Frisch
ausgeruht erwacht Tamsin mit Tränen in den Augen. Sie hasst ihr Leben, wie es
so geworden ist. Voller Leute, die sie nicht verstehen, bedrängen und alles
noch schwerer machen, als es sein müsste.
Heute
kommt Tamsins Betreuerin in die Maßnahme, um mit Frau Ti zu sprechen. Darüber,
wie es weitergeht und auch über das Dilemma mit den Schmerzen.
Tamsin
hofft, dass alles gutwerden wird.
Tamsin
fürchtet, dass plötzlich alle Leute auf sie einreden - dass die Schmerzen in
den Füßen doch nicht schlimm seien und sie sich daran gewöhnen müsse, oder sich
das alles nur einbildet… Das Tamsin tun muss, was gesagt wird, ob sie will oder
nicht. Dass so das Leben ist. Dass es so normal ist. Und dass es letztlich
keinen Ausweg aus dieser Misere geben wird.
Das
nervigste am Kiosk war das Fegen und Wischen der Tische, weil die Schüler nicht
richtig essen können, ohne die Hälfte um sich herum zu verteilen. „Nun werde
ich immer gerufen, selbst wenn ich heute in der Holzwerkstatt bin, um den Dreck
wegzumachen.“ Tamsin ist de Putze für alles. Nur sie allein.
„Hm.“
Tamsin spürt, wie die Verzweiflung ihre Ängste nährt. Gestern hatte sie es nach
der Maßnahme nicht einmal geschafft, sich aus Edeka ne Butter rauszuholen. Dabei
hatte sie solche Sorgen längst überwunden geglaubt.
Dann
wäre es 4 Wochen, also noch ein ganzer Monat, den sie dies ertragen müsste. Naja,
oder 8 Tage, da sie nur 2x in Vollzeit dort ist. „O, das klingt gar nicht mal
so unerträglich lange.“ Außer es breitet sich auch nach Frau Ti’s Abgang weiter
aus. Dann wären es 12 Tage. Also nicht mal 2 ganze Wochen.
In
4 Wochen hat sie Termine, beim Psychiater und beim Orthopäden. Dazu kommt noch
die Untersuchung in Lübeck mit dem Gespräch. Irgendwann. 3 Chancen, sich von
dem Leid befreien zu lassen. Egal wie. „Einer wird mich schon verstehen.“,
hofft sie. Und falls nicht? Darüber nachzudenken, immer und immer wieder, ist
wie in einem Karussell zu sitzen, das niemals anhält und das sich viel zu
langsam dreht, sodass die Fahrt gar keinen Spaß macht und man froh ist, wenn es
endlich vorbei ist.
„Arbeiten mit Schmerzen ist wie ein Leben
voller Schmerzen.“
Wie
jeden Donnerstag hat sie einen Therapietermin um 9:00. Daher kann sie morgens
noch einen Nudelbecher essen. Und Wäsche waschen. Sie wäscht auch ihre Gothik
Bettwäsche, weil sie die wieder draufhaben will. Dave plant, sich diesen
Samstag mit ihr zu treffen. Dummerweise sind alle Wäscheleinen belegt. Wenn sie
spät nachmittags Heimkommt hat sie nur wenig Zeit und noch weniger Lust, dann noch
zu waschen. Das macht sie daher oft am WE. Heute nutzt sie jedoch die frühe
Freizeit dafür. Dann hat sie später mehr Zeit für sich. „Ich habe es so lange
es geht in den Trockner gelassen. Bis ich los musste. Dann habe ich die noch
halbtrockene Wäsche im Zimmer verteilt.“
Später:
Tamsin
erwartet immer das Schlimmste. Wenn dies nicht eintrifft: Ok. Gut. Wenn es sogar
besser wird: juhu! Freude!
Denn
in dem Gespräch – alle Teilnehmer durften schon nach Hause; Tamsin war allein
im Holzbereich – wurde erläutert, dass die Aufgaben in der Maßnahme doch etwas
zu anspruchsvoll für Tamsin sind. „Ich soll Putzen, um zu lernen das schnell zu
tun, damit ich bei mir zu Hause auch richtig und schnell alles sauber bekommen.“
Tamsin ist irritiert. Das klang, als wäre sie ein Dreckspatz, der sowas nicht
auf die Reihe kriegt. Dabei ist sie das Gegenteil. Keine fremde Wohnung in der
sie je war, war so sauber, wie ihre!
Offenbar
will Frau Ti ihr wirklich nur helfen, jedoch weiß sie nicht genau, welcher Weg
der Richtige ist. Damals hatte ich mich mal über die Küchenarbeit beklagt. Dass
damit nicht jeder Küchentag gemeint war und alle Situationen anders sind, ist
für die Menschen schwer zu begreifen.
Nunja,
es endete damit, dass demnächst neue Maßnahmen ergriffen werden, ihr richtig zu
helfen.
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