Wieder
war Tamsin in der Maßnahme beinahe, bis auf die Unterbrechung durch einen
Vortrag über Gesundheit, den jemand gehalten hat, durchgehend am PC
beschäftigt. Das unerträgliche stechen hat ihre Augen verlassen, doch sie
brennen noch ein wenig und sie hat keine Lust auf Computer. Die andere losen
aus, wer in den Kiosk geht, weils niemandem Spaß macht. „Vielleicht wäre ich
gerne gegangen.“ Doch Tamsin traut sich nicht, dass zu sagen. Außerdem daurt
dies den ganzen Tag, da man sich zwischendurch nicht abwechselt. Den ganzen Tag
auf deinen Beinen... „Nee…“
Tamsin
hat ihrer Chefin auf Wunsch weitere Teile ihres Romans übergeben. Sie sagt, es
gefällt ihr sehr, und auch ihre Tochter hatte sich bedankt. „Ich hatte
gewartet, dass nach 3 Kapiteln Schluss ist. Nun sind es schon 7.“ Tamsin freut
sich über das Interesse. Auch wenn einige Fehler vorhanden sind. Die Geschichte
ist seltsam und Tamsin rechnet jederzeit damit, dass das Interesse verfliegt.
Zwischendurch
erscheint deren Tochter, die ihr Begeisterung ebenfalls kurz verkündet. Tamsin
fühlt sich geehrt. Dieses Gefühl, von jemanden bewundert zu werden oder etwas
zu erschaffen, was Anderen gefällt, ist schön. Gleichzeitig ist sie sich aber
nicht sicher, ob das wirklich gut ist und wie sie damit umgehen soll. „Ich will
ein Buch schreiben. Veröffentlichen. Der Welt zeigen, dass ich auch etwas kann.
Dass mein Dasein einen Sinn, einen Wert hat. Die Gesellschaft bereichern.“ Doch
es erscheint ihr eher wie ein Traum, als ein realistisches Ziel. Wie es wäre,
wenn sie wirklich Erfolgt hätte, darüber hat sie noch nicht nachgedacht. „Daran
wage ich nicht zu denken.“ Dazu wäre Glück nötig, und davon hat Tamsin nicht
viel.
„Erfolg…“ Um ehrlich zu sein hat Tamsin sogar
ein wenig Angst davor. „Es muss kein Bestseller werden. Mein Werk gedruckt in
einer Grabbelkiste bei Kik zu finden wäre schon sensationell!“
Tamsin
arbeitet ununterbrochen an der Korrektur. Gut, dass es Office für das Handy
gibt. „Ich nutze jede freie Minute sinnvoll.“ Im Bus. Im Auto – zum Verdruss
ihres Dads, der lieber möchte, dass Tamsin aus dem Fenster auf Büsche, Hecken
und Straßen glotzt anstatt auf ihre „Daddelkiste.“
Tamsin
erzählt ihrer Mom, dass ihr jemand einen guten Zahnarzt empfohlen hat. Obwohl
dieser ein wenig weiter weg ist, was längere Fahrzeit bedeutet, was ihre Eltern
eigentlich nicht sonderlich begeistert, scheint es in Ordnung zu sein. Tamsin mag ihren Zahnarzt; ist nett und
schnell erreichbar, doch seit dort eine neue ist, die den Spuckesauger nicht
richtig halten kann und mit den Geräten so stark an den Lippen zerrt und Tamsin
spürt, dass sie mit ihrem Problem dort nicht ernsthaft weiterkommt, will sie
schon länger wechseln. Doch wohin? Viele Zahnärzte in der Stadt hatte sie schon
ausprobiert. „Einige wirken ungründlich, sind unsanft oder einfach
unsympathisch.“ Tamsin würde niemals wieder zu einem gehen, der einen
vereiterten Zahn ohne Betäubung aufbohrt! Vermutlich, weil es schneller geht.
Ihr
Dad weiß auch keinen Rat. Zu Tamsins Verdruss erzählt ihre Mom ihm, dass jemand
ihr von einem Arzt erzählt hat, Prompt fängt er wieder an zu meckern, darüber,
dass Tamsin lieber auf „Assis“ hört als auf ihn, obwohl er selbst keine Ahnung
hat. Er mag es nicht, dass Tamsin aufgrund ihrer Ängste Arbeitslos ist, zu
Maßnahmen geht und mit gleichgesinnten zusammen ist. Da die Leute jedoch nett
zu ihr sind, fühlt Tamsin sich von dieser Aussage verletzt.
Voraussichtlich
in 3 Monaten kann Tamsin in die Wohngruppe ziehen. Vielleicht auch früher. Doch
sie beschließt, es ihrer Mom nicht zu erzählen, weil sie es ihrem Dad erzählt
und der seinen Unmut darüber wieder an Tamsin auslässt. „Man muss über alles
reden.“, meint sie, aber angesichts der angespannten Situation ist es Tamsin
egal, wenn es sie überraschend trifft.
„Ich
will mich nicht mehr beschimpfen lassen, nur, weil ich ein Recht nutze, dass
jedem Menschen gebührt.“ Noch freut sie sich auf die nahe, wenn auch
eingeschränkte Freiheit. Aus dem Haus gehen und direkt mit einem Fuß in einer
Stadt stehen... Keine Erklärungen dafür abgeben zu müssen, damit sie wissen wo
ich hingehe und sich keine „Sorgen“ machen. Nicht mehr jeden Nachmittag alleine
vor dem Computer verbringen... Ein großer Nachteil jedoch ist, dass kein Essen
mehr fertig ist, sobald Tamsin heimkommt. „Ich will gar nicht daran denken, wie
es ist, wenn die Vollzeit beginnt und ich erst um 17 Uhr heimkomme.“ Tamsin wäre müde. Unmotiviert, dann noch zu
kochen und damit noch mehr zu arbeiten.
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