Sonntag, 19. Februar 2017

Nächtliche Absurditäten - verstörende Laute

Tamsin leidet unter der nächtlichen Angewohnheit, ständig zwischen ein- und drei-Uhr zu erwachen, weil sie auf die Toilette muss. Nun, das ist nichts Erwähnenswertes – bis auf das, was diese Nacht geschah. „Inzwischen ist es Morgen. Ich bin mir eigentlich gar nicht mehr sicher, was das wirklich war. Und doch kann ich nicht leugnen, dass es nicht real gewesen sein konnte. Jedenfalls war es verdammt seltsam! Wie gewohnt öffnete ich beiläufig auf dem Weg zur Toilette mein Fenster. Das tue ich immer, weil ich mit frischer Nachtluft besser einschlafen kann. Gerade setze ich mich, da vernehme ich ein unerwartetes Geräusch. Es klang wie das traurige Singen zweier fünfjähriger Kinder. Es ist nichts besonderes, Stimmen von der Straße zu hören. Aber um 2:44Uhr Nachts? Zudem waren die Stimmen besonders laut, als ob sie direkt auf dem Hof vor meinem Fenster stehen würden. Das wäre natürlich unmöglich – es gibt einen für Kinder viel zu hohen Zaun und das mit Stacheldraht versehene Tor ist immer abgeschlossen! - , dennoch springe ich geistesgegenwärtig von der Toilette auf und stürze zum Fenster, um es zu schließen. Intuitiv hatte ich Angst, dass jemand bei mir rein sieht oder Kinder rein klettern. Wie absurd! Denn was für Kinder spielen Nachts auf fremden Grundstücken?
Prüfend werfe ich noch einen kurzen Blick nach draußen. Das Hoflicht war aus. Niemand zusehen. Die Stimmen klangen weinerlich, als ob sie ein Lied in einer mir unbekannten Sprache sangen. Ein Schaudern überlief mich. In dem Moment war ich mir todsicher, dass sie es kein Tier sein konnte. Irritiert und mit klopfendem Herzen habe ich meinen Toilettengang zu Ende gebracht.
Sobald ich wieder im Bett lag, schlug mir das Herz immer noch bis zum Hals. Einige Sekunden höre ich die Stimmen noch von draußen, dann wird auf einmal alles still. Plötzlich kommt mir die Frage: Waren das wirklich Kinder? War das überhaupt etwas Menschliches? Viel, was es sonst gewesen sein könnte, gäbe es nicht. Gänse, Katzen, Rehe, Hunde... Ich kenne die Laute der Tiere. Vielleicht zwei Katzen, aber nein, dazu waren die Worte zu ausgeprägt.
Wäre es ein Tier, wäre das empfindliche Hoflicht angegangen. Das passiert oft, selbst wenn der Müllsack im Wind schwankt oder eine Katze vorbeihuscht. Doch da war nichts!
Ich liege wach und überlege, noch einmal aufzustehen und etwas mit dem Handy aufzunehmen zu versuchen. Das hätte ich einen Beweis; Gewissheit, dass es meinem Verstand gutgeht und das wirklich nur ein bizarrere Tierlaut war.
Heute verfluche ich meine Feigheit.
Warum erklang dieses Geräusch ausgerechnet in dem Moment, nach dem ich das Fenster geöffnet hatte und nachdem nie wieder?
Da es mir schwerfällt wieder einzuschlafen, nehme ich mein Handy und google nach nächtlichen, traurigen Kindergesängen. Nichts. Nichts bis auf den Vorschlag, ich solle nach Signale von Verstorbenen weitersuchen. Das tat ich.
Um eines festzuhalten: Ich glaube zu 90% nicht an Geister! Die Restlichen 10% bestehen aus Unsicherheit, denn es gibt so viele alte Geschichten vom Übersinnlichen, dass ich kaum glaube, dass die wirklich alle hundertpro gelogen sein kann. Etwas muss einfach dahinter stecken!
Menschen, die an Geister glauben werden von anderen stets für bekloppt erklärt. Ich selbst suche stets nach einer logischen Erklärung – für alles. Ich laufe nicht durch die Gegend und behaupte, ich hätte Stimmen im Kopf oder würde Gespenster hören! Aber etwas war da, und in mir brodelt die Gier, zu erfahren, was das war!
Ungefähr zehn Minuten lag ich mit dem Handy im Bett, als plötzlich ein lauter Knall erklang; als ob jemand ein Holzstück aus dem Stall kraftvoll gegen die Steinmauer geschleudert hätte. Nun, der Wind hatte zugenommen. Dennoch versetzte dies meinem Herzen einen weiteren Sprung.
Und während ich das Bild zweier auf dieser Welt gefangener, verstorbener Seelen aus meinem Kopf verdränge, kommen mir andere Erklärungen in den Sinn. Doch die sind ebenso Absurd.“

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