Der diesjährige
Silvestertag zählt zu den wohl langweiligsten überhaupt. Tamsin
langweilt sich. So sehr, dass sie selbst zum Fernsehen keine Lust
mehr hat. Den ganzen Tag sitzt sie davor. Hat nichts anderes zu tun.
Seit vielen Jahren wünscht sie sich, einmal wieder richtig mit
Leuten zu feiern. Aber sie kennt keine. Ihre Eltern liegen ebenfalls
träge auf der Couch. Was soll man auch sonst machen? „Wir haben
dieses Jahr nicht mal ein Tischfeuerwerk.“ Es ist neunzehn Uhr und
Tamsin sitzt alleine in ihrem Zimmer. Draußen knallt und kracht es.
Raketen zischen durch die Luft. Doch sie verspürt nicht das
Verlangen aufzusehen und hinauszusehen. Dabei liebt sie buntes
Feuerwerk. Die Tränen kommen ihr. Nicht einmal ihre Lieblings
Animeserien können sie aufheitern. Sehnsüchtig denkt sie an ihre
Kindheit zurück. Damals hatte sie Freunde, die mit ihr feierten.
Heute feiern diese alle mit ihren eigenen Familien. Gerne würde sie
hinausgehen. Raus, in die Stadt, in eine Bar oder eine Disko, um sich
auf andere Gedanken zu bringen. Aber das ist unmöglich. Selbst wenn
sie nicht krankhaft schüchtern wäre, als junge Frau alleine durch
dunkle Straßen zu ziehen wäre nicht so ihr Ding. Und sie würde
ihren Dad nicht bitten, sie zu fahren. „Ich bin nicht abhängig, so
lange ich mich nicht dazu mache!“
„Vielleicht wird es
nächstes Jahr besser.“, hofft sie innig.
Lucy bezweifelt dies.
Vielleicht wird das Unglück ihr lebenslanger Begleiter sein. Auf
ewig.
Aus Erfahrung weiß
Tamsin, dass nie etwas kommt, wie man es erwartet.
Ein wenig Heiterkeit
machte sich breit, als es später dann doch noch Sekt gab. Tamsin hat
den Mut, der ihr das Gesöff verliehen hat, genutzt, um sich mit dem
Mann, dem sie im Internet kennengelernt hat über Videochat zu
unterhalten. Das funktioniert. „Normalerweise bin ich ja total
schüchtern und gehemmt, wenn es um Kommunikation mit Fremden geht.
Doch es gelang mir, abgesehen von der durch Sekt verursachter
Entzweiung der Realität einen einigermaßen normalen Eindruck zu
machen. Wir haben uns unterhalten. Über vieles. Bis zu dem Punk, an
dem ich mich entkleiden sollte.“ Das hat Tamsin geärgert. Sehr.
„Warum ist es nicht einmal möglich, einen Mann im Internet zu
finden, der nicht nur auf das EINE aus ist!?“ Da er ihr Nein nicht
akzeptieren konnte, hatte Tamsin den Videochat schließlich grußlos
beendet. Sie wollte ihren Lieblings Silvester-Film Die Reise ins
Glück schauen. Dies konnte sie jedoch nicht ohne eine letzte
Nachricht ihres vermeidlichen Liebhaber zu erhalten, in der er sie
enttäuscht darum bittet, den Videochat am folgenden Tag
fortzusetzen.
Doch der wahrte Tiefpunkt
des Abends kam erst noch. Um halb zwölf haben Tamsin und ihre Eltern
sich auf den Weg zum Großfeuerwerk gemacht. Da es kalt war und
niemand große Lust hatte hinzugehen, (Naja, die Cocktails Schmecken
da gut, wobei 5 Euro für ein Glas schon echt dreist ist!) wollten
sie vom Auto aus zuschauen. Doch wo sollten sie parken? Kurz vor
Mitternacht kamen sie an. Ca. fünf Mal ist ihr Dad die kleine Straße
am See auf und abgefahren, auf der Suche nach einem guten
Aussichtspunkt/Parkplatz. Am Ufer standen Bäume und Schilder, die
die Sicht auf das bunte Spektakel erschwerten.
Letztlich haben sie ein
paar kleine Raketen beobachtet, da das große Feuerwerk hinter ihnen
stattfand, was sie erst bemerkten, als es schon wieder zu Ende war.
„Was für eine Pleite!“ Das war das mieseste und langweiligste
Silvester seit Jahren!
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