Dienstag, 3. November 2020

Ungeiles Gespräch

3.11

 

In den letzten Tagen ist meine Stimmung ganz gut geblieben. Ich versuche, wenn ich so viel über mögliche negative Dinge in der Zukunft Sorgen zu machen, sondern mich über das zu freuen, was jetzt gerade ist.

Corona ist wieder schlimmer geworden, sodass man jetzt auf dem Marktplatz und in einigen Straßen nur mit Mundschutz unterwegs sein darf. Wenn ich für die WG zum Frühstück einkaufen muss, wollte ich nicht mehr nach Rewe fahren, sondern in der Stadt alles besorgen, dann ist der Weg nicht so weit. Aber wenn man jetzt nur mit Mundschutz da unterwegs sein darf ist das auch wieder blöd und nervig. Der einzige Grund für mich in die Stadt zu gehen ist, wenn ich mal zur Bank muss. Und da war ich gerade erst.

In der Tagesstätte hat sich noch nichts geändert, außer, dass die Ausflüge jetzt ausfallen. man darf nämlich nur noch mit weniger als zehn Leuten aus zwei Haushalten öffentlich unterwegs sein. das finde ich gut, denn gar keine Ausflüge sind besser als Ausflüge mit Mundschutz

 

Anna hat ein Bett bei den Kleinanzeigen gefunden, das zu verschenken ist. es ist zwar nicht perfekt, aber es ist aus Metall schwarz mit Gold. sie kennt einen Bekannten mit einem Anhänger, und wir wollten heute nach Lübeck fahren, und es dort abholen. Ich weiß nicht, ob es quietscht oder wie der Zustand ist, aber da es kostenlos ist, kann man nicht viel falsch machen. Sie will es bis ich eine Wohnung habe, wo das auch reinpasst, bei sich im Dachboden lagern.

Ich soll dem Fahrrad 10 € Benzin Geld geben. Das ist angeblich günstig und, ja, es liefern zu lassen wäre auch teuer und immerhin Spar ich trotzdem noch das Geld, wenn ich irgendwo ein gebrauchtes Bett woanders kaufe. ein neues habe ich noch nicht gefunden. Die neuen sind alle so schlicht und einfarbig und langweilig.

 

Wir wollen am Abend losfahren zum Abholen, weil die andere Person erst nach der Arbeit Zeit hat, es abzugeben. ich habe gestern noch mal alles bei mir sauber gemacht und aufgeräumt, weil es immer so schön ist, nach einem anstrengenden Tag in ein sauberes schönes Zimmer zu kommen.

 

Zuerst steht ein Gespräch in der Tagesstätte zu dritt mit Frau Mai auf dem Plan. Gerne würde ich ihr mal sagen, dass ich es nicht toll finde, wenn mir bewusst Angst gemacht wird, z.b. wenn ich sage, dass ich Angst vor der Klinik habe, dass sie sagt, dass ich jetzt schon dahingehen sollte weil es mir gut tun würde. Bevor es mir richtig schlecht geht, und es zu spät ist, wobei die Angst davor dann natürlich viel geringer wäre. Denn dann wäre mir alles egal.

 

Der PC von Dave ist doch ziemlich langsam bei gewissen Programmen und das ärgert mich. das Geld hätte ich mir doch sparen können. Bevor ich mir irgendwas kaufe will ich in Zukunft immer genau darüber nachdenken, ob ich das wirklich brauche. Das hat wohl mehr Sinn.

 

von alleine kommt das Glück nicht zu mir, deswegen habe ich mir noch mal ein paar Dating Apps besorgt. Dave ist zwar ein vernünftiger Mensch, aber wir kennen uns nun schon fast vier Jahre und diese Beziehung ist immer noch auf den selben Stand, als würden wir uns erst zwei Wochen kennen. Es wird immer viel geredet, auch wie es weitergehen könnte, aber viel passiert nicht. mit ihm kann man nicht feiern, Spaß haben und lachen und alberne Sachen machen, weil ihm das zu kindisch ist.

Ich werde mich jetzt nach neuen Menschen umsehen. Dennoch kann und will ich den Kontakt zu ihm nicht abbrechen. Solange es ihn gibt, ist die Möglichkeit, dass ich den Rest meines Lebens ganz alleine verbringen muss, zumindest ein bisschen geringer.

Innerlich wünsche ich mir nichts mehr, als ständig eine Person zum Reden um mich zu haben. nicht mehr alleine zu sein, aber mit ihm kann man nicht so viel reden und er ist so ruhig, deswegen fühle ich mich sogar alleine oft viel wohler, als wenn er da ist. Selbst mit anderen Menschen in Internet zu sprechen macht mehr Spaß, als mit ihm etwas zu unternehmen. Und das wiederum macht mich traurig. ich habe mich so bemüht, den ersten Schritt zu machen, mich damals mit ihm zu treffen und so viele Hoffnungen hineingegeben. Und doch bin ich genauso unglücklich wie vorher.

