Dienstag, 18. Juli 2017

Alte Ängste neu entfacht

 
 Nächste Woche beginnen die Ferien. Damit ändern sich auch die Busfahrzeiten. Eigentlich. Tamsins Bus fährt jedoch auch in den Ferien, wodurch es sie nicht betrifft. Eigentlich. Die Anleiter in ihrer Maßnahme wollen "endlich" auf Vollzeit aufstocken. Bisher war es recht ge-mütlich. Ausschlafen und kurz vor 15Uhr zuhause sein. Das Jobcenter meinte, es soll langsam aufwärtsgehen. Nun ist Tamsin ungefähr 3-4 Monate hier und die schöne Freizeit-Zeit geht langsam zu Ende.
Tamsin hat Angst. Ihre frohe Stimmung ist hinüber, als sie fragt, ob sich mit den Ferien und den Fahrzeiten einiger anderer Leute auch etwas für sie ändert und daraufhin prompt mit dem Thema Vollzeit konfrontiert wird. Früher anfangen. Länger bleiben. 
Bisher war es war perfekt. "Ich fahre ausgeruht los, habe morgens keinen Stress und nachmit-tags auch nicht, obwohl ich oft das Gefühl habe, dass der Tag um 15Uhr größtenteils vorüber ist." Selbst dann hat Tamsin oft keine Lust noch großartig etwas anzufangen. "Ich bin müde. Ängste klingen langsam ab." Ängste vor Menschen durch ihre Sozialphobie.

Tamsin fühlt, wie die aufkeimende Verzweiflung an ihr nagt, während sie mit klopfendem Herzen im Computerraum bei den anderen sitzt und jemand eine Präsentation über Styling vorbereitet.  "Ich will nicht darüber nachgrübeln, wie es wäre, wenn wieder alles wird wie im Jahre 2007. Bereits jetzt gibt es Tage, da muss ich mich erstmal ausruhen, sobald ich daheim bin."
Früher anfangen? "Werde ich wieder einen Schulbus nehmen müssen?" Gedrängel an der Hal-testelle. Dort im Rauch ausharren. Typen, die einen vor die Füße spucken. Kampf um einen freien Sitzplatz, um nicht neben so einen sitzen zu müssen. Lärm. Geschrei. Unruhe. "Mir wird übel, wenn ich nur daran denke."

Gleichgültigkeit überschwemmt Tamsins Geist. "Was soll ich schon machen? Ich muss es nehmen, wie es kommt." Es ist Standartleben, dem alle fügen sich müssen. Eigene Wünsche sind egal. Alles, was zählt, ist, zu "funktionieren" Tun, was getan werden muss. Zeiten einhal-ten, das ist das wichtigste. Egal, wie es einem dabei geht. Egal, ob mach abends heimkommt und müde ins Bett fällt. Tag für Tag.

Tamsins hasst diesen Grübelzwang, die alten Erinnerungen und die Angst, die immer wieder kommt und niemals verschwinden wird, bis es endlich Hoffnung gibt. Hoffnung auf ein besse-res Leben. Ohne Ängste und Zwänge und verhasste Verpflichtungen, die depressive Gedan-ken auslösen, aber getan werden müssen, weil es eben so sein muss! "Gibt es so ein Leben überhaupt?"



Da draußen gibt es Menschen, die es gar nicht anders kennen als spät heimzukommen und trotzdem alles schaffen, was geschafft werden muss. Ja…

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