Montag, 18. Februar 2019

Moderne Normalitäten

Tamsin guckt jeden Morgen nach dem Aufstehen eine Frauenknast Serie. Inzwischen ist sie bei Staffel 15. Es ist schade, wenn es bald zu Ende ist aber auch gut, weil danach etwas neues kommt. Sie hat so viele Serien und kann sich gar nicht entscheiden. Der neue traut sie sich nicht so oft dran, weil sie da meistens enttäuscht wird. Es ist echt schwierig eine neue gute Serie zu finden, die so interessant ist, dass man sie auch bis zum Ende sehen will. Wenn die erste Folge langweilig ist, schaut sie sich den Rest erst gar nicht an. Und sie mag es auch nicht, sich ständig nur erste Folgen von Serien anzuschauen und dann doch wieder enttäuscht zu werden. Deswegen guckt sie lieber direkt die alten noch mal.

Allerdings findet sie die derzeitigen folgen ein bisschen frustrierend. Die Frauen dort müssen im Akkord arbeiten und wenn sie zu langsam sind, wird gemeckert, dass sie schneller arbeiten sollen. Hier ist es nur gespielt für die Serie, aber so etwas gibt es auch in der Realität. “Es macht mich irgendwie wütend, sowas zu sehen. Wenn Menschen gehetzt werden, dass sie schneller arbeiten müssen damit eine bestimmte Stückzahl erreicht wird. Hauptsache die Menge stimmt am Ende, wie es dem Menschen später geht und dass sie erschöpft und gestresst sind, interessiert überhaupt nicht. Die Produktion ist wichtiger als das Wohlergehen der Arbeiter. Ich verstehe nicht, wie es überhaupt Menschen geben kann, die sowas mit sich machen lassen.“
Tamsin würde niemals freiwillig Akkordarbeit machen. Lieber würde sie Pfandflaschen sammeln, egal was die anderen Leute dahin über sie denken. Und sollte sie doch mal aus irgendeinem Grund gezwungen sein, so eine Arbeitsstelle aufzusuchen, würde sie sich nicht abhetzen, nur, weil jemand hinter ihr steht, der Angst hat, dass das Soll nicht erfüllt wird und der Auftraggeber dann unzufrieden ist. Tamsin würde dann ganz normal arbeiten, so gut sie kann. Und wenn das anderen nicht schnell genug geht, dann ist das nicht ihr Problem.

Die Pink Steuer beschäftigt sie ebenfalls zurzeit. Frauen Produkte sind teurer als Produkte für Männer, und das nur, weil die Frauen freiwillig bereit sind, einen höheren Preis zu zahlen. Und das obwohl Frauen in dieser Welt oftmals immer noch weniger verdienen als Männer. Tamsin weigert sich, diese Ungerechtigkeit zu unterstützen. Sie kauft sich keine Frauen Rasierer, nur, weil die Pink sind und darauf steht: für Frauen. Rasierer für Männer sind oft schärfer und langlebiger.  Und günstiger?
Noch immer ärgert Sie am meisten das Thema Friseur. Frauenhaarschnitte mögen aufwändiger sein, trotzdem steht beispielsweise auf der Preisliste immer noch Frauen zahlen 15 €, Männer 11 €.
Das ist diskriminierend. Es ist nicht geregelt, dass auch Männer mit langen Haaren viel weniger bezahlen als z.b. eine Frau mit ganz kurzen Haaren. Nein, die Frau bezahlt trotzdem mehr.
Stattdessen könnte dort auch geschlechtsneutral stehen, Spitzen schneiden 11 €, Stufenschnitt 15 €.

Tamsin wirst dich lieber die Haare von ihrer Mutter schneiden, um so etwas nicht zu unterstützen.

Tamsin fährt etwas später los, weil sie der anderen Frau Mel nicht auf dem weg begegnen will. Allerdings geht die nicht immer zur selben Zeit los, sodass die heute noch nach Tamsin eintraf. Sie ist ihr zwar nicht begegnet, dennoch nervt es Tamsin. Sie will auch nicht ganz früh losfahren und dann so lange in der Ts rumsitzen. Tamsin findet die einfach unsympathisch. Wenn es etwas zu meckern gibt, nimmt die kein Blatt vor den Mund. Jeden Tag trinkt sie eine große Flasche Brause/Cola ohne Zucker… und denkt wahrscheinlich wir die meisten, das wäre gesund. Dabei ist der Alternative Süßstoff noch gefährlicher als Zucker.

Was solls. Tamsin will sich nicht mit dieser Person beschäftigen und lieber lesen. Obwohl, viel Lust hat sie nicht.

Das doofe am nahenden Frühling: in der TS findet wieder die Garten Gruppe statt. Daraus hat sie keine Lust. Findet Garten Arbeit anstrengend. Hat keine Motivation, in Jacke bei noch kühlen Temperaturen draußen zu arbeiten. Der See war wieder zugefroren, so kalt ist es.

