Dienstag, 31. Januar 2017

Gedankenwelt II

> „Tamsin?“
„...“
> „Taaaaaamsin!“
„Mhm?“
> „Du bist in deiner Gedankenwelt nicht alleine.“
„Ich... bin nicht...“
> „Dein Streben ist, ein sinnerfülltes Leben zu führen, Tamsin. Was genau bedeutet dies für dich? Sinnerfüllt?“
„Glück und Zufriedenheit geben jedem Leben einen Sinn. Zufriedenheit bedeutet, bereits morgens vor dem Klingeln des Weckers munter und ausgeruht zu erwachen. Die Erinnerungen an den vergangenen Traum schwirren einem durch den Kopf, während man sich entspannt mit einer Tasse Karamell-Cappuccino vor den Computer setzt, um erst einmal die neusten News, Mails und Veränderungen der Welt in sich aufzunehmen und dabei weiß, dass man genug Zeit hat, dies auch zu schaffen, ohne sich abhetzen zu müssen, weil es im Bad wieder einmal ein wenig länger gedauert hat. Danach geht’s auf sie Arbeit. Die Arbeitsstelle befindet sich in derselben Stadt. Man muss keine zwei Stunden vorher aufstehen und dann eine Stunde im Pausenraum/Kantine auf Arbeitsbeginn warten, weil der Bus, auf den man angewiesen ist, so früh abfährt. Man freut sich, weil man einen Job hat, den man gerne macht und dessen Ergebnisse auch andere mit Freude erfüllen. Langes Stehen, bis einen die Füße bluten, ständiges Gucken auf die Uhr, weil die Tätigkeit eintönig und öde ist und abends mit krummen Rücken schmerzerfüllt nach Hause humpeln, ist Schnee von gestern! Ganz im Gegenteil. Da man in diesem fiktiven Wunschleben nicht gezwungen ist, bis spät Abends zu schuften und deswegen keine Lust/Zeit mehr für wichtige Dinge hätte und man nur noch schlafen wollen würde, packt einem nach Feierabend die Lust, noch einmal Einkaufen zu gehen. Oder einfach nur zu Bummeln. Denn man würde in seinem Job genug Geld verdienen, dass es zum Leben reicht und man nicht auf Zuschüsse vom Staat angewiesen ist! Frei und unabhängig! Natürlich hätte man mehr als zwei Stunden Freizeit pro Tag, in denen man tun könnte, was man will und es trotzdem noch schafft, zu Putzen und für sich zu Kochen, denn jeden Tag Fastfood wäre echt zu ungesund. Damit man am nächsten Tag auch entspannt aufwacht und nicht wie ein Morgenmuffel den Wecker an die Wand klatscht und sich der altbekannten Alltagsfrustration hingibt, legt man sich früh zur Ruh. Und über die Müdigkeit ärgert man sich nicht, weil man ja weiß, dass man alles geschafft habt, was zu schaffen ist, einen erfüllten Tag hatte, und auch der folgende Tag nicht anders sein wird. Unsicher ist, ob man sich ein Auto leisten könnte. Aber das wäre sowieso nebensächlich, da man eine Wohnung in der Stadt hätte. Man wäre nicht von den Bussen abhängig, da alle Geschäfte und Ärzte in Reichweite wären. Abgerundet würde der perfekte Alltag nur noch durch vertraute Zweisamkeit. Man hätte einen Freund, der zu einem passt. Der dieselben Interessen teilt, mit dem man etwas unternehmen kann und auf dem man sich nach Feierabend freut.“
> „Du weißt aber schon, dass dazu mehr nötig ist, als Glück, um so ein Leben zu erreichen.“
„Klar weiß ich das. Mit einem schlechten Hauptschulabschluss ist man fürs Leben gestraft. Viele sind froh, wenn sie überhaupt putzen, als Küchenhilfe oder ein einer Fabrik arbeiten dürfen. Mit meinen Computerfachkenntnissen bin ich vielen voraus, aber das ist in dieser bürokratischen Welt bedeutungslos, so lange mich die Akten & Papiere an einen Status fesseln, der einfach zu gering für die hohen Ansprüche von Büroangestellten ist.“

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