Der
schlimmste Orkan des Jahrhunderts sollte heute Nacht über Nord- und
Ostküste hinwegfegen. Sturmwarnungen überall! Teile von Lübeck
wurden evakuiert. Tamsin fürchtet um ihre Möbel. Ihr antikes Sofa,
dass sie vor einiger Zeit für ihre hoffentlich bald kommende neue
Wohnung gekauft hat, sowie andere hübsche Gegenstände müssen aus
Platzgründen im hintersten, vermoderten Teil ihres Refugium gelagert
werden. Bereits letzte Nacht ließ jede unerbittliche Böe sie aus
den Federn fahren. „Das Dach knackt und kracht. Ständig habe ich
die Sorge, dass eine besonders mächtige Windböe es einfach mit sich
reißt.“ Ihr Dad behauptet, die selbst zusammengeflickte
Konstruktion aus Fenstern und Bretten würde das schon aushalten
Trotzdem dreht er noch ein paar Schrauben rein.
Am
frühen Abend späht Tamsin besorgt auf ihr Handy. Laut WetterApp
weht draußen nur eine mäßige Brise. Und die App hat recht. „Wo
bleibt der Sturm?“, fragt sie sich. Dann geht sie schlafen. Seit
Tagen schläft Tamsin wieder einmal eine ganze Nacht durch, wird zu
ihrem Verdruss aber von ihrem Dad geweckt, weil dieser einkaufen will
und nicht los kann, ehe er nicht den Gasofen angeschmissen hat. „Wo
war der große Sturm?“, fragte sie. Ihr Dad zuckt ratlos mit den
Schultern. Whatsapp meldet sich mit einem neuen Chatverlauf vom
letzten Abend. Die Leute aus der nahen Stadt – ehemalige Kollegen
aus der Maßnahme – berichteten von fliegenden Mülltonnen. Tamsin
ist verwundert. Und erleichtert. Sie freut sich über den Schnee und
denkt: „Je mehr man etwas erwartet, desto weiter rückt es in die
Ferne.“
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