Mittwoch, 29. August 2018

Ein Tag bei JOBB

Gestern, als Tamsin nicht da war, war ihre ehemalige Chefin in der Maßnahme zu Besuch. Die ist schonwieder umgezogen. Ca. 4x in 2 Jahren... Kara schien glücklich darüber. Tamsin kümmert das wenig. Die Frau meinte damals, sie freue sich, mit ihr in Kontakt zu bleiben, hat sich seither aber kaum noch gemeldet.  
Auch, dass es mit Kara langsam zu Ende geht, macht sie traurig. Damals war es so schön. Öfters mal Kaffeetrinken beim Bäcker. Kuchen essen. Hm. Niemals wird sie die Freundin, nach der Tamsin sich sehnt. Die sie gerne besucht und etwas mit ihr unternimmt. Aber das wäre auch zu schön gewesen.  

Tamsin muss wohl im Internet weitersuchen. Sie ärgert sich. Nur weil sie mit dieser einen Frau nicht über diesen alten Film chatten wollte, meldet die sich nicht mehr. Dabei hatte sie wegen Tamsins Hobbys zuvor so großes Interesse an ihr bekundet!   

Sie hasst es sich allein zu fühlen, ist anscheinend aber immer noch nicht verzweifelt genug, etwas mit Don anzufangen. Dann wäre sie sofort nicht mehr allein, müsste dann aber auch Dinge tun, die sie nicht mag oder will. Vielleicht wäre das letztlich noch schlimmer. Plötzlich ist er wieder mürrisch, weil sie keine Beziehung will. Dabei schien doch alles gut geklärt gewesen. Aber er ist unzufrieden und fängt immer wieder damit an. Das nervt.  

Bei JOBB: 
Viele trinken morgens Kaffee, aber Tamsin traut sich nicht, einfach aus der Küche einen zu holen. Damals hatte der Geld gekostet, dann nichtmehr und nun weiß sie nicht, wie das ist. Kleingeld hat sie nicht dabei. Die Angst nervt. 
Tamsin und die anderen schreiben heute weiter. Sie sitzt in der letzten Reihe. Alleine. Das ist gut so. Es ist kalt. “Die lüften immer, wegen dem Geruch hier.” Einige Leute sind traurig, wenn sie nicht im Kiosk arbeiten können. Tamsin ist froh, dass sie es nicht muss. Echt!  
Sie freut sich, wenn andere begeistert ihre Geschichten lesen. Die meinen, sie könne Schriftstellerin werden. Das freut sie. Aber sie weiß, wie fern dieser Traum doch ist.  

Häufig hat sie Zukunftsangst und Panik, irgendwann doch in Vollzeit in einer Fabrik stehen zu müssen, oder zu putzen, oder irgendetwas, was ihre Seele in den Ruin treibt, tun zu müssen. - gegen die Tätigkeiten hätte sie nichts, sofern dies nicht in Vollzeit wären, bis ihr Körper zusammenbricht - Die Angst gleich Todesangst, weil ein Leben, das aus andauernden verhassten Tätigkeiten, Schmerzen, Essen & Schlafen für sie dem Tod gleichkommt. Nur wäre dieses lebenslange Unglück viel langanhaltender.  

Tamsin isst früh Schokolade. Dadurch fühlt sie sich nicht besser, aber weniger hungrig. Ziel erfüllt. Denn vom dem Toast am Morgen wird sie kaum satt.  

Noch immer nimmt ihre Angst vor Montag zu. Denn da gibt es etwas mit Zwiebeln. Heute ist Mittwoch. “Die Mistdinger sollten verboten werden!” Tamsin überlegt ununterbrochen, wie sie dem entrinnen kann. Sie traut sich dann ja nicht mal, die Fenster aufzumachen. Andere machen das einfach so, aber wenn Tamsin das macht, wird garantiert wieder irgendjemand meckern.   

Die letzten warmen Tage sind angebrochen. Bald wird es Herbst. Tamsin ist jetzt schon unglücklich, wenn sie an den Winter denkt. Bei ihr drinnen ist es auch nicht mehr so warm. Ihre Füße werden kalt. Sie friert. Mag aber nicht heizen, weil das die Luft so austrocknet und das den Pflanzen nicht guttut. Sie weiß nicht, wo sie den Klee hinstellen sol. Viel steht schon in der Küche, aber sie hat so viele Töpfe! Bei den Eltern würde es vertrocknen. Hm. 

Während die anderen noch schreiben und sie längst fertig ist, überlegt sie alles Mögliche. Wann sie Dave wohl wiedersehen wird. Er ist unglücklich auf der Arbeit, hat viel zu tun. Keine Zeit. Wenn Don nicht mit der Liebe aufhört, will sie ihn auch nicht mehr treffen. Dann versucht er wieder sie zu küssen, sie kriegt Angst und ärgert sich, nicht auf ihre innere Stimme gehört zu haben, die ihr sagt, dass er sich niemals ändern wird und immer nur das eine will. Verdammt!  

Es folgte ein Spaziergang durch den Wald. War schön. Fast warm.  

Tamsin ist megafroh, dass sie das dämliche Stühlerücken in JOBB nicht mitmachen muss. Um die Kinder zu begrüßen, werden oft montags früh Stuhlreihen aufgestellt, die Tische kommen an die Wand. Sobald die nach ein paar Minuten Zuhören in ihren Bereichen sind, muss alles wieder umgestellt werden, damit in den Pausen an den Tischen gegessen werden kann. Freitags wenn die Kinder fertig sind, ist die Verabschiedung. Die dauert 5-10 Min. Und auch dazu müssen wieder ca. 60 Stühle in Reihen aufgestellt werden. Weil die im Sitzen angeblich besser zuhören.  
Vor 10 Jahren hat Tamsin so eine PA auch mal mitgemacht. Viel gebracht hat das nichts, wie man heute sieht. Papierkirche basteln. Platten verlegen. Aus Holz was bauen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen