Mittwoch, 12. Juli 2017

Alle Menschen haben blaue Beine


Für viele Menschen gehört die Jeans zum Leben wie die Butter auf das Brot oder der Zitronenkuchen in die Kastenform. Der Gedanke, einmal davon abzuweichen, ist für sie verstörend. Undenkbar. Tamsin dagegen weicht gerne von all den Dingen ab, die andere Menschen verehren, vergöttern, als wäre jede Abweichung davon ein Weltuntergang!

Jeans sind in der Gesellschaft derartig standardisiert, dass jemand, der von dieser Norm abweicht, direkt auffällt. Sie sind bequem, robust, schick und modern, heißt es. Tamsin ist das egal. Anstatt wie alle gleich zu sein und dazuzugehören, ist sie glücklich, diesem Drang nicht verfallen zu sein.
Als Kind, damals war sie 10-13 Jahre alt, musste sie Jeans tragen. Immer, wenn sie das Haus verließ. Zu jeder Jahreszeit. Tamsin mochte lieber bequeme Stoffhosen/Leggins, in denen sie die Beine auch mal überkreuzen konnte, ohne dass etwas drückt oder zieht. Gegen ihre Eltern kam sie in diesem Alter jedoch nicht an. „Die Jeans ist normal und wir wollen nicht, dass andere komisch über uns reden...“, heiß es damals – und auch heute noch.
„In ganz früheren Zeiten war die Jeans für mich normal. Sie gehörte beim Rausgehen an den Körper wie Schuhe und Jacke.“
Sobald Tamsin aus der Schule kam, hieß es immer: Weg mit der Jeans!
Tamsin hatte aber irgendwann keine Lust mehr auf das ständige, sinnlose Umziehen. So kam es, dass sie ihre Stoffhose unter der Jeans trug. Auch im Hochsommer. „Man, was habe ich im Sommer immer geschwitzt!“ Dies war ihren Eltern egal.  Tamsin war es unangenehm, diese Hitze, aber so lange niemand „lästert“ wie: „Was trägt eure Tochter denn da für alberne, hässliche Leggins?“ war alles ok. Nicht, dass je jemand ernsthaft derartiges gesagt hätte.  
„Damals hatte ich eine Hose aus rotem Samt.“, erinnert sie sich. Die hat sie geliebt – bis ihre Mom sie entsorgt und durch eine Jeans ersetzt hat.
Tamsins Hass auf Jeans schwoll ständig an.
Irgendwann entdeckte sie dann Stoffhosen, die nicht so eng an der Haut liegen und in denen, wie ihre Mom befand, Tamsin sich in der Öffentlichkeit zeigen durfte. Von da an wurde die Jeans langsam aus ihrem Leben verbannt.

Heute ist Tamsin erwachsen, hat ihren eigenen Willen, den sie durchsetzt, auch wenn es manchmal hart sein mag. „Andere Leute lachen über mich, weil ich anders bin.“ Tamsin lacht über die, die alle gleich sind. Andersartigkeit bedeutet Charakterstärke.

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