Donnerstag, 8. März 2018

Tamsins ermüdender HWI Tag

 

Tamsins Tag begann damit, dass sie die Putzfrau auf ihrer Runde begleiten sollte. Begonnen hat es damit, 10 WCs zu reinigen. Alles wurde ihr gut erklärt, doch ihre Stimmung sank, als sie dann den ganzen Hausflur ausfegen sollte. Tamsin wollte fragen, wie lange sie den Kiosk noch machen muss, traut sich aber nicht, weil sie Angst vor der Antwort hat. Es schein offensichtlich, dass sie bis zum Ende im Juni durchhalten muss. Dies, und anscheinend auch die Donnerstage in der HWI. Nun, dies ist nicht so dramatisch, da sie an diesem Tag immer Therapie hat und deswegen erst gegen Mittag eintrifft, wenn das meiste erledigt ist. "Obwohl es mich an damals erinnert und mir zum Mittag vom Stehen schon die Füße wehtaten, ist es längst noch nicht so grausig, wie in der HWI vor zehn Jahren."  

Dennoch grübelt Tamsin beim Fegen über ihr Leben nach und darüber, dass andere sagen, man kann und muss nicht immer einen Job haben, der einem Spaß und Freude bringt. Solche Aussagen machen sie wütend. "Ein Job ohne Freude bedeutet ein Leben ohne Freude und das wäre ein wertloses Leben."  
Nachdem die Schuhe geputzt und lackiert wurden – es waren nicht allzu viele – hatte die Putzfrau Feierabend. Tamsin fürchtet, erst um 16 Uhr müde und ausgehungert zuhause zu sein. In dem Moment ahnte sie noch nicht, dass ein langer Spaziergang auf dem Plan steht. Ihre Chefin, die ihren letzten Tag hat, hätte nichts dagegen, sie und Kara früh gehenzulassen. "Ich hasse es, nie zu wissen, wann Schluss ist!" Wüsste sie, dass grundsätzlich immer um 15 oder 16 Uhr Schluss wäre, wäre das immer noch besser, als schon um 13 Uhr rumzusitzen und zu hoffen.  
Normale Angestellte kommen erst im Dunklen heim und für die fängt der Tag erst an, wenn Tamsin längst im Bett liegt. "Ich beneide dieses Durchhaltevermögen." 

Nach dem Spaziergang war dann Feierabend. 15 Minuten, bevor der Bus käme. Tamsin weiß, dass sie ihn nichtmehr schaffen kann und bleibt freiwillig eine Stunde länger. Wenigstens kann sie in den EDV Raum und muss nicht noch sinnlos herumsitzen. 
Zwischendurch gab es eine kleine Diskussion über Urlaub. Tamsin möchte Urlaub. Zuerst hieß es, jedem ständen monatlich 2,5 Tage zu. Tamsin sollte im letzten Jahr ihren Resturlaub verbrauchen. Nun heißt es, Tamsin hätte insgesamt für die ganze Maßnahme 28 Tage und hätte bis zum Ende noch 5 Tage übrig. Diese möchte sie dann nehmen, wenn es warm wird, weil sie Klee einpflanzen wollte. Voraussichtlich sollen aber alle in der Osterwoche Urlaub nehmen.  
Zudem hat sie herausgefunden, wie lange sich noch 1x wöchentlich im Kiosk an der Kasse stehen muss: So lange, bis sie es richtig gut kann! Dann darf sie aufhören. „Das bedeutet dann wohl, dass ich es bis zum Ende, als noch drei Monate, machen muss.“ Tamsin weiß, dass sie es nie richtig gut können wird. Nicht unter solchen Bedingungen. „Ich brauche Freude und Motivation zum Lernen. Und keinen Zwang!“ Denn der macht nur depressiv. „Zudem bezweifle ich, dass ich es je wirklich so gut können würde, dass die Leute sagen: Tamsin du kannst es, du brauchst von heute an nichtmehr an die Kasse.

Es ist gerade 15 Uhr, kurz vor Feierabend und Tamsin ärgert sich immer noch darüber, dass alles so gelaufen ist, wie es war. Darüber, dass sie ihren Termin abgesagt hat, dass der Ausflug ins Wasser gefallen ist – Grundlos, denn die Wohnung, die Kara derweil besichtig hat, war verschimmelt und unzumutbar. Heute wird es ein Fertigessen geben. Tamsin hat Angst, vom PC aufzustehen und den Weg zur Haltestelle anzutreten, weil ihr vom vorigen Marsch die Füße wehtun. Und sie hasst den Schmerz, den sie nur hat, weil sie tut, was andere von ihr verlangen und sie kein Leben führt, in dem sie ihr eigener Chef sein kann. 

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