Vor einiger Zeit hat
Tamsin in einer Flohmarkthalle einen alten Schrank gesehen. Derzeit besitzt sie
Zwei, die mit ihren Gewändern gefüllt sind. „Aber wenn ich mal ausziehe, will
ich keine zwei Schränke mitschleppen.“ Und in einen allein würde nicht alles
hineinpassen.
Zudem braucht sie ein
Bett. Daher durchforstet sie alle möglichen Flohmarkthallen. Auch die weiter
entfernten.
Als stimme das
Schicksal ihr zu, ist der Schrank von damals immer noch da. Er ist hübsch. Mit
spitz zulaufendem Bogen und Intarsien an der Tür. Geld hat Tamsin nicht genug.
Noch immer wartet sie auf die Rückzahlung ihres Laptops. Aber sie kann
anzahlen. Dabei ist der Schrank letztlich sogar günstiger, als so ein
Billigteil aus hässlichen Spanplatten im Möbelladen. Die Lieferung ist
kostenlos. Yeah! Ebenso wie das Gemecker ihres Dads, dass auf der Rücktour auf
Tamsin einschlägt. „Tamsin hätte ihn nicht nehmen sollen. Er ist zu groß.
Und teuer. Und wohin soll der überhaupt? In dem „Scheiß Heim“, in das sie
kommt, wird auch kein Platz für alles sein, und eine etwas größere Wohnung wird
Tamsin auch niemals bekommen...“
Auch ihre Mom hat
versucht, es ihr auszureden. Ihr den freien Willen abzunehmen und ihn durch
ihren Eigenen zu ersetzen.
Tamsin starrt auf ihr
Handy. Sie ignoriert die Gefühle; die Wut darüber, dass ihre Eltern auf sie
sauer sind, weil Tamsin mit siebenundzwanzig Jahren ihren eigenen Willen
durchgesetzt hat. Sie ignoriert die Angst, dass sie vielleicht Recht haben
könnten. Darin ist sie gut. „In so einer Welt ist für Gefühle keinen Platz.“
Würde Tamsin sie zulassen, wäre sie ununterbrochen nur am heulen.
Tamsin fühlt selten
Liebe, Mitleid. Freude, ja, aber nur für sich selbst. Trauer, auch – Trauer um
eine verlorene Vergangenheit. „Während andere in die Welt hinauszogen, das
freie Leben und die Liebe entdeckten, saß ich in meinem Zimmer.“ Bis heute.
Unfähig, den Ängsten zu trotzen.
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