Freitag, 13. April 2018

Der Grillabend

Als Tamsin vor einiger Zeit ihren KleeKuchen gebacken hatte, hatte sie Kara zum Kaffee eingeladen. Diese hatte keine Zeit; es war auch ein wenig zu spontan.
Tamsin hatte schon überlegt, einfach aufzugeben. Bis Kara sie diesen Freitag zum Grillen eingeladen hat.
Draußen ist es kalt, aber nicht windig, und trotz einiger Bedenken – Sowas ist ungewohnt – sagte sie zu. Geputzt hat Tamsin schon, mehr geht nicht. „Ich habe alles saubergemacht, falls Dave morgen zu mir kommt.“
Zu viel Fernsehen ist öde; sie möchte raus, braucht Bewegung. Und sie kennt die Menschen. Mag das Essen. Ihr wird nichts Übles passieren. „Den Abend wo anders zu verbringen als vor dem Fernseher im warmen, weichen Bett, ist ungewohnt.“ Doch ihre Serien laufen ihr nicht davon.

Der Grillabend verlief, wie er eben so verlief. „Ich wurde von der Haltestelle abgeholt. Eigentlich sollte ich mit zum Einkaufen, aber der Bus fuhr so spät, dass dies vor meinem Eintreffen erledigt wurde. Nachdem wir einen Salat zubereitet und uns noch ein bisschen bei Kara unterhalten haben, sind wir zu der Schwiegermutter ihres Freundes rübergegangen. Der Grill stand dort auf dem Balkon.“ Tamsin kennt die Frau aus einer alten Maßnahme. Die war ganz nett. Anders als ihr Hund!
„Sobald ich durch die Tür kam, wurde ich von einem knurrenden, bellenden Biest begrüßt, dass mich angesprungen hat.“ Tamsin war erschrocken. Die anderen haben den Hund sofort zurückgeholt, jedoch wurde er nicht weggebracht. Tamsin sollte sich setzen. Das tat sie, obwohl sie fürchtete, er würde ihr gleich in die Wade beißen oder ins Gesicht springen. Seltsamerweise hatte er sich nach einer Weile wirklich beruhigt und Tamsin kaum noch beachtet.

>> „War der Abend nett, Tamsin?“

„Ich kann – nicht - klagen.“ Oder?
Tamsin war umgeben von Kettenrauchern. Puh! Wenigstens bekam sie kein Kopfweh davon. „Man, ich war erleichtert, als die Balkontür geöffnet wurde und der Geruch der Holzkohle das Nikotin ein wenig verdrängte.
Tamsin ist aufgefallen, wie ordentlich sie im Vergleich zu anderen Leuten ist. Regale, Tische, Vitrinen - vollgestopft mit allerlei Krimskrams, Papier und Dekozeug. Das Sofa voller Hundehaare. Sowas gibt’s bei Tamsin nicht. „Aber das ist wohl typisch Normal.“
Das war eine von diesen Wohnungen, wo man erst einmal duschen und die Kleidung gleich mitwaschen muss, sobald man sie wieder verlassen hat. Aber für die Bewohner ist das normal. Die kennen es nicht anders. Die sehen, dass es bei anderen Menschen genauso aussieht und denken sich daher nichts dabei.
Tamsin akzeptiert das. Das Essen hat nichts gekostet und hat gut geschmeckt! „Naja, ein wenig froh war ich schon, als ich wieder daheim war.“ Tamsin wurde sogar nach Hause gefahren! Wow! „Ich fühle mich doch nicht mehr ganz so wertlos, wie sonst. Ich glaube, Kara hat es auch gefreut, dass ich da war.“

Tamsin fühlt sich oft wertlos. Immer, wenn sie Sachen tun muss, die sie nicht mag. Eben, weil sie es immer wieder tun muss. Damals in der Schule. Als Kind bei den Eltern. JOBB 2007. JOBB 2017. Einige Ausnahme ist BQOH 2014. Dort gab es, bis auch zwei Wochen im Küchenbereich, keine elenden Zwangsaufgaben, bei denen sie sich unter die Erde wünscht, einfach nur, um das Gekreische der Schüler nicht länger ertragen zu müssen. Naja, die Kasse dort mochte sie auch nicht, aber da waren ja auch keine Schüler.
Ihr graust es vor nächste Woche. Zwar hat sie vom Arzt Tabletten bekommen, die sie nehmen kann, wenn die Verzweiflung zu stark wird, aber wird es dadurch wirklich besser?

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