Montag, 25. März 2019

Laubfegen. Ok.

Tamsin kann nicht erholt ausschlafen. Fühlt sich müde und schwach. Wenig begeistert ist sie über die Gartengruppe. Obwohl die Sonne scheint, ist es kalt.
Während der Morgenrunde blättert sie durch Werbung. Dies lenkt ab, denn öfters findet sie es anstrengend, nur still daneben zu sitzen ohne jegliche Beschäftigung, während die anderen essen oder sich unterhalten. Zu selten wird sie in die Gespräche mit einbezogen, als dass sie Freude bei empfinden könnte.
Zunächst war sie froh, dass sie noch eine Stunde Zeit hätte, sich auszuruhen, bis sie in den Garten muss.
Bis sie plötzlich aufgerufen und hinkommen sollte, um sich eine Aufgabe zu suchen. „Ich war ein wenig unzufrieden, dass es unerwartet früh losging, auch wenn die Bewegung mir letztlich gutgetan hat.“ Tamsin hat berechnet, dass es höchstens 1,5 Stunden wären, wenn es wie üblich um 10:30 losgeht. 

Tamsin hat beschlossen, dass es zwecklos wäre, sich darüber zu beklagen, dass sie draußen Laubfegen sollte, während andere drinnen Saat einpflanzen durften. Es hätte es nix geändert.
Stattdessen war sie froh darüber, dass sie wenigstens nichts machen musste, wobei sie sich ununterbrochen bücken musste. „Ich habe das Laub am Rande zusammengefegt. Auch das hinter dem Kompostbehälter und der Hecke, hinter der man es, sobald die Blätter an den Ästen nachgewachsen sind, sowieso nichtmehr gesehen hätte.“ Das war die Anweisung. Ok.
Dabei hat sie nicht auf Schnelligkeit geachtet. Ab und zu hat sie besonders entspannt gearbeitet, denn Tamsin hatte Angst, dass ihr sobald sie damit fertig wäre, eine neue Aufgabe zugeteilt werden würde. Eine bei der sie sich viel Bücken oder schwer tragen müsste. Das würde sie zwar schaffen, jedoch ist sie nicht sehr motiviert und derartiges erinnert sie an alte Zeiten, in denen sie ständig Sachen tun musste, die sie nicht mag.

„Zwischendurch findet, der Mann, der derweil das Beet umgräbt, Kartoffeln. Er wirft sie zu mir, damit ich sie einsammle und in einen Eimer tue. Da kam auch schon die Frau mit einem Eimer. Anstatt die Kartoffeln selbst in den Eimer zu werfen, wirft er sie weiterhin an den Rand, wo daraufhin die andere Frau sie einsammelte, während ich weiter am Laubhaken war.“

Einig Rauchen zwischendurch. Aber Tamsin traut sich nicht, eine Pause einzulegen. Sie hat Angst, dass gerade in dem Moment die Betreuerin oder jemand anderes aus dem Fenster schauen und dann denken würde: Tasmin steht die ganze Zeit nur faul rum und tut nix.
So wie es in Schulzeiten schon. „Als wir die Klasse aufräumen mussten, habe ich zB. Irgendwas weggeräumt. Die Lehrerin hatte gerade weggeschaut. Dann war ich fertig und habe mich hingesetzt. Genau dann schaut die Lehrerin zu mir. Kommt. Meint, ich würde nur dasitzen und nix tun.“

Tasmin arbeitet so lange weiter, bis der Mann ihr sagt, dass sie aufhören kann. Sie traute sich nämlich nicht, auf die Uhr zu schauen. Dazu müsste sie das Handy aus der Tasche nehmen, und bei ihrem ewigen Unglück würde genau in dem Moment die Betreuerin um die Ecke gucken und denken, Tamsin würde die ganze Zeit nur mit dem Handy spielen anstatt zu arbeiten.
Also lässt sie es bleiben. Alle anderen saßen auch schon wieder drinnen, als sie kam. Tamsin hat ein wenig Sorge, dass die Betreuerin dann fragt, warum sie schon aufgehört hat, denn es war ja noch recht früh.
Aber dies geschah nicht.
Und die Müdigkeit war auch weg.
Später sagte die Betreuerin, dass es gut war was Tamsin gemacht hat. Dass sie das Laub auf einen Haufen gelegt hat. Tamsin denkt etwas später, dass sie nicht begeistert davon ist, dass alle anderen selbst entscheiden wann sie schluss machen und auch hauptsächlich, was Sie machen möchten, ihr aber eine Arbeit zugeteilt wurde und sie so lange weiter gemacht hat oder machen musste, bis irgendjemand etwas diesbezüglich zu ihr sagt.

Während sie auf dem Sofa sitzt und sich ausruht, beobachtet sie wie der Frau, die soeben Teller und Besteck reinbrachte, eine Gabel runter auf dem Boden fällt. Zu sich selbst sagte sie, die kommt in die Spülmaschine, legt an die Seite und stellt noch etwas ab. Dann nimmt siede Gabel mit in die Küche.

Tamsin grübelt über ihre Sorgen nach und überlegt, ob die die jemandem erzählen soll. Essen. Anruf. Aber was soll das schon bringen…

Die Gruppe sitzt im Nebenraum beim Puzzeln. Alle lachen und unterhalten sich. Tamsin hat nix zu lachen.

Tamsin wird sich heute Kabeljau braten. Die WG kocht montags immer, weshalb sie davon ausgeht, dass Küche und Pfanne heute auf jeden Fall frei sein werden, da die meisten dann schon alle gegessen haben. Als sie damals noch selbst jede Woche mitkochen durfte, hat sie alles mitgegessen. Teilweise konnte sie auch mitbestimmen, was es gab. Das hat ihr geholfen.
Das war anders, als in der TS etwas zu bestellen bzw. mitzuessen, was sie nicht kennt und nicht weiß, was drinnen ist oder wie es zubereitet wurde. „Ich finde es immer schrecklich, wenn man irgendwo essen soll und dann nur ein Gericht zur Auswahl hat.“ Wenn das dann meistens etwas ist, was Tamsin nicht gerne mag.

Es ärgert sie, dass auch diese „Ferienfreizeit“, die von der TS aus im Sommer stattfindet, so wenig erheiternde Eigenschaften hat.
Tamsin hätte sich auf eine richtige Reise gefreut! Nicht auf sowas wie eine Klassenfahrt, wo man nichts selbst bestimmen darf; wahrscheinlich nicht mal das eigene Essen. „Würde gerne mal in einem Hotel schlafen. In einer Wanne baden. Am Pool sitzen und entspannen und jeden Tag im Restaurant essen.“
Das schlimmste ist, dass Tamsin nicht einmal jemandem zum Reden hätte und ganz auf sich alleingestellt wäre.

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