Tamsin hat keine Motivation. Keine Lust
in die Tagesstätte zu fahren. Keine Lust, dort ihr Raumschiff weiter zu
basteln. Es ist nicht perfekt geworden und das gefällt ihr nicht. Aber sie hat
auch keine Lust im Bett zu bleiben oder vor dem Fernseher zu sitzen. Sowas
traut sie sich auch nicht. Sie ist sehr pflichtbewusst Komma wobei es
eigentlich hauptsächlich die Angst vor negativen Auswirkungen ist, die sie
daran hindert, einfach zu Hause zu bleiben. Wenn sie irgendwo hin muss, dann
geht sie dahin. Wenn andere sagen, was sie tun soll, dann macht sie es. Auch
wenn ihr das nicht gefällt.
Dabei ist es dort gar nicht so schlimm.
Sie weiß selbst nicht, warum sie sich oft so unwohl fühlt. Liegt es wirklich
nur daran, dass die meisten Menschen sie wie Luft behandeln und sie in die
Gruppe nicht mit einbeziehen? Damals im Förderzentrum, als sie an der Kasse
stehen und Toiletten putzen musste, war das war sie zwar unglücklich, aber die
Gruppe dort hatte sie akzeptiert. Dort hatte sie das Gefühl, willkommen zu
sein. Die haben mit ihr geredet und sie nicht ausgeschlossen, weil sie
schüchtern ist. Sie erinnert sich an einige Leute, die sie regelrecht voll
gequatscht haben. ständig. Das war ungewohnt. Aber irgendwie besser als immer
nur schweigen. Oder angeschwiegen zu werden.
Tamsin will nicht traurig sein. Sie
versucht, an positive Dinge zu denken. Sie muss nicht in einen vollgestopften
Schulbus steigen. Sie muss nicht zwei Stunden unterwegs sein und deswegen früh
aufstehen. Sie kann ausschlafen und ist früh zu Hause und hat danach soll zum
Kochen und zum Einkaufen und zum Putzen und zum Fernsehen. Damals hatte sie
sich immer nur für wenige Sachen entscheiden müssen. Meistens nur für eine
Sache. Da sie um 16 Uhr zu Hause war und keine Lust oder Zeit für viele Dinge
hatte. Das ist jetzt anders.
Tamsin hat keinen Grund, um glücklich
zu sein. Die einzigen Gründe, die sie unglücklich machen, erschafft sie sich
ganz selbst, denn anders als im Förderzentrum gibt es hier keine Menschen, die
sie unglücklich machen. So wie Frau Ti damals. Tamsin muss nicht darüber unglücklich
sein, dass kaum jemand mit ihr spricht. Das war sie sonst auch nie.
Gerade ist es 8:37 Uhr. Sie muss los.
Mit dem Fahrrad zur Tagesstätte fahren. Am zugefrorenen See entlang.
Dort hört sie das Raumschiff
weitergebaut. Noch ein bisschen abgeschliffen und angefangen, als anzumalen. In
Silber. Neben den Betreuern hat auch eine andere Person von dort ihre
selbstgeschriebenen Kurzgeschichten gelesen. Tamsin frag, wie sie die fand und
was ihr nicht gefallen hat. Bekommt aber nur die typische Standardantwort, dass
alles toll war. Das ist nicht hilfreich und sie glaubt diese Antwort auch
nicht. Denn es kann nicht alles toll daran gewesen sein. Es kann nicht zu 100%
perfekt sein. Es ist ärgerlich und unglücklich, dass Menschen bei sowas nie
ehrlich sind, weil sie nett sein wollen.
Um zu lernen in Kontakt mit den anderen
Menschen zu treten, hat sie die Aufgabe bekommen, Fragen aufzuschreiben, die
man anderen stellen kann. Das war schwierig und als nächstes sollte sie
aufschreiben, welche Fragen die Leute sich gegenseitig stellen. Das war
einfacher. Denn ihr selbst viel nicht viel ein. Sicher gibt es viele
persönliche Fragen, aber letztlich kommt es auch auf die Situation an was man
sagt oder fragt.
Tamsin hat nicht viel los auf die ganze
Sache. Sie glaubt nicht, dass sich hier irgendwie irgendwas ändern würde, nur
wenn sie den Leuten ein paar Fragen stellt oder ein bisschen mehr redet.
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