Dienstag, 28. Mai 2019

Frustriert wegen längeren Freitagen


An diesem Tag war Tamsin glücklich und hat viel gelacht. Zudem war Schreibgruppe, in der jeder etwas schreiben konnte, was dann vorgelesen wurde. Vielleicht gefällt ihr dies so sehr, weil sie dabei Aufmerksamkeit du Anerkennung für etwas bekommt, was sie selbst erstellt hat.

Zuvor hatte sie ein Gespräch mit der TS Betreuerin wegen den Freitagen. Tamsin nervt es, dass sie an diesen Tagen bis 14 Uhr bleiben soll. Nach der Abschlussrunde passiert nix mehr. Zeit absitzen, während die anderen Werbung lesen, nur, weil es Schöner sein soll, wenn alle gemeinsam Schluss haben. Wobei es auch Leute gibt, die dennoch früher gehen. Aber das sind „Ausnahmen“.
Gerade dann nach 14h, wenn Tamsin zuhause ist, geht Frau S. meistens in die Küche zum Kochen. Tamsin soll das abklären mit der und sich nicht so viele Sorgen machen, dass sie nicht essen oder kochen kann, wenn sie hungrig zuhause angekommen ist.
Als ob das so einfach ist!
Ja, das ärgert sie.
Versucht, etwas Positives zu sehen. Will Freitage nicht hassen, nur, weil sie 30 min. länger bleiben muss. 

Nun ja. Nach dem Schreiben denkt sie über das Gespräch du die Freitage nach. Ihre Stimmung kippt um. Gerade noch heiter, nun den Tränen nahe. „Bin alleine hier sitzen geblieben. Wollte nicht aufs Sofa zu den anderen, weil die mich nicht weinen sehen sollten – falls es dazu käme.

„Ich bin wütend. Verzweifelt.“
Tamsin denkt, dass solche Situationen sie verändern. „Ich fühle mich seltsam. Ich starre auf einen Punkt vor mir, bemüht, nicht zu weinen. Meine Gedanken sind leer. Höre Geräusche, aber nehme sie nicht wirklich wahr. Es dauert, bis ich den Verstand und die Beherrschung über mich wiedergewinne… Blinzeln kann. Mich wieder bewege.“ Immer in solchen Situationen, wenn etwas gegen ihren Willen geschieht. „Ich bin Erwachsen. Ich sollte komplett selbst über mein Leben bestimmen dürfen.“

Tamsin versucht das Positive daran zu sehen. Selbst nach halb3 ist der Tag noch lang. Besser als um halb5 Zuhause zu sein! Ja es könnte schlimmer sein.
„Wenn sich mein Verhalten unkontrollierbar verändert, ich mich so sehr in unangenehme Situationen hineinsteigere, dass ich nicht mehr ich selbst bin, hat das auch etwas Gutes. Meine größte Lebensangst ist es, dass ich eines Tages einen Job machen muss, der mir nicht gefällt und wo ich in Vollzeit täglich erst nach 16 oder 17 Uhr zuhause bin, dann schon um 18 oder 19 Uhr schlafen muss, weil ich auch so früh aufstehen muss. In einer Fabrik oder lauten Küche stehen… den ganzen Tag…“ Wenn Tamsin nicht ihr Wunschleben haben und in einem Büro arbeiten darf, will sie lieber ihr Leben in Psychologischen Einrichtungen verbringen, als zu tun, was sie hasst, nur, weil andere das verlangen!

Was kann Tamsin dafür, dass sie einen schlechten Schulabschluss hat, weil die anderen Kinder sie immer geärgert und die Lehrer sie nie richtig um sie gekümmert hatten? Aufgaben wurden nicht gut erklärt. Hat sie eine Aufgabe falsch gemacht oder nicht erledigt, weil sie sie nicht verstanden hat, gab es eine schlechte Zensur. Damit hatte es sich dann erledigt.
Muss sie dafür ein Leben lang bestraft werden, indem sie in einer Spülküche oder Ähnliches arbeiten muss, weil ihre Qualifikation für einen Bürojob nicht ausreicht?

Der Abend an diesem Tag verlief äußerst tränenreich. “Den ganzen Frust, Wut und Verzweiflung brachte über mich zusammen. Ich konnte nicht mehr aufhören zu weinen. Absolut nicht. Da war diese Machtlosigkeit. Das Gefühl total hilflos und am Ende zu sein. Ich kann und darf nur tun, was andere wollen. Dann ist alles gut. Wie ich mich dabei fühle ist egal. Das war schon immer so und wird immer so bleiben. Bis um 22 Uhr war ich wach, weil ich nicht einschlafen konnte. Die Gedanken kamen immer wieder. Meine Probleme sind egal und ich muss einfach tun was andere wollen. Irgendwie einen Weg finden. Dann war da auch noch die Sache mit der Einsamkeit. Dave ist real. Er ist zwar ruhig und zurückhaltend, aber er will mein Freund sein. Denn noch konnte mich das nicht aufheitern. Ich werde in zwei Monaten 30 und habe das Gefühl, immer noch nichts wirklich Angenehmes erreicht zu haben. Etwas Positives, ja. Ich habe sozusagen eine Wohnung in der ich mich einrichten kann wie ich will und kaufen kann was ich will. Ich bin nicht mehr abhängig von den Eltern. Und auch nicht alleine. Dennoch habe ich keinen richtigen Freundeskreis. Keine Freundin, mit der ich öfters was unternehmen kann. Ich weiß nicht, wie lange das dauern wird oder ob es überhaupt je so sein wird. Damals in der dritten Schulklasse hatte ich eine, aber dann bin ich sitzen geblieben, musste die Klasse wiederholen, und dann war es damit vorbei. Vielleicht wäre es anders und wir werden heute noch befreundet, wenn ich in der Klasse geblieben wäre. Heute zurück gedacht wäre das mir wichtiger als das Schuljahr zu wiederholen und mein Wissen zu erweitern, denn gebracht hat es anscheinend nicht viel. Habe trotzdem ein schlechtes Zeugnis und schlechte Noten. Wenn ich im Internet neue Leute suche werde ich immer nur von Männern angeschrieben. Und davon sind auch nur ganz selten welche dabei, die keine Beziehung und so weitersuchen. Die auch nur normal reden wollen. Und wenn, dann wohnen die so weit weg. Ich habe das Gefühl, dass alles nicht auf die Reihe zu kriegen. Es überfordert mich, und irgendwann ist mir alles egal. Heute kam dieser Punkt Wieder.“

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