Samstag, 31. Dezember 2016

Silvester steht vor der Tür.

Der diesjährige Silvestertag zählt zu den wohl langweiligsten überhaupt. Tamsin langweilt sich. So sehr, dass sie selbst zum Fernsehen keine Lust mehr hat. Den ganzen Tag sitzt sie davor. Hat nichts anderes zu tun. Seit vielen Jahren wünscht sie sich, einmal wieder richtig mit Leuten zu feiern. Aber sie kennt keine. Ihre Eltern liegen ebenfalls träge auf der Couch. Was soll man auch sonst machen? „Wir haben dieses Jahr nicht mal ein Tischfeuerwerk.“ Es ist neunzehn Uhr und Tamsin sitzt alleine in ihrem Zimmer. Draußen knallt und kracht es. Raketen zischen durch die Luft. Doch sie verspürt nicht das Verlangen aufzusehen und hinauszusehen. Dabei liebt sie buntes Feuerwerk. Die Tränen kommen ihr. Nicht einmal ihre Lieblings Animeserien können sie aufheitern. Sehnsüchtig denkt sie an ihre Kindheit zurück. Damals hatte sie Freunde, die mit ihr feierten. Heute feiern diese alle mit ihren eigenen Familien. Gerne würde sie hinausgehen. Raus, in die Stadt, in eine Bar oder eine Disko, um sich auf andere Gedanken zu bringen. Aber das ist unmöglich. Selbst wenn sie nicht krankhaft schüchtern wäre, als junge Frau alleine durch dunkle Straßen zu ziehen wäre nicht so ihr Ding. Und sie würde ihren Dad nicht bitten, sie zu fahren. „Ich bin nicht abhängig, so lange ich mich nicht dazu mache!“

„Vielleicht wird es nächstes Jahr besser.“, hofft sie innig.
Lucy bezweifelt dies. Vielleicht wird das Unglück ihr lebenslanger Begleiter sein. Auf ewig.
Aus Erfahrung weiß Tamsin, dass nie etwas kommt, wie man es erwartet.


Ein wenig Heiterkeit machte sich breit, als es später dann doch noch Sekt gab. Tamsin hat den Mut, der ihr das Gesöff verliehen hat, genutzt, um sich mit dem Mann, dem sie im Internet kennengelernt hat über Videochat zu unterhalten. Das funktioniert. „Normalerweise bin ich ja total schüchtern und gehemmt, wenn es um Kommunikation mit Fremden geht. Doch es gelang mir, abgesehen von der durch Sekt verursachter Entzweiung der Realität einen einigermaßen normalen Eindruck zu machen. Wir haben uns unterhalten. Über vieles. Bis zu dem Punk, an dem ich mich entkleiden sollte.“ Das hat Tamsin geärgert. Sehr. „Warum ist es nicht einmal möglich, einen Mann im Internet zu finden, der nicht nur auf das EINE aus ist!?“ Da er ihr Nein nicht akzeptieren konnte, hatte Tamsin den Videochat schließlich grußlos beendet. Sie wollte ihren Lieblings Silvester-Film Die Reise ins Glück schauen. Dies konnte sie jedoch nicht ohne eine letzte Nachricht ihres vermeidlichen Liebhaber zu erhalten, in der er sie enttäuscht darum bittet, den Videochat am folgenden Tag fortzusetzen.

Doch der wahrte Tiefpunkt des Abends kam erst noch. Um halb zwölf haben Tamsin und ihre Eltern sich auf den Weg zum Großfeuerwerk gemacht. Da es kalt war und niemand große Lust hatte hinzugehen, (Naja, die Cocktails Schmecken da gut, wobei 5 Euro für ein Glas schon echt dreist ist!) wollten sie vom Auto aus zuschauen. Doch wo sollten sie parken? Kurz vor Mitternacht kamen sie an. Ca. fünf Mal ist ihr Dad die kleine Straße am See auf und abgefahren, auf der Suche nach einem guten Aussichtspunkt/Parkplatz. Am Ufer standen Bäume und Schilder, die die Sicht auf das bunte Spektakel erschwerten.
Letztlich haben sie ein paar kleine Raketen beobachtet, da das große Feuerwerk hinter ihnen stattfand, was sie erst bemerkten, als es schon wieder zu Ende war. „Was für eine Pleite!“ Das war das mieseste und langweiligste Silvester seit Jahren!

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