Am meisten Angst hat sie davor, sich zwischen 2 oder mehr Dingen entscheiden zu müssen, die sie beide nicht mag. Und keine andere Wahl zu haben...
Heute kann sie ihr Ufo weiter basteln. Gut.

Die anderen freuen sich auf den Garten. Mögen die Aufgaben. Tamsin ist froh und hofft, dass die anderen das schwerste erledigen, sodass sie das nicht machen muss.  Sowas wie Garten Möbel rausschleppen oder Unkraut zupfen, Laub zusammen zu fegen und wegzubekommen…
Vielleicht würde Tamsin das guttun… ein bisschen Bewegung. Sonne. Frische Luft.

Aus dem Fenster sieht sie die paar Leute Draussen, die das freiwillig machen.
Sie unterhalten sich.

Inzwischen wissen wohl alle hier: Tamsin spricht nicht.
Sie traut sich nicht.
Und wird daher nicht mehr beachtet. Keiner versucht ein Gespräch mit ihr zu führen, weil sie glauben oder wissen, dass Tamsin eh nichts sagt. Auch wenn das gar nicht so ist.

Langsam akzeptiert sie es. Alles ist wie immer.

Im Ergo Raum nähen 2 Leute. Ein bisschen. Sie unterhalten sich. Irgendwann geht die eine. Ist fertig mit nähen. Daraufhin fängt die andere auch an aufzuräumen. Geht wo anders hin, zu den Leuten, mit denen sie sich unterhalten kann.
Tamsin bleibt alleine zurück.

Ja, inzwischen versuchen die es erst gar nicht mehr.
Tamsin ist traurig. Dabei gibt sie sich doch Mühe, sofern jemand sie anspricht. Aber irgendwie gelingt es ihr nicht, normal und sympathisch zu sein.

Im Frühling werden wohl alle viel im Garten sitzen. Auf der Schaukel. Oder den Bänken. „Und dann rauchen die und jagen mich damit von einem Ort zum anderen.“, vermutet Tamsin mürrisch. Sofern rauchen da erlaubt ist. „Ich hasse es, wenn es nur wenig Schatten Plätze zum sitzen gibt, ich aber in der Sonne bleiben muss, wenn dort ständig alle rauchen…“

Während sie alleine dasitzt und vor sich hin grübelt, kommt Mel rein. Holt etwas. Tamsin hat Angst, dass die etwas sagt, wenn Tamsin nur so dasitzt und nichts tut. Mh. Sie weiß nicht, was die anderen grade machen. Hört die reden. 

11.30 Uhr
Tamsin bekommt Hunger. Hat sich in der TS nicht zum essen eingetragen, weil es zu den Nudeln mit Gemüse noch Wurst gibt. Sie wusste nicht, ob die grob oder fein sein wird. Die grobe mag sie nicht. Niemand weiß, ob es Soße dazu gibt. Ohne Soße schmeckt das so trocken…. Mh.
Also isst sie heute zu Hause. Lasagne? Hmmm! 




😞😞😞😞
 
„Als ich heute um 17:30 durch das Haus ging, um in dem WG Buch im OG zu lesen und mein Blick auf die Uhr dort fiel, habe ich mich innerlich genauso gefühlt, wie JOBB 2007 .
Ja, hier wohne ich, ertrage keine Schmerzen und alles ist gut. Aber dieses spezielle Gefühl in diesem kurzen Augenblick war dasselbe wie damals, als ich beim Putzen alleine mit dem Besen durch die Einrichtung marschiert bin.
Dieses unwirkliche Gefühl...
Es ist Abend. Der Tag ist vorüber. Ich bin noch in der Einrichtung; ein fremder Ort, in dem ich mein Leben verbringe, meine Zeit – und doch ist es nicht mein Zuhause. Alle Aufgaben erledigt. Bin alleine auf dem Flur. Kann trödeln. Muss nicht hetzen. Könnte mich auf eine Bank setzen, um meine brennenden Füße zu entlasten, traue mich aber nicht, weil die Anleiterin dann ausrastet, wenn die mich sitzen sehen würde. Seit 8:00 bin ich auf den Beinen. Putzen, Wischen, Räumen… Den ganzen Tag. Jeden Tag das gleiche. Aua, mein Rücken. Kann nicht mehr gerade gehen. Hm. Nun ist es 17:30. Gleich ist Feierabend. Es ist irgendwie angenehm. Erleichternd. Gleich bin ich zuhause. 2-3Stunden habe ich dann noch für mich. Kann tun, was ich will, doch ich bin zu müde. Endlich essen. Ausruhen. Schlafen.
Irgendwie macht mich dieses Gefühl, mit dem diese Erinnerungen wiederhochkommen, nervös und ich versuche, es zu vergessen.
Das ist schwierig.
Plötzlich kommen Tränen. Vollkommen Grundlos…“

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