Freitag, 21. Oktober 2016

Und noch mehr Ärger…

Trotz des Ärgers der letzten Woche erwarten Tamsins Eltern tatsächlich, dass sie noch einmal in Aukrug schlafen würde. Dabei kommt Mom in zwei Tagen sowieso nach Hause. „Ich verstehe den Sinn nicht.“ Ja, abends Essen gehen ist schön, aber die meiste Zeit verbringen sie vor dem Fernseher oder schlafen. Das kann man genauso gut auch zu Hause. Anstatt abends wieder heimzufahren wollte Dad die Nacht dort verbringen und dann morgens ganz früh abfahren. Dabei sind die Nächte in dieser Wohnung grauenhaft. Sie beide teilen sich ein Bett, weil es nur Zwei davon gibt. Die Enge bereitet ihnen keinen angenehmen Schlaf. Ein Bett ist steinhart, das andere viel zu weich. Dass Tamsin sich eins aussuchen konnte, machte es auch nicht besser. In beiden Räumen sind laute Heizungsgeräusche zu hören. Die Luft ist so muffig, dass sie nachts aufwacht, zum Fenster trotten und durch den schmalen Spalt frische Luft schnappen muss. Im Schlafzimmer kommen dann noch die Geräusche von der Straße dazu. Jedes vorbeirauschende Auto ist so laut zu hören, als stände man direkt daneben.
Ewig versuchen sie, sie zum Mitkommen zu überreden. „Aber ich sage mir, ich bin 27, ich kann selbst entscheiden und muss mich nicht zwingen lassen, wenn ich nicht will. Oder?“
Sie hasst diese Situation. Dad regt sich über alles so leicht auf. Schreit rum. Tamsin hatte sich etwas zu Essen rüber geholt, weil sie Angst hatte, dass er so wütend wird, dass sie den ganzen Tag/Wochenende nichts zu essen bekäme. „Ich will nicht angemeckert werden. Vermeide den Kontakt.“ Hätte sie eine eigene Wohnung mit eigener Küche bliebe ihr der ganze Stress erspart. Aber erst, wenn die Kur vorbei und Mom wieder hier ist, kann sie weitersuchen. Selbst wenn sie jetzt eine Wohnung gefunden hätte, es bringt nichts, wenn er sie wieder anmeckert oder sich letztlich noch weigern würde, sie zur Besichtigung zu fahren. „Mein Fahrrad ist Schrott, aber ich hätte sowieso gar nicht die Motivation, damit zu fahren; im kalten Sturm den 2Km langen Berg hinauf zu strampeln.“ Hinzu kommen die Ängste, die sie wie eiserne Fesseln in ihren dunklen Gemächern gefangen halten.
Diese Abhängigkeit von den Eltern ist das schlimmste. Als kleines Kind hatte sie Omas Haus mit dem großen Garten geliebt. Heute wünsche sie sich nichts mehr, als wieder in der Stadt zu wohnen. Dieser damalige Umzug 2005 hat vieles zerstört. Vor allem Freundschaften. „Ich lebe in der Abgeschiedenheit, am Rand eines Dorfes, in dem es nicht mal ein Geschäft gibt. Ohne Auto.“ Die Eltern trauen ihr nicht zu, alleine zu fahren. Sie wäre noch zu unsicher. Aber ständig mit ihnen herumzukutschieren hatte sie auch keine Lust. Also fährt sie fast gar nicht mehr. Was schade ist, da sie den Führerschien nur gemacht hatte, um der Freiheit in Stück näher zu kommen. Was für ein Irrglaube! Oft fühlt sie sich alleine. „Weil ich es bin.“ Aber bald wird es vorbei sein. Sie muss es positiv sehen - oder an der Hoffnungslosigkeit verzweifeln.
Obwohl sie mehrfach betont hatte, nicht mitzukommen, außer, sie schlafen nicht dort, fragte Dad gerade wieder: „Wann wollen wir los? Um half Elf?“ Sie glaubt, er will es nicht verstehen. „Sie wollen, dass ich es mache, also muss ich.“
„Muss ich wirklich?“
Zu allem Überfluss sind hier schon wieder Mäuse. Denk Tamsin jedenfalls. Die Fallen sind leer, aber sie hört Rascheln und das Gift wurde angefressen. Ihre Straußenfeder, die ich dummerwiese aufm Boden liegen gelassen hatte, ist zerfetzt. Das ist lästig. Sie hat Angst, dass ihre Möbel angefressen werden, die sie sich für eine neue Wohnung zusammengesammelt hat.



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