 

Don ist auch wiederaufgetaucht. Aber auch er hat sich nicht verändert und will immer noch nur ins Bett…

Ausgerechnet das will ich von einem Mann derzeit am wenigsten! … Eigentlich will ich überhaupt keinen Mann… alle Erfahrungen, die ich bisher mit denen gemacht habe, sind nicht besonders positiv.

 

……

 

Wie erwartet verlief das Gespräch dann wirklich nicht so toll. Ich habe ständig an He Man gedacht, um mich damit abzulenken und nicht in Tränen auszubrechen.

die meinten, ich würde so oft sagen, dass mir irgendwas zu anstrengend ist und ich das nicht kann. Frau Sue hatte eine Zwiebel schneidgerät gekauft. Ich hatte gesagt, es ist anstrengend das zu benutzen, weil man dafür ziemlich viel Kraft benötigt. stattdessen hätte ich mich wohl einfach lieber nur freuen sollen, dass ich niemanden fragen muss, wer mir die Zwiebeln schneidet und es mit dem Gerät selbst machen kann. Dass das Gerät nicht nur anstrengend, sondern auch doof ist, weil mit dabei trotzdem die Augen brennen, hatte ich zum Glück nicht erwähnt, sonst hätten die noch mehr gemeckert.

 

Neulich hatte ich erwähnt, dass ich mich nicht traue bei anderen Nachbarn zu klingeln und zu fragen, ob die mit mir Spiele spielen würden. Frau Mai verstehe das nicht und meint, ich hätte keine echte Angst. Wenn jemand dabei ist, schaffe ich es. Aber nicht ganz alleine von mir aus. es wird zwar darüber gesprochen, wie ich das schaffen kann, aber praktische Hilfe gibt es dann nicht und ich muss das von mir aus schaffen.

 

Einen gesetzlichen Betreuer werden wir nicht noch mal beantragen. Die beiden meinten, alles was der macht würden die auch machen. Aber einerseits sage ich, dass ich Hilfe bei einer Sache brauche wie beim Telefonieren und anschließend sagt die Frau, ich hätte ihre Hilfe gar nicht gebraucht.

Sie beharrt immer noch darauf, dass so ein Betreuer nur Anträge ausfüllt und man den höchstens zweimal im Jahr sehen kann, weil der nicht so viel Zeit hat. Die anderen Leute behaupten alle das Gegenteil. Naja, ich bemühe mich gar nicht noch mal das zu beantragen, weil sie dann wie beim ersten Mal angerufen wird und ihre Meinung geben soll und dann sagt, dass ich keinen Betreuer brauche.

Obwohl sie damals meinte, sie würde auch dafür sein wenn ich das will und mir helfen, weiß ich, dass sie eigentlich dagegen war. Das stand in einem Absage Brief, von dem sie aber nichts weiß.

 

Dabei will ich einfach nur eine Person im Leben, die mich richtig unterstützt und die sympathisch ist.  Die mich auch verstehen. die nicht immer sagt, dass es normal ist wenn alles anstrengend und unangenehm ist.

 

Ich habe größtenteils in dem Gespräch immer nur ja gesagt zu allem. vor allem, nachdem die gesagt hat: sie kann es nicht mehr hören, wenn ich behaupte, es ist anstrengend und das es mir nicht weiter hilft, wenn ich in meinem Zimmer sitze und heul.

 

Manchmal habe ich das Gefühl, ihr gefällt es wenn andere Menschen weinen und verzweifelt sind und sich schlecht fühlen, während sie gleichzeitig sagen kann, das ist zu meinem besten und sie will ja nur helfen.

Deswegen vermeide ich es auch zu weinen oder im Nachhinein zu ihr zu gehen und über diese Gefühle zu sprechen.

ein wenig Ärger ich nicht auf darüber, letztes Mal erwähnt zu haben, dass ich an einem Wochenende so starke Depression hatte. Darauf meinte sie, ich solle mich mit den Nachbarn hier anfreunden, mit den Spiele spielen damit ich immer jemanden habe, zudem ich gehen und mit dem ich reden kann. Einerseits ist das auch gut, aber ich muss das alles komplett alleine hinkriegen und das ist für mich so unglaublich schwierig.

Und wenn ich das nicht schaffe, wird wieder behauptet, meine Ängste und Sorgen wären nicht groß genug, sonst würde ich ja was dagegen tun und das schaffen.

 

Naja, ich werde jetzt versuchen, mir neue Kontakte zu suchen. In der Tagesstätte nicht immer nur passiv daneben zu sitzen, sondern auch mal fragen, ob jemand was spielen will. Und eine Wohnung finden, die nicht hellhörig ist.

 

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