Tamsin
freut sich auf Silvester und hat sich schon die besten Berliner ausgesucht, die
nur noch bestellt werden müssen. Mit Nougat und Marzipan.
Während
sie zuhause sitzt und Möbel und andere Dinge mit Farbe verziert, kommt die Einsamkeit
wieder. Das gestrige Frühstück war doch freiwillig, und Tamsin verzichtet wegen
ihrer miesen Stimmung über das fehlende Busgeld, worüber sie sich später
ärgert. Und auch heute noch. Ein weiteres Tief hatte ihr eine Frage über die
Küche bereitet, die ihre Betreuerin mit „Dann musst du deine Mitbewohner fragen“
beantwortet hat. Das traut Tamsin sich nämlich noch nicht. Alleine bei denen zu
klingeln… Sie wohnt nur mit Männern in ihrem Erdgeschoss, was es umso
schwieriger macht. „Ich fühle mich im Stich gelassen.“ Sie hätte sich die Frage
sparen können.
Tamsin
sagt vieles, was falsch ist. Und bereut es später. Sie muss genauer nachdenken!
Wiedermal
schaut sie sich in Flirtchats nach neuen Bekanntschaften um. Aber auch dort ist
es immer dasselbe. Entweder wohnen die Typen zu weit weg. Haben so kurze Haare –
das sieht so normal, modern und langweilig aus (klingt das jetzt oberflächlich?).
Oder haben im Grunde gar keine Lust überhaupt zu schreiben, was man schnell an
den lustlos gestellten Standartfragen merkt. „Ich sollte meinen Kleiderschrank mal
aufräumen. Alles fällt mir schon entgegen.“
Weil sich
in den normalen Singlebörsen ausschließlich normale Menschen tummeln, durchforstet
Tamsin den Gothikchat. „Ich wollte noch nie einen normalen Freund. Normal im Sinne von „So wie der Mainstream die
Welt formt“.“ Einen Kerl mit kurzen Haaren der gerne RTL Soaps schaut, nur
Radiomusik mag, auf Ikea Möbel steht, raucht und Fußballsüchtig ist – und der
einem im Chat mit der öden Frage hi was suchst du? Begrüßt.
Tamsins
Traummann mag Horrorfilme, weiß Antiquitäten zu schätzen, würde mit ihr in
Wacken zelten gehen und anstelle von bunten Porzellanhasen nur Totenköpfe in
der schwarztapezierten Wohnung aufstellen!
Allerdings
sucht Tamsin bereits seit über 8 Jahren, und bisher hat sie weder einen Grufti
gefunden, der ist wie sie, noch einen stinknormalen Typen. Sie schafft es ja
nicht einmal, einen virtuellen Freund zu finden. „Ich habe es schon öfters
versucht. Habe alle mir gestellten Fragen in den Chats beantwortet. Sogar die
echt dämlichen Fragen, wie nach Körper- und Körpchengröße.“ Auch wenn ihre
Antwort auf solche Fragen oftmals gelogen sind, die Gespräche verlaufen kurzweilig
wie Treibsand.
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