„Vor ungefähr drei oder vier Jahren hat Don mich
das erste Mal angeschrieben. Es war auf einer Singlebörse im Internet. Wir
halten ungefähr ein Jahr lang nur geschrieben und er wollte mich immer treffen.
Damals ging das jedoch noch nicht, weil ich noch bei den Eltern gewohnt habe.
Die hatten mich dann hinfahren müssen und hätten wieder ganz viele Fragen
gestellt und das wäre mir alles zu stressig gewesen. An Silvester haben wir
dann das erste Mal Videochat gemacht. Er meinte ich wäre schön und eine gute
Frau für ihn. Das hat mich zuerst gefreut. Ich war begeistert jemanden gefunden
zu haben, der mich wirklich so nimmt wie ich bin. Zwischendurch war es auch
vorher schon mal etwas unangenehm. Er fragte intime Sachen. Das mag ich nicht
und ich dachte, er wäre nur so ein Kerl wie alle anderen im Internet, die nur
das eine wollen. Seine normale Seite hatte mich vom Gegenteil überzeugt. Bis zu
dem Moment, als er mich an diesen Silvester aber Abend unbekleidet sehen
wollte. Wenn es auch nur die Schulter war. Und dann ein bisschen mehr. Ich war
betrunken, konnte jedoch noch die Realität einschätzen. Seine Fragen und bitten
haben mich gekränkt. Und er ließ auch nicht locker. Also habe ich das Gespräch
traurig beendet. Daraufhin wurde der Kontakt weniger, bis er ganz erbracht.
Denn der Mann sah ein, dass er was falsch gemacht hat und damit war es vorbei.
Dann Ende des letzten Jahres, er sagt es wären vier Jahre vergangen, ich selbst
weiß es nicht mehr so genau, hat er mich im Internet wiedergefunden und ich
habe die Anfrage aus Langeweile angenommen. Dann erzählte er mir, dass nicht er
sondern sein Stiefvater ist damals war, der diese ganzen Sachen von mir
verlangt hätte. Zumindest das schriftliche. Ich weiß nicht, ob ich das glauben
soll. Angeblich wäre ich seine große Liebe und Herr will ich nicht aufgeben und
unbedingt eine Beziehung. Eine richtige wo man alles tut was man da eben so
macht. Und am liebsten sofort oder schon gestern hätte er das. Dass man sowas
erst auf Freundschaft aufbaut das versteht er nicht. Ich finde es
beeindruckend, dass er um mich kämpft. Die negativen Seiten über wegen jeder.
Er wird schnell wütend, ist aufdringlich und ungeduldig. Ich kann und will
nicht mit jemanden zusammen das Leben verbringen, der so schnell wütend wird
und alles von mir verlangt, was ich nicht mag. Dass ich nur Freundschaft will
ärgert ihn, weil ihm das zu wenig ist. Da er mich nicht in Ruhe damit lässt und
immer wieder davon anfängt, habe ich irgendwann Tina erschaffen. Sie ist
diejenige, mit der ich zusammen sein will. Einfach nur, damit er aufhört und
merkst, dass es mit mir keine Beziehung geben wird. Zu dem Zeitpunkt gab es
Dave schon. Allerdings bin ich ein Feigling und habe mich nicht getraut, ihm zu
erzählen, dass es in Wirklichkeit einen anderen Mann gibt. Ich will nämlich nicht,
dass er wieder wütend wird. Und obwohl ich von Anfang an immer gesagt habe,
dass ich nur auf Freundschaft aus bin, behauptet er, dass ich ihm von Anfang an
immer nur verarscht hätte. Immer wenn ich keine Lust habe über das Thema zu
schreiben oder er komisch wird wie ein kleines Kind, das seinen Willen nicht
kriegt, erscheint Tina. Wenn die da ist, brauche ich nicht mehr mich damit
auseinandersetzen. Aber weil er irgendwann meinte, dass ich einen richtigen
Mann brauche, hat sie irgendwann beschlossen, mich mit Ben zusammenzubringen,
er ist ein imaginärer Freund meiner imaginären Geliebten. Damit Don wenigstens
dann Ruhe gibt. Aber auch das scheint nicht so funktionieren, er will dass ich
die beiden aus meinem Leben Streiche und sofort mit ihm in einer Beziehung g.
