Man kann für Gerechtigkeit kämpfen. Aber
wenn das nicht funktioniert, kann man Gerechtigkeit auch erzwingen. Eine Frau
in der WG tut ihre Wäsche immer schon vor 8 Uhr am Wochenende waschen.
Eigentlich dürfen die Geräte erst ab 9 Uhr eingeschaltet werden. Ich hatte mich
schon oft darüber beschwert und an der Tür klebt auch ein Zettel mit der
Uhrzeit. Aber das kümmert sie nicht und sie wäscht ihre Wäsche weiterhin schon
vor 8 Uhr. Die Maschine ist zwar nicht laut, so dass ich davon wach werden
würde, immerhin bin ich eh schon viel früher wach, aber diese Tatsache, dass
sie die Regeln bricht und nichts passiert aber, wenn ich mal meine Schuhe
draußen stehen habe und dieser Regelbruch mir sofort verkündet wird, finde ich
ungerecht.
Außerdem nervt es mich, wenn ich um 9 Uhr
pünktlich meine Wäsche wasche, schon ihr Trockner läuft und dass es so laut.
Spätestens dann würde man wach werden. Normalerweise dürfte der Trockner, wenn
Sie die Zeiten einhalten würde erst um 10 Uhr oder später laufen.
Jetzt ist es kurz nach 8 Uhr und ich habe
beschlossen, meine Wäsche jetzt auch zu waschen. Als ich in den Waschraum kam,
stellte ich fest, dass beide Maschinen schon laufen bzw. die eine gelaufen war.
Demnach hat die sogar noch früher und wahrscheinlich schon um 6 Uhr gewaschen.
Ich habe die Tür nicht zugemacht und ein bisschen Lärm gemacht. Nicht mit
Absicht. Aber wenn sich jemand beschweren würde könnte ich es damit erklären,
dass die anderen ja auch so früh waschen und wenn ich von denen geweckt werde,
ist es gerecht, wenn die dann von mir geweckt werden würden. Den von den
anderen werden die ja nicht wach, weil die nicht so extrem viel Lärm machen.
Außerdem bin ich heute früh ein bisschen
gereizt. Diese Tatsache, dass ein anderer Mensch sich heraus nimmt mir
vorzuschreiben zu wollen, was ich esse, ist eine Frechheit. Meine Gefühle
darüber wechseln schnell. Wut, Trauer, Verzweiflung, Wut…
Ich bin froh, dass die Tablette gestern
geholfen hat und das beruhigt mich ein bisschen zu wissen, dass ich im Notfall
immer dadurch einen Ausweg finde, um den negativen Gefühlen nicht gänzlich zu
verfallen. Solange, bis die Situation geklärt ist, muss das funktionieren.
Vielleicht wäre ja ein Wechsel der Betreuerin möglich? Ich gehe nicht davon
aus, dass ich es schaffe, sie dazu zu bringen mich mit dem Thema Essen in Ruhe
zu lassen. Notfalls kann ich mich an den Kostenträger wenden. Damals beim
Einzug wurde gesagt, bei Problemen kann ich da jederzeit hinschreiben. Auch
wenn ich den Menschen seitdem nicht mehr gesehen habe obwohl der eigentlich mal
vorbeikommen sollte.
Habe mir vorgenommen, im Bettenlager heute
eine Luftmatratze zu kaufen, damit auch mal jemand bei mir übernachten kann.
Die Frage ist dann nur, wie das auf zu Pumpen geht mit dem Ventil.
An diesem Samstag habe ich Kartoffeln mit
Kabeljau in Dillsauce gemacht. Den halben Tag lang habe ich auf ein
angekündigtes Paket gewartet. Der zweite blaue Reifen sollte kommen, damit der
morgen auch angebaut werden kann. Aber das Paket kam nicht. Irgendwann bin ich
dann rausgegangen, weil ich noch beim bettenlager eine Luftmatratze kaufen
wollte. Bin mit dem Fahrrad dahingefahren. Ich war zwar ein bisschen nervös,
aber es hat alles geklappt. Die Kartons standen auf einem Regal hoch oben und
zuerst hatte ich sogar gewartet, dass ein Berater kommt und mich anspricht.
Aber als keiner kam habe ich es mir genommen und es auch runter bekommen und
gekauft. Während die Betreuerin nur schimpft, dass ich nicht mich anpasse oder
Sachen drüben in der Gruppe esse die ich nicht essen will, kann ich stolz
darauf sein, dass ich immer mehr Dinge alleine schaffe und Ängste kleiner
werden. Dazu gehört Kommunikation mit fremden Menschen.
Dann war ich wieder zu Hause aber das Paket
war noch nicht gekommen. Es war kein Zettel da. Den Rest des Tages kam es auch
nicht. Komisch. Ich habe dann noch das Fahrrad geputzt und mich mit jemanden im
Internet unterhalten. Wäsche gewaschen und irgendwann kam ein Gewitter.
Im Laufe des Tages musste ich immer wieder
an die Situation mit der Betreuerin am Donnerstag zurückdenken. Allerdings bin
ich nicht der Verzweiflung verfallen, sondern habe Wut dabei gespürt und die
Gedanken beiseitegeschoben. Ich kann stundenlang darüber nachdenken, aber das
würde auch nichts ändern oder helfen, darum lasse ich es lieber sein.
Die Tatsache, dass ich weiß, dass ich das
Recht habe selbst immer mein Essen zu entscheiden, macht mich stark. Ich würde
solchen Personen niemals hörig sein und mich solchen Anweisungen unterwerfen.
Wenn Vorgesetzte wollen, dass ich Toiletten putze oder Teller wasche oder
dreckige Tische abwische, dann mache ich es. Auch wenn es mir nicht gefällt.
