Donnerstag, 11. Juli 2019

Status


Es ist Abend und ich bin noch wach und kann nicht schlafen. Mache mir Sorgen über mein Geburtstag. Ist bald. Ich werde 30. Ich bin nicht alt aber ich fühle mich dann irgendwie alt. Ich bin alt und habe noch nichts richtiges erreicht. 

Das einzig beste was ich erreicht habe ist der Auszug. Ein bisschen Selbständigkeit.
Aber ich habe immer noch keine Freunde. Außer einen. Ich habe keine Arbeit und die Aussicht darauf wie das sein wird ist auch noch nicht eindeutig. Noch immer ist es nicht vollkommen ausgeschlossen, dass irgendwann irgendjemand bestimmt, dass ich in Vollzeit als Küchenhilfe arbeiten muss. Oder als Putzfrau. Oder Akkord in einer Fabrik. Davor habe ich noch Angst.
Dave würden gerne mit mir in eine Wohnung ziehen. An die Stelle zu kommen, wo jemand sowas sagt, ist schwierig und ich habe diesen Moment erreicht. Selbst wenn das mit der Wohnung vielleicht noch etwas dauern könnte.

Es fällt mir leichter mit Menschen zu sprechen, auf Fragen in Sätzen zu antworten und gegen Fragen zu stellen. Z.b. beim Arzt. Ich antworte nicht grundsätzlich immer mit Ja oder Nein, so wie früher.
Manchmal schaffe ich es in der Tagesstätte Gespräche zu führen. Mich mit Person zu unterhalten. Wenn auch nur mit wenigen und auch nur selten. Aber besser als gar nichts.
Ich habe keine Angst beim Einkaufen und auch nicht, wenn ich durch die Stadt gehe oder mit dem Fahrrad fahre.
Ich fange an, für mein Willen einzustehen. Wenn ich zu irgendwas keine Lust habe, will ich das auch ehrlich zugeben können, ohne mich dafür schämen zu müssen.
Zur Zeit habe ich keine körperlichen Probleme. Keine Schmerzen irgendwo. Ja mein Zahn oben links mit der Füllung macht mir Sorgen, ich kaufe harte Sachen nur auf der rechten Seite, weil ich Angst habe, dass die Füllung irgendwann weg bricht und der Zahn dort wieder scharf wird. Und dann riecht kein Zahnarzt das wieder so hin wie es vorher war, dass die Zunge nicht an dem Zahn kratzt und das ist beängstigend. Es hat damals fast ein Jahr gedauert, bis die mich schmerzfrei hingekriegt haben.
Vor einigen Jahren hatte ich mir geschworen, etwas Dummes zu tun, wenn ich mit 30 Jahren noch in meinem Kinderzimmer leben würde. Nun bin ich schon seit eineinhalb Jahren nicht mehr du hast, das sollte doch ein Beweis der Besserung sein. Es geht bergauf. Allerdings zu langsam für mich.
Das Arbeitsamt beschäftigt sich mit meinen Problemen. Diagnose läuft. Die wissen, dass Teilzeit mir besser tut als Vollzeit.
Dave will mein Freund sein und ich muss zumindest keine Angst haben, den Rest des Lebens einsam und allein zu verbringen.
Ängste und Sprachbarrieren werden weniger.
Ich habe gelernt einige Gerichte zu kochen. Richtige Gerichte die auch gesund sind.

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