Weil er angeblich der richtige ist und mich mein Leben lang glücklich machen
kann. Das glaube ich nicht so richtig. Dazu habe ich schon zu viele negative
Seiten an ihm gesehen. Dave ist der richtige für mich. Das glaube ich. Denn er
ist das komplette Gegenteil, wenn auch der Aufbau dieser Bindung sehr langsam
voranschreitet. Doch ich will meine Ungeduld nicht zeigen. Ich habe sogar etwas
Angst davor. Angst vor dem was kommen wird und davor, dass ich damit nicht
umgehen kann.
Da diese Woche immer um 1 Uhr Schluss ist und Dave
arbeiten muss, wollen wir das heutige Treffen noch mal verschieben. Eigentlich
wäre es schön, wäre es nicht so ein großes Hunger Problem für mich, da ich in
der Maßnahme nichts zu essen bekomme, zumindest nichts was ich essen mag, und
deswegen immer ganz ausgehungert in den Feierabend gehe. Danach noch zu ihm zu
gehen und erst ganz spät abends zu Hause was zu essen ist für mich sehr
unangenehm. Darum habe ich mich über das Grillen mit ihm immer besonders
gefreut. Diesmal wollten wir einen Film gucken und ich weiß noch nicht, wie das
mit dem Essen ausgesehen hätte. Viele Möglichkeiten gibt es in dieser
Kleinstadt ja nicht. Aus diesem Grund war ich und das verwirrt und ärgert mich,
fast ein bisschen froh oder auch mehr, als gesagt wurde, dass wir das heute
verschieben. Ich kann dann nach Feierabend nach Hause und essen und meinem
eigenen Alltag nachgehen. Ganz stressfrei. Dabei ist es mir trotzdem wichtig,
die Bindung weiter aufzubauen. Wäre das doch nur nicht so schwierig. Ich weiß
nicht, ob meine Gedanken absurd sind, aber ich stelle mir jetzt schon eine
glückliche Zukunft vor. Zusammen in einer Wohnung hier am Hafen oder in der
Stadt. Glücklich für immer.
Vielleicht werde ich Dons Ablehnung irgendwann
bereuen. Wenn das mit Dave nichts wird und ich wieder alleine bin… Davor habe
ich Angst!“
Heute
durfte Tamsin weiterschreiben. Der Raum war schön kühl, weil das Fenster
ausversehen über Nacht offenstand. Sie hat Motivation und das macht ihr Spaß.
Ist besser, als an ihrer Kiste weiterzuarbeiten. Direkt am frühen Morgen
abschleifen... “Sowas Anstrengendes!”
Auf der Busfahrt nach Hause war Tamsin traurig. Einsam.
Gereizt. So sehr, dass es ihr egal war, wer Don ist und sie geschrieben hatte,
sich mit ihm zu treffen wollen. Einfach, weil sie nichtmehr allein sein wollte.
Alles andere war ihr egal. Sie war nichtmehr sie selbst.
Zuhause ist sie dann fast ausgerastet, weil sie
knapp 1 Stunde brauchte, um so ein blödes Captcha Bilderrätsel am PC zu lösen. Ständig
sollte sie neu anfangen, neue Autos und Straßen zu suchen und zu markieren. „Uah!!!“
Wenigstens gab’s in der Maßnahme heute Pommes
& Gyros. Ihr Hunger war erloschen. Eine kleine Erleichterung. „Ich hätte
mich doch mit Dave treffen können. Dann bliebe mir der Frust erspart.“, denkt
sie und bereut ihre Dummheit. Dann hätte sie auch Don nicht so am Hals.
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