Bei dieser
Besichtigung, die sogleich ihre letzte werden sollte, wurde Tamsin von zwei sympathischen Frauen
empfangen. Im Vergleich zu den ernsten Männern aus den vorigen Häusern kamen
ihr diese richtig nett vor. Das Haus liegt ebenfalls nahe einer Innenstadt, und
schon nach kurzer Zeit fühlt Tamsin sich dort wohl. Die Regeln sind nicht so
streng und jeder hat sein eigenes Bad. Auch die Sorge um das Essen verfliegt
rasch, da jeder für sich selbst Kocht. Außer an einem Tag.
Später ärgert Tamsin sich. Sie hat viele Fragen vergessen
zu stellen und sich nur auf das wichtige konzentriert. Darf man im Zimmer
essen? Darf man dort seinen Kaffee kochen, oder muss man bis zur Frühstückszeit
mit allem warten – einer Zeit, in der
Tamsin früher normalerweise Mittag gegessen hat, weil der Hunger einfach
zu stark war.
Grübeleien entfachen
neue Ängste. Auch wenn es dort vielleicht weniger Pflichten gibt als wo anders,
Tamsin graust es davor, zu Dingen gezwungen zu werden, die sie nicht leiden
kann oder die ihr Schmerzen verursachen. Und immer weiter machen zu müssen.
Koste es was es wolle. Die Aufgabe muss erledigt werden! Tamsin wünscht sich
frei zu sein. Zu tun, was sie will, wann sie will. „Werde ich vielleicht nur
von einem Gefängnis ins Nächste wandern?“
Aber was hat sie schon
für eine Wahl? Es kann sicher nicht schlimmer sein, als hier in diesem Dorf in
Abhängigkeit der Eltern auszuharren.
Tamsin hat dem Wunsch
der Leiterin ihrer Maßnahme nachgegeben und ihr einen Teil ihres Romans
ausgehändigt. Diese war begeistert. Wollte mehr davon lesen. Tamsin freut sich,
dass sie endlich so weit ist, etwas zu schreiben, dass andere verstehen, einen
Sinn ergibt und gefällt. Inzwischen hat Tamsin kapiert, dass sie vom Schreiben
wohl nie leben können wird. Aber selbst wenn es nur ganz wenig Geld dafür gibt,
das eigene Buch in Händen zu halten ist schon Lohn genug!
Wie auch vorige Nacht
lässt ein Mückenstick an der Hand sie kaum schlafen. Es juckt! Grade an einer
Stelle unterm Finger, man man immer gegen kommt und wo kein Pflaster halten
würde.
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