Wie gehts? Was machst du gerade?
> Wie immer beschissen, bin gerade beim Chatten.
Tamsin
hat Skype aktiviert. Und diese moderne Unübersichtlichkeit verhindert, dass sie
es wieder... abschalten kann. Gleichzeitig hat sie in einem Chat, den sie
öfters mal besucht, auch wenn sie nicht chattet, ihre Addy angegeben. Die
Folge: Täglich adden sie fremde Leute. Der Nachteil: „Bereits am frühen Morgen
darf mich mich mit blöden Standartfragen herumschlagen!“
„So
früh schon wach? Wieso? wo kommst du her? Wo ist das? ...“
Man
darf nicht mal mehr ein nettes Guten Morgen erwidern, weil darauf prompt ein
„Was mach du grade?“ folgt. „Diese dämliche Noobfrage regt mich auf!!“ Die
Blödheitsseuche hat demnach nicht nur Chats befallen.
Es
ist grässlich, mit was für Fragen man überhäuft wird. Eine Frage nach der
anderen. Wie am Fließband. Antwortet man nicht, kommt direkt die nächste. „Wenn
es wenigstens verschiedenen Fragen wären! Fragen, bei denen die Antwort Spaß
macht.“
Tamsin
will sich nicht mehr über derartige Dämlichkeiten aufregen.
Aber
ehrlich darf man in Chats auch nicht sein. Jemand meinte: „Du siehst hübsch
aus.“ Tamsin steht nicht auf Männer mit so kurzen Haaren. Aber sagt sie: „Du
nicht.“, ist derjenige beleidigt. „Man muss also schon lügen...“
Um
das Übel noch zu vervollständigen, macht ihr Zahn ihr abermals Probleme. Es ist
wieder dasselbe Problem mit der scharfen kante, die an ihrer Zunge kratzt und
schmerzen verursacht. Nur, dass diese Kannte schon des Öfteren weggeschliffen
wurde. Schleifen wird auf Dauer keine Lösung sein. Aber was soll sie tun? Den
gesunden Zahn Überkronen lassen?
„Ausgerechnet wieder am Freitag!“ Es ist wie ein Fluch!
Tamsins
Stimmung ist gemindert. In ihrer Maßnahme hatte sie einen 5Km Marsch hinter
sich. In sengender Hitze. Mit Jacke. Ihr Dad hatte gemeint, es würde kühl
werden und regnen. Also hat sie die dickere Plastikjacke auf zum Spaziergang
angezogen. Sobald Tamsin dann draußen war und die Wärme gespürt hat, war sie
sich jedoch nicht mehr sicher, ob sie sie noch ausziehen und zurückbringen
sollte, weil der Raum möglicherweise abgeschlossen war und Tamsin sich dann
nicht getraut hätte, zu fragen, ob noch einmal kurz aufgeschlossen werden
könnte, damit sie die blöde Jacke über ihren Stuhl hängen kann. Zunächst hatte
sie keine Lust, sie in der Hand rumzuschleppen, behielt sie an und versuchte
die schweißnasse Hitze, die sich in ihrem Rücken sammelte, zu ignorieren. Was
die ersten drei Kilometer funktionierte. Es war ein schöner Marsch durch das winzige
Städtchen und weckte Erinnerungen an alte Zeiten in einer anderen Maßnahme, die
in derselben Stadt stattfand. Dort waren sie täglich gelaufen, dafür aber
weniger. Hier wird 1-2x Wöchentlich gelaufen, dafür aber doppelt so viel.
"Da diese Maßnahme sich mehr am Stadtrand befindet, gehen wir öfters durch
den Wald" Tamsin mag die Natur, vor allem im Sommer hält sie sich gerne in
dichten Wäldern auf. Den Zecken zum Trotz.
Dennoch
hat Tamsin sich heute mindestens einmal dabei erwischt, wie sie, nachdem sie zu
dicht an den Wegesrand ging und dabei ein paar Grashalme gestreift hat, ihren
Fußknöchel mit den weißen Strümpfen nach Zecken abgesucht hat. Doch da waren
keine. Tamsin hasst Mücken. Doch Zecken sind ein wahrer Graus, auf den sie in
diesen Sommerzeiten keine Lust hat.
Vorfreude
mischt sich mit Unbehagen.... In der
Maßnahme wurden wie gestern und dem Tag davor weiterhin Pläne für die
Sommerferien geschmiedet. Tamsin sollte nun die Planung für die Kinderlosen
Teilnehmer übernehmen. Ein Stadtbummel soll stattfinden. Einerseits freut sie
sich darüber, denn es ist sicher schön, zusammen mit der Gruppe etwas zu
erleben. Mehr, als den immer sich wiederholenden Alltag. Und falls nicht, in
den Städten gibt es inzwischen überall offenes WLAN. Was bedeutet: Sollten sich
alle aufteilen und Tamsin keine Lust haben, durch uninteressante Geschäfte zu
irren, kann sie sich auf eine Bank setzen, ein bisschen spielen, schreiben oder
lesen. Damit vergeht die Zeit auch schnell. Sofern der Akku das mitmacht. Die
Begeisterung etwas zu erleben ist mindestens genauso groß wie die Furcht vor
dem Gegenteil. Ohne Sinn und Ziel in eine Stadt geschickt zu werden. Den
Ängsten erlegen... Es ist Ewigkeiten her, seit Tamsin alleine, ganz alleine
Einkaufen war.
Nie hat
Tamsin sich um so etwas wie Ferien geschert. Diese Zeiten sind Vergangenheit.
Aber nun, wo sie in dieser Maßnahme für "Alleinerziehende" und
Langzeitarbeitslose besucht, weiß sie, dass die Zeit kommen wird, die alte
Erinnerungen wiederaufleben lassen wird, in dem sie mit Schulferien
konfrontiert wird. Derweil weiß Tamsin wirklich nicht, ob sie sich auf die
kommende Zeit freuen soll. Mit Kindern basteln. Kochen. Dinge tun, die sie
hasst. Oder danebensitzen, der Lustlosigkeit erlegen und zusehen, während die
Gedanken abschweifen.
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