Dienstag, 19. März 2019

Klee Kissen nähen


Tamsin fühlt sich immer noch müde und schwach. Hat Kopfweh. Sie denkt daran, dass es zurzeit keine Menschen gibt die sie zwingen, Dinge zu tun, die sie nicht mag. Und dass sie vor 14Uhr täglich Zuhause ist. Aber dadurch kann sie sich nicht erheitern. Sie hat Sorgen, dass sich dies irgendwann wieder ins Gegenteil umkehren wird. Vielleicht sind es diese Sorgen, die sie so sehr erschöpfen?

Heute will sie ihr Klee Kissen nähen. Vorher sitzt sie im Nebenraum alleine und ärgert sich über ihr langsames Internet von Handy. Nicht mal ein Word Dokument lässt sich herunterladen. Vorhin gab es Brezeln mit Fleisch und Käse gebacken. Tamsin mag sie nicht mit Fleisch. Warum hätten die nicht auf welche ganz normalbacken können? Nun, die freuen sich, dass mehr für sie da ist, wenn Tamsin keine isst. Das macht sie traurig. Sie hat Hunger.

Während Tamsin in der Pause dasitzt und es genießt, keine unangenehmen Pflichten zu haben, schweift ihr Blick über die Puzzles, die angefangen auf dem Tisch liegen. Unwillkürlich kommt ihr der Gedanke, einfach mal ein Teil davon zu verstecken. Als Kind hat sie gerne derartige Streiche gespielt. Und heute denkt sie immer noch an so ewtas. „Mir geht’s immer schlecht. Bin einsam und traurig. Die anderen lachen und unterhalten sich heiter. Wenn die trauriger wären, als ich, fühle ich mich besser.“
Aber die Leute haben ihr nichts Böses getan. Wenn jemand gemein zu ihr wäre oder sie zum weinen bringt, dann würde sie bei so etwas Genugtuung empfinden. Aber nette Leute würde sie nicht grundlos ärgern.
Abgesehen davon, dass wieder kaum jemand mit ihr spricht, versucht Tamsin, das Positive zu sehen. Hier kann sie basteln was sie will. Im Mai wird ihr Fahrrad geliefert und jemand von hier will es zusammenbauen.

Heute hat Tamsin ihr Kissen fast fertig genäht. Das war ihr Ziel, weil sie keine Lust hat, jedes Mal immer wieder die Maschine auf und wieder abzubauen. Das ist überflüssig, da an dem Platz sowieso sonst niemand sitzt. Aber es muss sein, weil ja immer alles schön aufgeräumt sein muss!

 Das Nähen hat Spaß gemacht. Auch wenn ihr der Rücken irgendwann wehtat. Eine schöne Beschäftigung, bei der die zeit schnell verging. Tamsin weiß echt nicht, wie sie damit umgehen soll, wenn das Jobcenter wieder sagen sowas würde, wie dass sie früh mit dem Schulbus in eine Maßnahme fahren und in Vollzeit Kassentätigkeiten oder Ähnliches ausführen muss. Die Angst lässt sich nicht vertreiben.
Tamsin mag es, zuhause zu kochen und ist über diesen eigenen Beschluss erleichtert. Sie muss nicht in der TS mitessen und dann die Teller von allen in die Maschine räumen. Essensreste an den Fingern kleben zu haben ekelt sie. Danach kann sie die Hände waschen, aber das macht es nicht viel besser. Das sollte sie hier aber besser niemandem sagen. Schlimmstenfalls sagen die dann, Tamsin soll es öfter machen, um es zu lernen oder sich daran zu gewöhnen.
Sowas würde sie sehr wütend machen. Und letztes müsste sie sich sowieso wieder den höheren Anweisungen fügen.

Bald ist wieder Ostern. Dann fängt das mit dem osterbasteln wieder an.

Beim Essen, wo es Flammkuchen gab, den sie aufgrund der vielen zwiebeln nicht mitgegessen hat, ist ihr aufgefallen, dass diesmal nicht die Köche die Teller einsammeln mussten. Komisch. Als Tamsin gekocht hat, musste sie auch die Teller einsammeln. Bei den wenigen Malen, wo sie mit isst, musste sie auch oft die Teller einsammeln. Hat es damit zu tun, dass sie immer am Ende des Tisches sitzt? Hm.

Naja, wenn sie nicht mit isst, muss sie sich damit auch nicht beschäftigen. Fertig. „Allerdings ist es Schade, dass ich auch leckere Sachen aufgrund dieser Sorgen nicht mehr mitessen kann.“
Heute ist das Wetter schön. Die Sonne scheint, auch wenn es noch etwas kalt ist. Der Rest des Tages soll wieder schön entspannt werden.

Tamsin unüberlegt, eine Xbox zu kaufen. Ist war auch schon über 10 Jahre alt, aber sie will etwas haben, wo sie die Spiele drauf installieren kann und nicht alle einzeln teuer kaufen muss. Ganz aktuelle Spiele kosten über 70€.

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