Wie alle Jahre wieder fand auch
dieses Jahr wieder der kleine Weihnachtsmarkt in der Dorfscheune statt. Tamsin
ist zusammen mit ihren Eltern dorthin gefahren. Wobei sie die Scheune auch
problemlos zu Fuß hätten erreichen können. Der dortige Weihnachtsmarkt ist wie
jeder Weihnachtsmarkt, und jeder Weihnachtsmarkt ist kaum anders, als der im
vorherigen Jahr. Und im Grunde interessiert sich Tamsin auch gar nicht für weihnachtlichen
Schnickschnack. Das tat sie noch nie. Gestrickte Socken, Engel und andere Bastellein
gab es dort zu bewundern. „Einiges mag ja ganz hübsch aussehen, aber kaufen
würde ich mir so etwas nicht. Und auch nicht vor dem Fenster aufstellen. Ich
stehe eben mehr auf Totenköpfe und Drachen.“ Das heißt nicht, dass Tamsin kein
Fan von Weihnachten ist. „Wir haben noch nicht einmal Dezember, und ich höre
schon Weihnachtsmusik.“ Moderne Popmusik mit weihnachtlichen Texten versteht
sich.
Ja, in Wahrheit hat Tamsin ihre
Eltern nur aus Langeweile begleitet. „Ich muss mal raus hier. Mal etwas Anderes
sehen. Mich bewegen.“ Die Scheune ist kühl und düster. Durch die Ritzen
zwischen den Brettern schimmert Tageslicht. Auf dem Weihnachtsmarkt hat sie
ihre Oma getroffen. Tamsin ist nicht gerade begeistert, wenn ihre Eltern
jemanden Treffen, mit denen sie sich stundenlag unterhalten können, über alle
möglichen Themen, die eigentlich gar nicht interessieren. „Ich kann dann immer
danebenstehen – oder sitzen – und zuhören. Wie ist das Leben, was macht die
Arbeit, wie geht’s dem Hund…“ Es sind doch immer dieselben Themen. Tamsin trägt
nie viel dazu bei. Ihre Verwandten wissen, wie ruhig und zurückhaltend sie ist,
weshalb sie selten große Beachtung in Gesprächskreisen findet. Sie ist eben
keine große Tratschtante. Wenn es zu lange dauert, fängt Tamsin auch schon
einmal an, herumzunörgeln. Sie ist kein Kind, das keine Geduld hat, aber sie
hasst es, auf ihre Eltern warten zu müssen. Ihre Mom hatte bereits am Anfang
angekündigt, keinen Glühwein trinken zu wollen. Doch um Tamsin bei Laune zu
halten hat sich ihr und sich dann doch einen Pott geholt. So saßen sie da in
einer dunklen Ecke, bis die Tassen leer waren. Hinter Tamsin fand ein Kuchenverkauf
statt, weshalb sie stets aufpassen musste, dass niemand im Rückwärtsgehen aus
Versehen gegen ihren Arm stieß und sie sich das heiße Gebräu über ihre
Oberschenkel goss. „Ja, es war echt dunkel dort! Ich finde, ich hatte Glück!“
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