Tamsins
Tag begann damit, dass sie die Putzfrau auf ihrer Runde begleiten sollte.
Begonnen hat es damit, 10 WCs zu reinigen. Alles wurde ihr gut erklärt, doch
ihre Stimmung sank, als sie dann den ganzen Hausflur ausfegen sollte. Tamsin
wollte fragen, wie lange sie den Kiosk noch machen muss, traut sich aber nicht,
weil sie Angst vor der Antwort hat. Es schein offensichtlich, dass sie bis zum
Ende im Juni durchhalten muss. Dies, und anscheinend auch die Donnerstage in
der HWI. Nun, dies ist nicht so dramatisch, da sie an diesem Tag immer Therapie
hat und deswegen erst gegen Mittag eintrifft, wenn das meiste erledigt ist.
"Obwohl es mich an damals erinnert und mir zum Mittag vom Stehen schon die
Füße wehtaten, ist es längst noch nicht so grausig, wie in der HWI vor zehn
Jahren."
Dennoch
grübelt Tamsin beim Fegen über ihr Leben nach und darüber, dass andere sagen,
man kann und muss nicht immer einen Job haben, der einem Spaß und Freude
bringt. Solche Aussagen machen sie wütend. "Ein Job ohne Freude bedeutet
ein Leben ohne Freude und das wäre ein wertloses Leben."
Nachdem
die Schuhe geputzt und lackiert wurden – es waren nicht allzu viele – hatte die
Putzfrau Feierabend. Tamsin fürchtet, erst um 16 Uhr müde und ausgehungert
zuhause zu sein. In dem Moment ahnte sie noch nicht, dass ein langer
Spaziergang auf dem Plan steht. Ihre Chefin, die ihren letzten Tag hat, hätte
nichts dagegen, sie und Kara früh gehenzulassen. "Ich hasse es, nie zu
wissen, wann Schluss ist!" Wüsste sie, dass grundsätzlich immer um 15 oder
16 Uhr Schluss wäre, wäre das immer noch besser, als schon um 13 Uhr rumzusitzen
und zu hoffen.
Normale
Angestellte kommen erst im Dunklen heim und für die fängt der Tag erst an, wenn
Tamsin längst im Bett liegt. "Ich beneide dieses
Durchhaltevermögen."
Nach
dem Spaziergang war dann Feierabend. 15 Minuten, bevor der Bus käme. Tamsin
weiß, dass sie ihn nichtmehr schaffen kann und bleibt freiwillig eine Stunde
länger. Wenigstens kann sie in den EDV Raum und muss nicht noch sinnlos
herumsitzen.
Zwischendurch
gab es eine kleine Diskussion über Urlaub. Tamsin möchte Urlaub. Zuerst hieß
es, jedem ständen monatlich 2,5 Tage zu. Tamsin sollte im letzten Jahr ihren
Resturlaub verbrauchen. Nun heißt es, Tamsin hätte insgesamt für die ganze
Maßnahme 28 Tage und hätte bis zum Ende noch 5 Tage übrig. Diese möchte sie
dann nehmen, wenn es warm wird, weil sie Klee einpflanzen wollte.
Voraussichtlich sollen aber alle in der Osterwoche Urlaub nehmen.
Zudem
hat sie herausgefunden, wie lange sich noch 1x wöchentlich im Kiosk an der
Kasse stehen muss: So lange, bis sie es richtig gut kann! Dann darf sie
aufhören. „Das bedeutet dann wohl, dass ich es bis zum Ende, als noch drei
Monate, machen muss.“ Tamsin weiß, dass sie es nie richtig gut können wird.
Nicht unter solchen Bedingungen. „Ich brauche Freude und Motivation zum Lernen.
Und keinen Zwang!“ Denn der macht nur depressiv. „Zudem bezweifle ich, dass ich
es je wirklich so gut können würde, dass die Leute sagen: Tamsin du kannst es,
du brauchst von heute an nichtmehr an die Kasse.
Es
ist gerade 15 Uhr, kurz vor Feierabend und Tamsin ärgert sich immer noch
darüber, dass alles so gelaufen ist, wie es war. Darüber, dass sie ihren Termin
abgesagt hat, dass der Ausflug ins Wasser gefallen ist – Grundlos, denn die
Wohnung, die Kara derweil besichtig hat, war verschimmelt und unzumutbar. Heute
wird es ein Fertigessen geben. Tamsin hat Angst, vom PC aufzustehen und den Weg
zur Haltestelle anzutreten, weil ihr vom vorigen Marsch die Füße wehtun. Und
sie hasst den Schmerz, den sie nur hat, weil sie tut, was andere von ihr
verlangen und sie kein Leben führt, in dem sie ihr eigener Chef sein
kann.
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