuruhen. Würde die Betreuerin gerade in dem Moment nach ihr
schauen, würde die denken, dass Tamsin die ganze Zeit nur am Rumsitzen wäre. „Dies
war wieder einer dieser Momente, in denen ich meine Existenz gehasst habe.
Ständig solche Ängste und ständig nu das tun zu müssen, was andere mir erlauben
oder verlangen.“
Als
Tamsin gesagt wurde, sie könne den Eimer ausleeren, hatte sie Sorge, eine neue
Aufgabe zu bekommen, bei der sie sich viel Bücken müsse. Sie hatte langsam und
gewissenhaft gearbeitet, um sowas zu vermeiden. „Sollte die Sachen wegbringen.
Wusste nicht, was ich danach tun sollte. Habe mich hingesetzt.“ Das war ok.
Danach
war erstmal Schluss.
Bei
den anderen wollte sie nicht draußen sitzen, weil die ständig rauchen. Tamsin
hat auch keine Lust, ständig Stühle hin und wieder zurückzustellen. Daher ist
sie reingegangen, um zu schreiben.
Tamsin
traut sich nicht mal mehr, in der Pause etwas zu essen, weil sie Angst hat,
dass dann wieder geschimpft wird, dass sie zu ihren eigenen Zeiten isst und
nicht dann, wann alle essen. „Ich essen schnell, wenn niemand hinsieht.“ Auch
Zuhause hatte sie kurz Angst, etwas zu kochen, aus Sorge, die Betreuerin würde dann
schimpfen, dass Tamsin nicht in der TS gegessen hat.
Nächten
Montag kocht Tamsin Milchreis. Nach der Info, dass heute Gartenarbeit auf dem
Plan steht, was sie ein wenig bedrückt, sodass sie sich nur schwer konzentrieren
konnte. „Ich war ruhig und unsicher. Für die anderen mochte es so ausgesehen
haben, als wäre das meine ganz normale, persönliche Angst.“ Niemand weiß, wie
die künstlich herbeigeführten Stimmungsschwankungen die belasten, geschweige
denn, dass gegebene Anweisungen Tamsins Realität verändern. Sie schafft es, zu
verdrängen. Die Wirklichkeit auszublenden. In Gedanken zu versinken.
„Manchmal
möchte ich weinen. Nur ein bisschen.“ Tamsin möchte lachen, doch worüber? Sie
wünscht sich, es gäbe mehr Dinge in ihrem Leben, die ihr Freude bereiten.
„Ich
glaube zu merken, die negative Pflichten mich verändern.“ Einerseits gut, denn
so lange Tamsin nicht hundert pro seelisch gesund ist, kann das JC nicht von
ihr verlangen, dass sie in Vollzeit 8St. Tägl. In einer Spülküche arbeitet.
Das
Negative daran ist, dass es ihr damit auch nicht möglich wäre, in Teilzeit eine
Bürotätigkeit auszuüben. Das würde sie gerne. Aber das könnte sie wahrscheinlich
ohnehin nicht, da ihr niemand sowas zutraut. Wenn, dann heißt es immer nur
Teller waschen, WCs putzen oder Kartoffeln schälen. „Mehr kann ich wohl nicht.“
Am
Abend kommen die Eltern. Heute ist Maifeier. Das Beste daran ist die Pizza, die
Tamsin dann bekommt. Vom Hafen schmeckt die immer besonders gut. Alleine traut
sie sich nicht, sich eine rauszuholen. Zudem sind 7 € ihr zu teuer, doch ihr
Dad lädt sie gerne ein.
Das
Feuer ist nichtmehr so spannend, wie früher. Als Kind hatte sie bei sowas viel
Spaß.
Ihre
Eltern empfinden das ebenfalls so. Der Pizzaladen hat komischerweise heute
geschlossen. Letztlich wurde beschlossen, in einem griechischen Restaurant essen
zu gehen. Dann gibt es für alle was zu essen. Und es ist besser als irgendwo
rum zu stehen und ein Feuer anzugucken. Zudem unklar war, wo und ob das Feuer
stattfand und waren. Die Lust, stundenlang zu warten bis das angesteckt wird,
war sehr gering.
Anstatt
Nudeln hat sie Hähnchenfleisch gegessen. Es war ziemlich salzig, hat aber gut
geschmeckt. Danach ging es nach Hause. Trotz der Müdigkeit konnte sie erst zwei
Stunden später einschlafen.