Sonntag, 23. Juli 2017

Moderndes TV: Anspruchsvoll und kultiviert


Tamsin schaut nicht oft fern. Sie begnügt sich mit Videos - frei von Werbung und Langeweile. Ihre Eltern hingegen schauen gerne, und sie schauen viel. Und zwar immer das, was gerade so läuft. Wie ein typischer Konsument, wie die Medien ihn sich wünschen. "Ich habe schon so lange nicht mehr das normale Programm geschaut, dass ich gar nicht mehr weiß, was da überhaupt so abläuft." Tamsin späht auf den laufenden Fernseher im Wohnzimmer ihrer Eltern. Ein Kerl taucht seine Hände in einen Eimer Eiswürfel. Schafft er dies zwei Minuten, bekommt er dafür Geld. Dabei spielt es keine Rolle, ob er sich Unterkühlungen zuzieht. Das Publikum ist gespannt. Mit offenem Mund beobachten sie ihn staunend, wie er da steht, vor Schmerzen schreit und gleichzeitig die Zähne zusammenbeißt. Um das Ganze dann noch unterhaltsamer zu machen, muss er anschließend eine SMS verfassen. "Wow. Das nenne ich mal Unterhaltung Pur!"

Derzeit scheinen im Nachmittagsprogramm auch Krankenhausdokus - natürlich alles real und ungefaket! -  auch sehr beliebt zu sein. Sendungen, in denen sich Opfer dramatische Verletzungen zugezogen haben, die dann vor laufender Kamera behandelt werden. Die Opfer leiden dabei sehr.



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Gerne hätte Tamsin heute eine Zaubershow am letzten Hafenfesttag gesehen. Doch dort war kein freier Parkplatz. Darum wollte Tamsin nach Fehmarn- Obwohl es schon Nachmittag war, wollte sie dort einen Flohmarkt besuchen. Zu früherer Stunde war der Himmel dunkle und ihr Dad meinte: "Es regnet, und im Regen baut doch niemand einen Stand auf!" Tatsache war: Es hat nicht geregnet. Den ganzen Morgen über nicht. Tja... "Diese negative Einstellung kotzt mich an. Da ist kein freier Platz. Das gibt regen. Da baut niemand auf. Da ist sowieso nichts. Nichts, Nichts, Nichts." Ein weiterer Grund, weswegen sie ihren Auszug so sehr herbeisehnt.



Naja, am Abend waren sie dann dort zum Feuerwerk. Die ganze Woche über hat Tamsin sich Poffertjes und diese besondere, original italische Pizza reingezogen, den Preis und den Kalorien zum Trotz. „So etwas ist einmalig. Das muss genutzt werden!“

Tamsin mag Sommer-Feuerwerke. Besonders, wenn es sich auf dem Wasser spiegelt. Mit Musik. „Viele Menschen haben es von Anfang bis Ende gefilmt.“, fiel ihr auf. Als ob sie noch nie zuvor in ihrem Leben so etwas gesehen hätten! Tamsin macht zwar auch Fotos, könnte das Spektakel jedoch nicht dauerhaft nur durch das Handy beobachten. Dazu ist es zu schön. „Die können sich genauso gut in einen dunklen Raum setzen und ein Video anschauen.“ Naja, wenn’s denen gefällt.

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