„Ich
durchsuche das Internet mal wieder nach einem Gerät das Computer und Handy
vereint. Ein kleiner Laptop, mit Kamera und Telefonfunktion und eine Tastatur.
Das wünsche ich mir schon seit ich es als Kind mal gesehen habe, seit ich einen
Organizer hatte. Davon hatte ich mehrere und ich hatte mindestens einen immer
dabei und mir alle möglichen Dinge darin zu notieren. Auf diese sinnlos. Aber
ich fahre ein Kind und das war mir egal. Doch mittlerweile frage ich mich ob ich
so etwas in diesem Leben überhaupt noch bekommen werde. Solche Geräte gibt es
nicht in Deutschland, weil die Hersteller denken, dass die Menschheit so etwas
nicht braucht, da sie sich ja mit schlechten Smartphones zufriedengibt. Das ist
sehr bedauerlich. Es wäre schön unterwegs an meinem Buch weiter zu arbeiten
können, ohne ein extra Gerät mitschleppen zu müssen. Seit einigen Tagen
überlege ich mir einen mobilen Internetzugang zu besorgen. Ich habe mich immer
dagegen gesträubt, weil mir das mit Volumenbeschränkung und Drosslung zu blöd ist.
Aber etwas Anderes wie eine unbegrenzte Internetflat wie zu Hause wird es wohl
erst in ferner Zukunft geben. Das hängt mit dem unzureichenden Ausbau der
Funkmasten zusammen und den vielen Nutzern, die das Internet zu stark
ausbremsen würden wenn sie alle unbegrenzten Zugang hätten. Der Masse ist
schnelle Geschwindigkeit ebenso wichtig, dass sie dafür viel Geld bezahlen tun.
Ich brauche allerdings Internet unterwegs, um mit Leuten zu schreiben. Ständig
diese Suche nach offenen Netzwerken in der Stadt und der Ärger, wenn ich ein
Stück gehe und außer Reichweite bin, nervt einfach. Also versuche ich es so ein
300 MB Volumen Mist anzuleiern. Kara hat mir den empfohlen. Gut. Solange ich
keinen Vertrag der mich jeden Monat 20 € kostet an der Backe hat soll dir das
erstmal in Ordnung sein.“
Letzte
Nacht hat Tamsin einen Ast in ihrem Bad gefunden. Sie weiß nicht, wie er dahin
gekommen ist. Er steckte beim nächtlichen Toilettengang plötzlich zwischen
ihren Zehen. Es ist undenkbar, dass der sich von der Terrasse unter ihren Schuhen
irgendwie einen Weg durch ihr Gemacht gebahnt hatte. Das hätte sie gemerkt.
Oder? „Langsam beginne ich, an mir selbst zu zweifeln. Ich merke, wie ich mich
verändere. Ich vergesse sehr viel! Letztens im Hansapark wollte ich in die
Bärenhöhle. Ich lief hin – und rannte vorbei, weil ich sie da schon wieder
vergessen hatte.“ Sie glaubt, es liegt an dem Stress und dem ewigen Unglücklich
sein. Denn damals, 2014 bei BQOH wie sie euphorisch und geistig Topfit. Sogar
Mathe hatte ihr Spaß gemacht und sie konnte sogar Bruchrechnen. „Das habe ich
inzwischen alles längst wieder verlernt… vergessen.“
Heute am Dienstag muss Tamsin zum
Frauenarzt. Sie hat Angst vor der Untersuchung und der Erklärung ihrer anderen
beschämenden Probleme. Frau Ti will, dass sie danach noch in die Maßnahme
kommt. Damals hätte sie das so spät nichtmehr gebracht. Aber Frau Ti scheint
Tamsin nicht zu mögen. „Andere brauchen auch so spät nichtmehr zu kommen, dann,
dann, wenn die ersten Teilzeitleute längst schon zuhause sind.“
Tamsin grübelt übers Essen nach. Sie hasst
es, an so langen Tagen Hunger zu haben. „Soll ich jetzt vor dem Arzt noch einen
Nudelbecher essen? Oder reicht mir der Kuchen und das Toast? Wie lange wird der
Tag werden?“
„Ich denke an früher, 2013. Tatsächlich gab
es eine Zeit, da war ich so verzweifelt, dass ich mich sogar nach JOBB 2007
zurückgewünscht habe. Da gab es nur den PC, essen und die Eltern. Und viiiiiel
Langeweile.“
Don gibt nicht auf. „Immer wieder versucht
er es – er will sich mit mir treffen und das mit Übernachtung. Als ich dies in
seiner Wohnung öfters abgelehnt habe, will er nun nach Neustadt kommen und hier
zelten, wenn er schon nicht bei mir pennen
darf. Er hofft, dass ich dann bei ihm im Zelt penne. Ein normales erstes Treffen, das nur ein paar Stunden oder
einen Tag andauert, ist ihm zu kurz.“ Kurz kam ihr der verzweifelte Gedanke,
alles hinzuwerfen, das Harz4, die Maßnahme und die Therapie, um bei ihm
einzuziehen. Er will eine Frau an seiner Seite. Er wäre glücklich. Aber Tamsin
will nicht das Leben ihres Dads führen, der bis zur Rente arbeitslos war und
nur zuhause saß. Ohne Freude zu haben. Ohne jeden Sinn. Dann wäre sie letztlich
genauso unglücklich wie in einem Leben, in dem sie für sich selbst geradesteht,
ihr eigenes Geld bezieht und dafür wieder tun muss, was andere verlangen. Egal
was.
Am Ende war dies ein schöner Tag. „Kara hat
mir das mit dem Internet nochmal erklärt. Es freut sie, dass ich so etwas nun
auch habe. Das wundert mich. Ich stand noch ein bisschen bei ihr im Kiosk, wir
haben das Geld gezählt.“ Damals hat das Tamsin keinen Spaß gemacht, aber nun,
da sie nicht nur die guten, sondern auch die schlechten Alternativen dazu kennt
(Klos putzen, stehen, vor Schmerzen weinen) ist sie dankbar für jede Tätigkeit,
bei der sie keine Schmerzen ertragen muss! Wie öde das auch sein mag.
Das Dumme: „Später haben wir am PC Smoothie
Rezepte rausgesucht, die morgen zubereitet werden sollen. Während die Gruppe am
Ernährungsunterricht teilnimmt, darf ich mit der Putzfrau meine Runde drehen.
Frau Ti meinte: >Wir tun das, um dir zu helfen!<. Ich weiß, wie man
putzt. Wie soll das mir helfen!?“
„Achja. Dann habe ich erfahren, dass Frau Ti
nur noch 2 Wochen bei uns ist. Ich kann nicht leugnen, ungemein erleichtert zu
sein.“ Mit ihr wären dann alle alten Anleiter aus 2017 fort. Tamsin hofft, dass
sich die Maßnahme dann wieder ein bisschen entspannt. Die neuen Anleiter wirken
freundlich. Mitfühlend!?
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