Aber zu bestimmen was ich essen soll, das überschreitet eine Grenze.
Es wundert mich selbst, dass meine Stimmung
an diesem Tag so gut war. Ich sehe das Positive. Wie ich mich verändere und
immer mehr erreiche. Die Sache mit dem Fahrrad. Bald ist Urlaub. Dave Will mit
mir Fahrrad fahren und zum Strand und wir wollen ein bisschen was unternehmen.
Er mag die Natur auch gerne.
An Frau Mai will ich nicht denken. Ok, ich
bin jetzt zwar nicht traurig oder depressiv, aber es fällt mir wirklich schwer
über diese Anmaßung der Bevormundung hinwegzukommen. Und das alles mit der
Begründung, dass es mir helfen soll, mehr zur Gruppe dazuzugehören. Dabei tun
die anderen mit mir reden und ich glaube, dass die mich akzeptieren. Ich werde
nicht ausgegrenzt oder gänzlich ignoriert. Es ist schon besser geworden als am
Anfang. Und das, obwohl ich immer noch selten und höchstens einmal in der Woche
dort essen tue. Nein, das hat mit dem Essen überhaupt nichts zu tun. Warum wird
sowas behauptet?
Ich will mich demnächst mal mit der
Wohnungssuche befassen. Auch wenn das nicht einfach werden wird eine zu finden,
ich weiß, dass ich das mit den Besichtigungen schaffen würde.
Hm, es ist spät abends. Das Gewitter hat
sich verzogen. Ich sitze im Bett und kann noch nicht schlafen. In letzter Zeit
bleibe ich ein bisschen länger wach. Ich überlege, ob ich vor dem Gespräch mit
Frau Mai am Mittwoch die beruhigungstropfen nehmen sollte, denn ich bin mir sicher,
dass die mich wieder auf das Essen anspricht und ich will nicht weinen. Ich
will auch nicht verzweifeln. Die Medikamente helfen. Und wenn ich sie erst
danach nehme, dann muss ich wieder auf die Wirkung warten.
Vielleicht kann ich aber auch am Dienstag
irgendwas erreichen.
Ich wüsste nicht, an wen ich mich außer den
Kostenträger sonst noch wenden könnte. Die Betreuer aus der Tagesstätte würden
auch nichts tun. Stehen vielleicht sogar auf ihrer Seite.
Caro kommt mir gerade in den Sinn. Eine alte
Erinnerung an eine alte Klassenkameradin. Wenn ich bei ihr damals war, im Alter
von 12 Jahren, musste ich auch tun was sie wollte. Musste Dinge tun, die mir
nicht gefallen haben. Sie hat mich bedrängt und gezwungen. Frau Mai verhält
sich genauso, will meinen Willen bezwingen und setz mich mit Dingen unter
Druck, die mir nicht gefallen…
ich
fühle mich, als ob die Vergangenheit mich einholt.
Jobb hat dasselbe getan. Er ist damals 2007
und 10 Jahre später erneut. Damals musste ich putzen und in Vollzeit da sein. 2017
war es genauso. Na ja, nicht komplett genauso aber die Verzweiflung und der
Schmerz war identisch.
Ständig wiederholen sich kummervolle
Ereignisse.
Naja, das Thema Vollzeit ist zwar nicht
aktuell, dennoch ist es so, als ob ein Fluch verhindert, dass ich mich frei,
glücklich und unbeschwert fühlen kann. Immer kommt irgendwas Neues, was mir
Kummer bereitet.
Also ich mit 28 Jahren noch bei den Eltern
gewohnt habe, habe ich mich auch wie in einem Gefängnis gefühlt. Ein Gefängnis
aus Angst. Tage, Wochen und Jahre habe ich in diesem Raum verbracht. War
manchmal nur ganz kurz vor der Tür. Essen wurde mir gebracht.
Nun kann ich zwar raus und mich frei fühlen.
Einkaufen und mit Menschen in Kontakt treten. Dennoch fühle ich wieder dieses
vertraute Gefühl von damals, nur ein kleines schwaches unterwürfiges Licht zu
sein, ohne eigenen Willen…
Seit ein paar Tagen fühle ich, dass die
Füllung von meinem Zahn oben links irgendwie wieder anfängt weg zu brechen und
ich Schmerzen an der Zunge habe. Nun habe ich Angst, dass dieses Theater wieder
von vorne losgeht.
Ich frage mich, ob das alles was passiert
Zufall ist, ob ich einfach nur Pech habe oder ob es wirklich so was wie ein
Fluch ist?
Als ich noch bei den Eltern gewohnt habe,
habe ich oft gedacht, der Verlauf meiner Existenz ist eine Strafe für
irgendetwas, was ich in einem früheren Leben getan habe und ich wäre nun in so
etwas, wie eine Hölle gelandet.
Der Gedanke war weg, als ich ausgezogen bin.
Danach habe ich mich nicht mehr so mit Jenseits oder Okkultismus und alles was
zu dem Thema gehört befasst.
Wenn ich an Bqoh zurückdenke, kommen wir
doch die Tränen. In diesem Förderzentrum von 2014 waren die Leute ganz anders
als die Betreuer hier. Wenn jemand etwas nicht wollte oder mochte wurde das mit
einem freundlichen Lächeln akzeptiert. Man musste nichts begründen und das
wurde nichts hinterfragt. Selbst wenn man irgendwelche Aufgaben nicht mochte
wurde das akzeptiert, weil es nicht Gefiel oder zu anstrengend war.
So etwas geht Motivation, ist er noch zu
versuchen und durchzuhalten. Damit funktioniert das viel besser als mit Druck
und Zwang.
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