Montag, 6. März 2017

Der Plattenspieler


Seit Tamsin sich vor einiger Zeit eine Schallplatte von Nightwish gekauft hat, ist sie auf der Suche nach einem neuen Plattenspieler. „Richtig gute Platten klingen auf meinem alten, billigen Fünf-euro-Flohmarkt-Plattenspieler zum Weglaufen. Ich höre gerne Plattenspieler, und ich brauche endlich einen Plattenspieler mit richtig gutem Sound!“ Doch die sind teuer und auch auf ihrer zwei Jahre alten Grammophon-USB-Anlange lässt das wahre Heavy Metal Gefühl sehr zu wünschen übrig. Doch Tamsin weigert sich, sich vom Flohmarkt einen zu kaufen. Zu oft schon wurde sie bei Elektrogeräten übers Ohr gehauen. Von allen Arten von Menschen. Man sieht es ihnen nicht an! Kinder, alte Damen, junge freundliche Männer. Am Preis könnte man es vielleicht erkennen; nur ein Narr würde beispielsweise einen einhundertprozentig funktionsfähigen Camcorder fürn Zehner verscherbeln, während die bei Ebay für fast das zehnfache gehandelt werden! „Aber der funktioniert wirklich noch! Ich habe nur vergessen, den, äh, Akku vorher aufzuladen.“, so die lächelnden Worte des damaligen Verkäufers.
Tamsin weiß, dass sie für einen guten Plattenspieler mit Verstärker mehrere hundert Euro ausgeben müsste. Von günstigen Kompaktanlagen mit eingebautem Radio, Kassettenteil, USB hält sie nicht viel. Auf dem Flohmarkt entdeckt sie einen Plattenspieler. „Ja, niemand verkauft etwas Gutes günstig, wenn es nicht einen Grund dafür gibt. Irgendeine Macke gaben Flohmarktgeräte immer! Und sei es nur ein Insekt, dass in einen LCD Flachbildschirm gekrochen und dort verendet ist! Im Grunde war „Er funktioniert noch einwandfrei!“ in diesem damaligen Fall keine Lüge. Der Funktioniert; ich hatte sogar die Gelegenheit, ihn auszuprobieren. Nur dass es ein nicht zu entfernender Käfer und kein Staubkorn auf der Scheibe war, hätte ich ja beim Erkennen des schwarzen Punktes nicht ahnen können. Dennoch, so etwas wäre sogar ein Reklamationsgrund und die Verkäufer hätten es erwähnen müssen!“

Zurück zum Plattenspieler. Tamsin musterte das Gerät mit der kaputten Nadel, die nur noch an einem Kabel schief zur Seite baumelt. Kaputt. Offensichtlich. „Werde ich doch über hundert Euro für einen Neuen ausgeben müssen?“
Nein. Die nette Verkäuferin erklärt: „Der Plattenspieler funktioniert noch! Doch gerade stand hier ein älterer Herr, der so lange an der Nadel herumgefummelt hat, bis diese plötzlich kaputt war. Nun ist er als Bastlerstück zu verschenken.“

Trotz geringer Hoffnung nimmt Tamsin das Gerät mit. Kopfschmerzen plagen sie und als sie wieder zuhause ankam, hat sie den Plattenspieler, den ihrer Mom zum Reparieren in die Küche mitnimmt, schon wieder völlig vergessen. Sie glaubt nicht so recht, dass es ihrer Mom gelingt, die dünnen Kabel zu löten. „Okay, am ehesten hatte ich gedacht, die Scheibe würde sich nicht mehr drehen, wie es meistens bei Flohmarkt- Plattenspielern der Fall ist.“
Zu ihrem Staunen funktioniert Plattenspieler inzwischen tadellos. An ihrer Mikro-Anlage zwar etwas leiser, aber er läuft! „Wie seltsam. Gerade jetzt, wo ich kurz davorstehe, mein für etwas anderes gespartes Geld notgedrungen auszugeben, fällt mir so ein Ding in die Hände.“ Tamsin glaubt nicht an Zufälle. Selbst, wenn der Plattenspieler nicht kaputtgefummelt wäre, hätte sie ihn nicht genommen. Nicht einmal für zehn Euro. „Es ist kein Vollautomatischer, aber der Klang ist bei weitem Besser als bei meinem alten! Es ist, als hätte es so ein sollen.“

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