Donnerstag, 18. Januar 2018

Schneematsch außerhalb der Hölle in meinem Kopf

 

Der heutige Donnerstag verlief für Tamsin wenig berauschend. Nachdem sie nach ihrem Termin in die Maßnahme gefahren war, ging es wieder an den Kiosk. Inzwischen muss sie die Kasse ganz alleine leiten. Immer dachte sie, dies wäre schlimm. Bis jetzt. "Ich mache mir keinen Druck und nehme mir Zeit."

Da sie mal wieder nur zwei Teilnehmer waren, dachte Tamsin, es wäre früh Schluss. "Ich musste noch das Geld zählen." So... "Danach wurden wir in einen großen, leeren Raum gebracht. Es gab keine Stühle. Nichts. Wir sollten die Fensterbänke reinigen, das war ok. Ich hatte schon früher gesagt, dass ich nicht auf die Knie gehen kann. Das taten dann die beiden Anleiter." Ungefähr eine Stunde haben sie die Klebereste vom Boden gekratzt, ohne Tamisn und ihrer Kollegin weitere Anweisungen zu geben. "Wir standen einfach nur da. Die ganze Zeit. Haben zugesehen, sind auf und ab gegangen..."
Tamsin starrt wie betäubt aus dem Fenster, verdrängt die Realität ein wenig. „Manchmal stelle ich mir vor, ich bin in der Hölle und mein Leben ist eine Strafe für etwas, das ich in einem anderen Leben getan habe. Oder in der Vergangenheit. Ich war nie nett zu anderen. Als ich zwölf war gab es die Tochter eines Imbissbesitzers, die mir mit Spielen wollte. Ich habe ihr die Zunge rausgestreckt und Klingelstreiche gemacht. Dabei hätte ich in ihr eine Freundin finden können!" Es schneit. Die andere Frau schien sich auch nicht sonderlich wohl zu fühlen. „Was sollte das? Haben die Anleiter erwartet, dass wir freiwillig um einen Spachtel bitten?“ Was anderes zu tun gab es nicht. "Ich kam mir vor wie in diesem einen Horrorfilm, wo eine Gruppe Leute in einen leeren, weißen Raum gesperrt wird... Wie hieß der noch gleich?"

Als dann endlich Feierabend war - um die Zeit fuhr kein Bus mehr, sodass Tamsin bis zur Kirch zu Fuß gehen musste - waren die Wege voller Schnee und Matsch! Auf ihren glatten Sommerschuhen kommt Tamsin da kaum voran. Das Auto ist in der Werkstatt, sodass ihr Dad sie nicht abholen konnte. "Ich musste auf der Straße gehen/laufen!" Immer wenn ein Auto kam, sprang Tamsin auf den Gehweg und ging, soweit sie konnte, ehe sie wieder auf die Straße geschlittert war. Das war schrecklich.
Tamsin schaffte es gottseidank rechtzeitig, bis ihr Bus kam, doch daheim angekommen, ging der Horror weiter. "Ich habe einen Umweg gemacht, weil die Straßen in den Gassen noch weniger freigeräumt und glatter waren."

Nie war sie so erleichtert, dass sie morgen am Gemeinschaftsfrühstück teilnehmen darf und nicht in die Maßnahme muss, wie heute! „Nur Kiosk, um 16 Uhr erschöpft heimkommen und keine Lust und Zeit mehr für etwas Schönes zu haben, das ist lästig.“
Tamsin genießt es, weil sie weiß, dass dies nicht ewig währt. In einer Ausbildung müsste sie fünf volle Tage in der Woche los, von morgens bis abends, und abends hätte sie nicht einmal mehr Zeit für einen Nudelbecher, so müde wie sie dann wäre. „Ich müsste mich immer am Kantinenessen zugutetun. Ohne die freie Wahl, was mir schmeckt. Immer essen, was auf dem Tisch kommt.“

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